Bewertung
Ryan Adams & The Cardinals

Cardinology

Der schreibwütigste und arbeitstollste unter all den Songwritern da draußen hat wieder mal zugeschlagen: Ryan Adams kann einfach kein Jahr vergehen lassen, ohne nicht zumindest ein Album veröffentlicht zu haben. Dass er sich dabei aber immer mehr vom einsamen Songwriter, der seine Wege tapfer allein beschreitet, zum Frontmann einer Band entwickelt, merkt man nicht nur am Titel des Albums, sondern auch am deutlich gereiften, stimmigen Sound der Songs. Dennoch bleibt am Ende ein etwas fahler Beigeschmack übrig – Adams scheint zu sehr in Routine verfallen zu sein und sich zu sehr auf sein Talent zu verlassen.

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Mit "Born Into A Light" setzen die Cardinals bereits am Anfang ein kraftvolles Zeichen – sie haben ihren Stil gefunden und sind ab jetzt wohl nur noch im Gesamtpaket zu haben. Adams wirkt, als ob er sich in dieser musikalischen Gegend äußerst wohl fühlen würde (was sich hoffentlich positiv auf seinen aufbrausenden Charakter auswirkt) – so ist es kein Wunder, dass die Stücke allesamt gelassener und bedachter wirken und allem der typische Cardinals-Sound mit dem leichten Country-Touch anhaftet.

Der eingeschlagene Weg bewegt sich mehr in Richtung "Cold Roses" als in Richtung des letzten (poppigeren) Albums "Easy Tiger" – was auch ganz gut so ist. Gleichzeitig treten sie hiermit aber auch das schwierigere Erbe an: "Cold Roses" war ein wirklich großes Album voll bewegender Melodien und vor allem voll von authentischen, leidenschaftlichen Momenten. "Cardinology" kann von so viel Gänsehautgefühl nur träumen: Natürlich weiß er ganz genau, an welcher Stelle er die Stimme klagend erheben muss und wann ein beschwörendes "I will always love you" angebracht ist – dennoch wirkt das Ganze meist recht aufgesetzt, als wäre es bloß eine weitere Zutat zu seiner Musik und käme nicht direkt von Herzen.

Die Musik ist bei ihm vermutlich mehr zu einer Art Handwerk verkommen, zu einem ganz normalen Beruf, bei dem man ab und zu ein paar Songs runterschreibt und diese in regelmäßigen Abständen veröffentlicht. Dass das Album dennoch kein Totalausfall geworden ist, hat er seinem (zweifelsohne großen) Talent zu verdanken – er schafft es trotzdem, berührende, angenehme und vertraut wirkende Songs zu schreiben.

Hin und wieder schrammt er zwar an der Schmalzgrenze vorbei, aber nur ein einziges Mal tritt er wirklich ins Fettnäpfchen: Die einzige Nummer auf dem Album, die rockig ausgefallen ist, hat zwar einen gewissen Schwung, passt aber so gar nicht zu den anderen Songs, stört das stimmige Gesamtbild und wirkt dermaßen aufgesetzt, dass es einen peinlich berührt zurücklässt. Mit dieser seltsamen Querfeldeinrock-Nummer (ein ähnlicher Ausfall wie "Halloweenhead" auf "Easy Tiger") wollte er sich vermutlich selbst beweisen, dass er es auch drauf hat, solche Nummern zu schreiben.

Von diesen unnötige Possen einmal abgesehen, zieht sich aber durchaus ein roter Faden durch das Album, legt anfangs mit "Fix It" und "Let Us Down Easy" einen Schwerpunkt auf den volleren, kräftigen Cardinals-Sound, um später dem Drang nach verspielten, anschmiegsamen Gitarrenklängen wie in "Evergreen" nachzugeben. Die letzte Nummer "Stop" steht dann urplötzlich in der Tradition von "Love Is Hell", besteht praktisch nur aus einem Klavier und Adams' zögernder Stimme und wirkt damit ehrlicher als viele andere Nummern.

Fazit

Ryan Adams ist mittlerweile mit den Cardinals zu einer harmonischen Gruppe zusammengewachsen, die ihren unverkennbaren Sound entwickelt hat und sich gut ergänzt. Etwas auf der Strecke scheinen aber die Leidenschaft und der Enthusiasmus geblieben zu sein, die sonst seine Musik so sehr auszeichnen – manche Stellen wirken zu gekünstelt. Durch die Routine im Songschreiben hat seine Musik etwas an Glanz eingebüßt, als schlecht kann man sie dennoch nicht bezeichnen. Unvorstellbar, zu was der Mann fähig wäre, würde er sich einmal wirklich Mühe geben!

Anspieltipps

Born Into A Light

Cobwebs

Evergreen

Artistpage

RyanAdams.de

Tracks

1.Born into a Light
2.Go Easy
3.Fix It
4.Magick
5.Cobwebs
6.Let Us Down Easy
7.Crossed out Name
8.Natural Ghost
9.Sink Ships
10.Evergreen
11.Like Yesterday
12.Stop

Stephanie Stummer - myFanbase
07.11.2008

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