Bewertung
Keane

Perfect Symmetry

Die Gitarren sind da! Das ist elementar. Denn als Tom Chaplin, Tim Rice-Oxley und Richard Hughes mit ihrem Erstling "Hopes And Fears" im Jahre 2004 auf den Plan traten, machte sie gerade die Absenz des Saiteninstruments nahezu einzigartig im Indie-Dschungel. Stattdessen verzauberten die Engländer weltweit mit dem Klavier – später auch auf "Under The Iron Sea", das an den großen Erfolg allerdings nicht ganz heranreichen konnte. Die Band-Hymnen befinden sich vorwiegend auf dem Debüt. Ob sich dies mit dem neuen Album ändert, wird die Zeit zeigen.

Foto:

Auffällig ist zu allererst, dass auch Gitarren bei Keane nun wieder eine Geige spielen. Kurz bevor der Band vor vier Jahren der Durchbruch gelang, hatten sie ihnen abgeschworen. Saitenfrei legten sie einen wunderbar verträumten Erstling hin. Zwei Jahre später kehrte die Akustikgitarre zurück: Tom Chaplin erbarmte sich ihrer. Doch dabei blieb es nicht: Tom Chaplin wollte mehr. Mehr Bass. So begab es sich tatsächlich, dass auf "Perfect Symmetry" zum ersten Mal E-Gitarren vertreten sind. Insgesamt schrummelt es an diversen Ecken, und auch der Computer wurde bemüht.

Zu hören ist das gleich auf der ersten Single und Album-Opener "Spiralling", für welches sich die drei Herren von Keane merklich an den Achtzigern orientierten. Allzu fröhlich verpacken sie ihre Hoffnungen und Ängste des Lebens. So beschwingt startet es sich also in den dritten Langspieler einer Band, die längst mit weitaus mehr vertraut ist, als mit eitel Sonnenschein. Innerhalb des Trios brodelte es zuweilen so gewaltig, dass die Bandauflösung die einzige logische Konsequenz zu sein schien. Doch bekanntlich tut Streit einer Beziehung gut. Und wenn gleich drei Menschen daran beteiligt sind, streitet es sich nochmal mehr. Dass diese Situation schnell zum Drahtseilakt werden kann und die Gruppe für immer hätte auseinander treiben können, war sich jeder bewusst. Die Drogensucht von Sänger Chaplin, welcher inzwischen clean ist, kam erschwerend hinzu. Doch Keane überlebte. Hughes, Rice-Oxley und Chaplin trotzen ihren Launen und begruben die Differenzen. Denn eines haben sie auch nach inzwischen elfjährigem Bestehen noch immer gemein: Sie wollen Großes schaffen. Lieder wie aus einem Guss. Und dabei keines ihrer Vorgängeralben kopieren.

Nicht nur musikalisch, auch auf textlicher Ebene wurde auf "Perfect Symmetry" einiges anders gemacht. Wer genau hinhört erkennt, dass die drei Engländer nicht nur viel Ausdauer und Kraft beim Entstehungsprozess aufgewandt haben müssen, sondern auch viel Hirnschmalz: Ihr Drittwerk hört sich angenehm, es geht leicht ins Ohr, die Texte aber nicht immer ebenso leicht wieder aus dem Kopf hinaus. Eine gehörige Portion Gesellschaftskritik steckten sie in ihr Werk, aber nicht, indem sie ihren alten Sound völlig aus den Augen verloren. Bestes Beispiel: "Playing Along". Und natürlich "Black Burning Heart". Insbesondere letzteres wird auch diejenigen Anhänger versöhnlich stimmen und mit Zeilen wie "I wish that I could be in the cellars of the sea and disappear in them never to be seen again" auf ihre Seite ziehen, die sich vorgenommen hatten, das neue Album nicht zu mögen, weil es anders ist. Weil es vermeintlich nicht das ist, was man vorher zu schätzen wusste.

Fazit

Neu erfunden haben sie die drei Engländer nicht, aber durchaus weiterentwickelt. Für Chaplin, der sich mit seinen Jungs und dem neuen Album noch einmal experimentierfreudiger zeigt als auf "Under The Iron Sea", ist zufrieden. Das kann er auch sein, denn mit "Perfect Symmetry" tritt die Band nicht auf der Stelle, sondern hat einen neuen Weg eingeschlagen. Keiner, der in gänzlich fremde Gegenden führt, aber eine Seitenstraße ihres Piano-Pops darstellt, der bislang glänzend funktionierte. Fraglich ist, ob es Keane gelingen wird, all ihre Fans bei der Hand zu nehmen, damit sie ihnen auf ihrer Reise folgen. Spätestens nachdem sie das schmachtende "Love Is The End" kennen (und wohl zwangsläufig auch lieben) gelernt haben, dürfte dies bei einem Großteil eigentlich nur noch reine Formsache sein. Die Nostalgiker indes können ganz beruhigt sein: Das neue Album ist gut. Und die alten ja nicht weg.

Anspieltipps

Spiralling

The Lovers Are Losing

Black Burning Heart

Love Is The End

Artistpage

Keane-Music.de

Tracks

1.Spiralling
2.The Lovers Are Losing
3.Better Than This
4.You Haven't Told Me Anything
5.Perfect Symmetry
6.You Don't See Me
7.Again and Again
8.Playing Along
9.Pretend That You're Alone
10.Black Burning Heart
11.Love Is the End

Aljana Pellny - myFanbase
11.10.2008

Diskussion zu dieser CD