Into The Wild - Music From The Motion Picture

Der nächstes Jahr bei uns anlaufende Streifen "Into the Wild" basiert auf dem gleichnamigen Buch von Jon Krakauer, das das tragische Schicksal von Chris McCandless schildert. Dem Jungen, der nichts von der Gesellschaft und ihren Regeln hielt, der lieber sein gesamtes Geld verbrannte und auszog, um Abenteuer zu erleben; der Junge, der sämtlichen Kontakt zu seiner Familie abbrach und letztendlich seinem allergrößten Abenteuer entgegenzog: Alaska. Dort wollte er für einige Monate alleine in den Wäldern leben, mit sich selbst und der Wildnis im Reinen, nur von dem leben, was die Natur hergibt.

Dass Chris McCandless im Grunde völlig unzureichend ausgerüstet und mit äußerst naiven Vorstellungen seine Reise antrat, ist eine Sache – dass er nicht mehr davon zurückkehrte, ist die andere. Jon Krakauer konstruierte anhand von Interviews, Briefen und Tagebuchaufzeichnungen das Leben von Chris McCandless bis zum Zeitpunkt seines Verhungerns in Alaska nach, gab Einblicke in dessen Seelen- und Gefühlsleben und versuchte vor allem zu verstehen, was in diesem außergewöhnlichen Menschen vorging.

Für viele war Chris McCandless einfach nur ein hoffnungsloser Spinner und Romantiker, der sich seinen Tod selbst verschuldet hatte – für andere war er ein Mensch, der wenigstens versucht hatte, seine Träume zu verwirklichen.

Auf wundersame Weise versucht nun Eddie Vedder in musikalischer Hinsicht das Schicksal von McCandless verständlich zu machen. Sämtliche Songtexte machen mehr als deutlich, dass sich Vedder gründlich mit dieser Geschichte auseinandergesetzt hat und sich mit jeder Faser seines Körpers auch in den Protagonisten selbst hineinversetzt hat.

Mit dem nötigen Respekt und einer gewissen Leidenschaft für dieses Thema ist er an die Songs herangegangen, ohne jedoch übertrieben rührselig zu werden. Wer sich aufgrund des tragischen Endes einen todtraurigen, sentimentalen Soundtrack erwartet, wird überrascht sein: Im Grunde war McCandless ja ein Mensch, der vor Lebensfreude und Energie nur so übersprudelte und ständig auf Reisen ging – so fällt ein Teil der CD auch dementsprechend rockig aus. Stücke wie "Setting Forth", "Far Behind" oder das beinah hymnisch wirkende "Hard Sun" lassen einen diese Begeisterung für die Natur und das Leben an sich förmlich spüren.

Könnten die Texte locker aus McCandless' Tagebuch stammen, so rufen auch die Instrumentalteile so einiges an Assoziationen hervor: Vor dem geistigen Auge entstehen weite Wälder, schroffe Felsen und reißende Flüsse – wer dazu nicht genug Phantasie hat; braucht nur einen Blick ins Booklet zu werfen; dieses wartet mit wunderschönen Landschaftsaufnahmen aus dem Film auf.

Am meisten Eindruck hinterließ bei mir aber das Stück "Society", dessen Aussagen wie "Society / You're a crazy breed / I hope you're not lonely without me" mit all ihrer Eindringlichkeit jedes Mal erneut Gänsehaut hervorrufen – während man sich Song für Song auf dem leider nur halbstündigen Album dem Ende von McCandless' Geschichte nähert.

Ob er selbst all den Kult um seine Figur gutheißen würde, ist fraglich – Eddie Vedder jedenfalls hat seine Aufgabe mit Bravour gemeistert, und nicht nur einen musikalisch aufregenden Soundtrack geschaffen, sondern auch einen mit Tiefgang, bei dem die Songs soviel Seele und Verwundbarkeit haben wie die Person Chris McCandless selbst. Und falls mir im Kino dann doch die Tränen kommen, liegt es nicht nur am Ende, sondern auch am außergewöhnlichsten Soundtrack, den ich seit langem gehört habe.

Anspieltipps

No Ceiling

Hard Sun

Society

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