Hurricane
"Hurricane" ist das überraschendste und zugleich unbeachtetste Comebackalbum des Jahres. Grace Jones, Mode- und Stilikone der achtziger, hat doch tatsächlich nach sage und schreibe fast 20 Jahren wieder ein Album veröffentlicht. Was Madonna seit zig Jahren versucht zu schaffen, gelingt ihr gleich mit dem ersten Lebenshauch seit Ewigkeiten: Ein frischer knackiger Sound.
Mit satten 60 Jahren wagt sich die polarisierende Grace Jones wieder auf die Bühnen dieser Welt. Mitgebracht hat sie ein Album voller Schönheiten, Überraschungen und klanglichen Schöpfungen. Bereits der Opener kündigt an, wo sich die musikalische Reise hinbegeben soll. Düstere, kühle Beats begleiten eine starre, eintönige Stimme. Spätestens aber im Refrain zeigt "This Is" seine wahre Stärke. Sanfte Backings und eine schon deutliche einfühlsamere Jones fassen zumindest annähernd zusammen, was uns auf "Hurricane" noch erwarten wird.
Bereits das zweite Stück "William's Blood" ist das absolute Highlight des neuen Albums. Ein eingängiger Song der perfekt und modern arrangiert wirkt, ohne jeglichen Hauch von nervtötenden Timbaland-Beats. Begleitet von einem epochalen Gospelchor steigert sich Jones mit dem Song von Minute zu Minute. Wer die starke Frau aus Filmen wie "James Bond: Im Angesicht des Todes" oder "Conan: Der Zerstörer" kennt, hätte sich wohl nie vorstellen können mal eine solche Nummer von ihr zu hören. Ganz großes Kino!
"Corporate Cannibal" verstärkt dagegen wieder das Gefühl der männerfressenden Amazone. "I'm a man-eating Machine" projiziert Grace Jones mit ihrem düsteren Sprechgesang ebenso wie "Eat you like an animal". Schwere textliche Kost versteckt sich hinter einem kräftigen und anstrengenden Song, der beim ersten Durchlauf, keinen Höhepunkt aufweisen kann. Wenn man aber letztlich die Angst ablegt, entdeckt man die Feinheiten dieses tollen Trip-Hop Songs.
Schon fast beruhigend wirkt da "I'm Crying (Mother's Tears)" auf mich als Hörer: Sehr entspannend. Noch fetziger kommt "Well Well Well" mit flottem Reggae-Rhythmus und Karibik-Feeling daher. Produziert sind die Tracks alle vom feinsten: Schuld daran ist ein ganzer Haufen namenhafter Produzenten, wie Brian Eno (U2, Coldplay) und Tricky. Auch die beteiligten Musiker spielen technisch auf höchstem Niveau und verleihen der Platten einen zur Künstlerin passendes Soundgewand.
Eine kräftige, wuchtige Nummer ist das Titelstück selbst. Grace präsentiert sich, als wäre sie nie weggewesen. Auch musikalisch erinnert das Stück sehr an die Glanzperiode Jones' in den 80er Jahren. Trotz der überdurchschnittlichen Länge der Songs kommt keine Langeweile auf. Zu differenziert klingen alle Tracks, zu spannend ist es den Klängen zu lauschen. Ebenfalls schön ist "Love You To Life": Das Stück greift wieder die Eingängigkeit des Reggae auf und liefert eine tolle Hookline im Refrain und verspielte, überraschende Details. Man traut sich kaum auch nur einen Song zu überspringen, denn es könnte zu jeder Zeit etwas völlig unerwartetes geschehen. Ein Gitarrensolo hier, Streicher und Bläser dort: Grace hat nichts dem Zufall überlassen. Einzig das vorletzte Stück "Sunset Sunrise" kann nicht so ganz überzeugen. Die Idee hinter der Nummer ist vorhanden, aber auf über fünf Minuten doch etwas zu zögernd und passiv. Der Funke springt in der Tat nicht ganz über. Mehr als entschädigend ist dafür der Abschluß des Albums, "Devil In My Life". Schöne Klaviermelodik und der typische, unverkennbare Gesang lassen diesen Song aufblühen.
Fazit
"Hurricane" kann nicht jedem gefallen, dafür ist dieses Album einfach zu speziell. Wer sich aber gerne mit neuen Klängen anfreundet und nicht ganz verschreckt vor Grace Jones erstarrt, sollte zwangsläufig in das Comeback-Werk reinhören. Nein, reinhören ist an dieser Stelle falsch. Man sollte sich der Musik mit voller Offenheit hingeben.
Grace Jones: Mehr Ikone, als Madonna es je sein könnte.
Anspieltipps
William's Blood
Hurricane
Devil In My Life
Artistpage
Tracks
1. | This Is | |||
2. | Williams' Blood | |||
3. | Corporate Cannibal | |||
4. | I'm Crying (Mother's Tears) | |||
5. | Well Well Well | |||
6. | Hurricane | |||
7. | Love You to Life | |||
8. | Sunset Sunrise | |||
9. | Devil in My Life |
Christian Finck - myFanbase
02.02.2009
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 07.11.2008Genre: Soul, Elektro, Alternativ
Jetzt bestellen
Album jetzt bei Amazon.de
bestellen
Aktuelle Kommentare
22.11.2024 21:56 von Chili_vanilli
Cruel Intentions: Cruel Intentions
Hat schon jemand reingeschaut? Bin akutell bei Folge 1... mehr
20.11.2024 15:18 von Catherine
Liebeskolumnen: Rory & Dean, Teil 3
Ich glaube, es wurde während des "Gilmore... mehr