Bewertung
Get Well Soon

Rest Now, Weary Head! You Will Get Well Soon

Es weht ein frischer Wind in der deutschen Indie-Szene. Konstantin Gropper heißt der Mann und Get Well Sonn sein Projekt, das bereits seit geraumer Zeit Musikfans in halb Europa begeistert. Sein eklektischer und doch sehr eigener Stil hat dem jungen Oberschwaben dabei nicht nur insgeheim den Titel als neues deutsches Wunderkind eingebracht, sondern auch zu einem Auftritt beim legendären Glastonbury-Festival verholfen. Und angehörs seines vor kurzem veröffentlichten Debüt-Albums werden nun auch die paar Herzen, die er bislang noch nicht auf der Bühne erobert hat, sicherlich noch schmelzen.

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Mit den Worten "Rest Now, Weary Head! You Will Get Well Soon" eröffnet Gropper sein gleichnamiges Erstlingswerk und wiegt uns in der "Prelude" mit seinem hypnotischem Gesang, schwebenden Violinen und bezauberndem Glockenspiel geradezu in den Schlaf. Im direkt anschließenden "You/Aurora/You/Seaside" treten dann die Trompeten in den Vordergrund und bilden mit beruhigendem Meeresrauschen und Möwenzwitschern in nicht allzu weiter Ferne ein nicht minder wohltuendes, gar traumhaftes Ohrenspektakel.

In den folgenden Songs beweist Gropper dann nicht nur ein Händchen für ausgesprochen originelle Songtitel und -texte, sondern auch sein unschätzbares Talent für scheinbar über alles erhabene Melodien und Arrangements. So besticht das in der Tat recht weihnachtliche "Christmas in Adventure Parks" vor allem durch seine raffinierten Lyrics, während man mit dem großartigen "If My Hat Is Missing I Have Gone Hunting" einen waschechten Singalong-Song serviert bekommt, dessen catchy "Shoot Baby! Shoot!"-Refrain man wahrlich nicht widerstehen kann. Ausflüge in die gepflegte Melancholie sorgen ebenfalls für das ein oder andere ganz besondere Highlight. Das langsam anschwellende "I Sold My Hands For Food So Please Feed Me" und das etwas ruhigere, aber nicht minder mit- und hinreißende Stück "We Are Safe Inside While They Burn Down Our House" verzaubern beide bereits beim ersten Hören und erzeugen solch malerische Klangwelten, dass sie ein wahres Kopfkino vor dem inneren Auge entstehen lassen.

Radiohead, Nick Cave, Conor Oberst und Tom Waits – sie alle könnte man als Referenzen für Groppers zum Teil wirklich atemberaubende Musik nennen. Doch auch wenn "Your Endless Dream" - ein Duett mit Schwester Verena - nach letzterem förmlich schreit und man hin und wieder den Einfluss der anderen Künstler ebenfalls zu spüren meint, so liegt man mit dieser Annahme dennoch nicht ganz richtig. Traditionelle Folklore und die Klassik sind nämlich Groppers primäre Inspirationsquellen. Seinem selbsternannten Ziel, Musik zu schaffen, die einzigartig ist und von der Norm abweicht, wird das junge Nachwuchstalent noch nicht vollkommen gerecht. Seine Arrangements wirken dramaturgisch jedoch außergewöhnlich ausgefeilt und die Songs allesamt sehr dynamisch, so dass der Weg dorthin gar nicht mehr so weit scheint.

Im Endeffekt sind es allerdings vor allem die vielen kleinen aber äußerst feinen Überraschungsmomente, die dieses Album so hörenswert machen. Schließlich würden wohl die wenigsten von einem klassisch ausgebildeten und geprägten Musiker eine Cover-Version der Elektro-Hymne "Born Slippy (Nuxx)" von Underworld erwarten. Doch genau diesen Drogen-Song, der in den 90ern durch den Film "Trainspotting" einen gewissen Kult-Status erreichte, interpretiert Gropper hier absolut grandios auf seine ganz eigene verträumt-romantische Weise. Und auch ein Sample von Schlagersänger Michael Holms "Liebesthema" in "Witches! Witches! Rest Now In The Fire" fügt sich derart geschickt in den musikalischen Kosmos dieser Platte ein, dass amüsiertes Schmunzeln schnell ehrlicher Bewunderung weicht.

In "Tick Tack! Goes My Automatic Heart" verschmelzt Groppers tiefe sonore Stimme mit anmutigen oooh- und aaah-Gesängen, während sich ein maschineller Herzschlag-Beat durch den gesamten Song zieht und im Hintergrund wieder die Vögel zwitschern. Hämmernde Piano-Klänge springen einem dann auf "Lost In The Mountains (Of The Heart)" ins Ohr, die zunächst nur recht zurückhaltende musikalische Unterstützung von Bass, Orgel und dezentem Pfeifen erhalten. Im Laufe des Stückes nimmt der Song jedoch immer mehr an Fahrt auf, bis er schließlich von elegischen Streichern in einen nahezu majestätischen "Say you're gonna save the world"-Choral geführt wird, nur um kurz bevor das Pathos Überhand nimmt wieder mit schlichtem Klavier auszuklingen.

Mit animiertem "Wake up, sleepy head!"-Gesang in der "Coda" wird man letztendlich wieder in die Wirklichkeit zurückgeholt. Man reibt sich die Augen und vielleicht auch die Ohren nach diesem tiefen, wenn auch unruhigen und von wirren Träumen begleiteten Schlummer. Aller Kummer scheint verflogen und man fühlt sich wie neugeboren. "I tried my very best to make this music loveable." versichert der Künstler auf der Rückseite des Albums. Nur ist das Beste ja bekanntermaßen oftmals nicht genug. Die Art und Weise wie Gropper sich jedoch bei einer derart üppigen und dramatischen Instrumentierung sowie all den ausschweifenden Melodien stets zurechtfindet und dabei kein einziges Mal in überhöhten Kitsch abdriftet, ist jedoch wahrlich eine (durchaus liebenswerte) Kunst. Und diese wirkt auf den Hörer wie Balsam für die Seele. Ein Traum von Musik, den man nicht verschlafen sollte.

Anspieltipps

You / Aurora / You / Seaside

If This Hat Is Missing I Have Gone Hunting

I Sold My Hands Fo Food Please Feed Me

We Are Safe Inside While They Burn Down Our House

Born Slippy (Nuxx)

Tracks

1.Prelude
2.You / Aurora / You / Seaside
3.Christmas In Adventure Parks
4.People Magazine Front Cover
5.If This Hat Is Missing I Have Gone Hunting
6.Help To Prevent Forest Fires
7.I Sold My Hands For Food So Please Feed Me
8.We Are Safe Inside While They Burn Down Our House
9.Born Slippy (Nuxx)
10.Your Endless Dream
11.Witches! Witches! Rest Now In The Fire
12.Tick Tack! Goes My Automatic Heart
13.Lost In The Mountains (Of The Heart)
14.Coda

Paulina Banaszek - myFanbase
31.01.2008

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