Lookout Mountain, Lookout Sea
David Berman, der kreative Kopf hinter den Silver Jews, ist in erster Linie Dichter und Poet und erst in zweiter Linie Musiker – aus diesem Grund zeigte er sich auch stets publikumsscheu und war schließlich erst nach der Veröffentlichung des fünften Albums "Tanglewood Numbers" bereit, das allererste Mal auf Tour zu gehen. Nun steht sein sechstes Werk "Lookout Mountain, Lookout Sea" in den Läden, das sich einmal mehr sehr poetisch und wortgewandt präsentiert, jedoch weit nicht so in sich gekehrt ist, wie man es von einem zurückhaltenden Künstler erwarten dürfte.
Im Gegenteil: Die Spielwiese, auf der sich Berman mit seinen Songs bewegt, ist überraschend vielschichtig und abwechslungsreich – die Geschichten, die erzählt werden, sind kleine, poetische, manchmal obskure Schicksale, die aber ins rechte Licht gerückt viel mehr berühren als irgendeine bombastisch aufgemachte Story. Die Besonderheit, dieses gewisse Etwas an der Musik ist vor allem auf Bermans Stimme zurückzuführen: Von der ersten Strophe des wortgewandten "What Is Not But Could Be If" an wird man in den Bann dieses eindringlichen, irgendwie altmodisch wirkenden Gesanges gezogen. Bermans Stimme ist sehr dunkel, ohne düster zu wirken, und ist so ausdrucksstark, dass sie dadurch die ohnehin schon niveauvollen Singer/Songwriter-Stücke noch eine Stufe höher hebt.
Aber auch musikalisch hat der Poet Berman einiges auf Lager: Im zweiten Stück "Aloyisius, Bluegrass Drummer" legen die Instrumente einen solchen Reigen an Überschwang und Spielfreude hin, dass selbst Bermans Stimme ihre Mühe hat, die Musik im Zaum zu halten, die am liebsten aus allen Nähten platzen möchte – da beginnen die Zehen zu wackeln und schließlich der ganze Hörer gemeinsam mit den Klavierrhythmen freudig zu schunkeln.
Ob gewollt oder nicht, Berman wirkt hin und wieder wie ein schräger Kauz, der als altmodischer Geschichtenerzähler kleine Anekdoten aus seinen verstaubten Taschen kramt und diese dann auf dem Jahrmarkt präsentiert – und wer genau hinhört, bemerkt, dass hinter jeder Textzeile ein Fünkchen Poesie hervorzwinkert.
Während man bereits bei "Suffering Jukebox" entzückt aufhorcht, als man an dem traurigen Schicksal einer heruntergekommenen Jukebox teilnimmt, erweist sich dann "San Francisco B.C." als absolutes Paradestück des Albums. Berman erzählt in all seiner Ruhe und Schrulligkeit die skurille Geschichte des Ich-Erzählers, der in einer Beziehung mit einer Friseurstochter steckt – bis plötzlich ihr Vater ermordet wird, alles in die Brüche geht und die Handlung eine schräge Wende nach der anderen nimmt. Durch die immense Ausdrucksstärke seiner Stimme gewinnt das Stück noch mehr an Originalität und Witz – auch an Coolness kann Berman es locker mit einem Lou Reed aufnehmen, an dessen "Hangin’ Round" man sich bei den lässig mitmarschierenden Rhythmen teilweise erinnert fühlt.
"Party Barge" ist wieder eine verspielte Nummer mit einer durchtriebenen, spitzbübischen Gitarre und allerhand Alltagsgeräuschen, die dafür sorgen, dass alles drunter und drüber geht. Zum Abschluss gibt es nochmals eine Melodie zum Anschmiegen und Anlehnen: "We Could Be Looking For The Same Thing" bietet ein schönes Duett mit seiner Ehefrau Cassie, die sich schon bei anderen Songs dazugesellt hat und vor allem "Suffering Jukebox" seinen besonderen Charakter verleiht.
Fazit
Die Songs der Silver Jews leben von Bermans Poesie, Schrulligkeit und Ausdrucksstärke – gemeinsam mit den schrägen Geschichten und eingängig-schönen Melodien wird "Lookout Mountain, Lookout Sea" zu einem erfrischenden Stück Musik, das hin und wieder mit leichten Einschlägen in den Country-Rock aufwartet und einem mit jedem Mal Hören mehr ans Herz wächst.
Tracks
1. | What Is Not But Could Be If | |||
2. | Aloysius, Bluegrass Drummer | |||
3. | Suffering Jukebox | |||
4. | My Pillow Is The Threshold | |||
5. | Strange Victory, Strange Defeat | |||
6. | Open Field | |||
7. | San Francisco B.C. | |||
8. | Candy Jail | |||
9. | Party Barge | |||
10. | We Could Be Looking For The Same Thing |
Stephanie Stummer - myFanbase
28.07.2008
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (US): 16.06.2008Veröffentlichungsdatum (DE): 06.06.2008
Genre: Alternativ
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