808's & Heartbreak
Manchen Leuten kann man es auch wirklich nicht recht machen. Letztes Jahr beklagte sich Kanye West über seinen Awardgewinn bei den EMAs (Anm. West war der Meinung sein Kollege Lil' Wayne hätte den Preis verdient), obwohl er noch im Jahr zuvor empört die Bühne stürmte, nachdem seine "Genialität" nicht ausgezeichnet und geschätzt wurde. Nicht nur damit wird Kanye West seine Fans spalten, auch sein neues Album polarisiert regelrecht.
Ganze sechs Minuten breitet sich der Opener "Say You Will" aus, obwohl der Song doch so wenig zu erzählen hat. Düstere Synthies, Effektspielereien und ein singender Kanye West. Über seiner durchschnittlichen Stimme liegen ein paar Voice-Effekte, die verdächtig nach Cher klingen. Der Song überrascht zunächst, hat aber alle seine Ideen binnen weniger Momente an die Oberfläche getragen. Sechs Minuten sind definitiv zu langatmig, auch wenn die Melodik des Songs durchaus seine positiven Seiten hat. Es sei bereits vorab gesagt, dass dieses vierte Studioalbum von West ausschließlich auf Raps verzichtet und stattdessen der Gesang im Vordergrund steht. Mit Hip Hop hat das ganze nichts mehr zu tun. Auf "808's & Heartbreak" verarbeitet der priviligierte, mehrfach ausgezeichnete Rapper den Tod seiner geliebten Mutter.
Als deutlich besser erweist sich da schon "Welcome to Heartbreak" mit seiner schönen Hook im Refrain und einer angemessenen Mischung von Beats aus dem Drumcomputer und anderen künstlich erzeugten Klängen: Kann sich hören lassen. Der folgende Track "Heartless" kann dagegen die erdrückenden Schwächen dieses Albums nicht verstecken. Auf Dauer nervt der übertriebene Autotune-Effekt derartig, dass ich mich immer wieder dabei erwische mit dem Zeigefinger gen Skip-Taste zu wandern. Mag der neue Sound zu Beginn auch noch überraschen, fällt spätestens beim zweiten Hördurchgang die Ideenlosigkeit des Albums auf.
Nur wesentlich spannender ist der Megaerfolgshit "Love Lockdown", allerdings gewinnt der Song von mal zu mal an Qualität und letztlich hat man über Wochen hinweg einen Ohrwurm. Hoffentlich hat das keine Spätfolgen für mich. Eine der wenigen Tracks bei dem der Minimalismus des Sounds siegt. Auch an "Paranoid" gibt es kaum etwas auszusetzen. Musikalisch grenzwertig, kann der Song aber mit seiner positiven Stimmung auflockern und zudem mit einem schönen Refrain begeistern. "Robocop" überschreitet die Grenzen dann allerdings wirklich: Der Song erinnert an schlimme Eurodanceklänge aus den 90ern.
Gegen Ende der Platte folgt dann noch eines der wenigen Highlights des neuen Kanye West Albums. "Street Lights" ist atmosphärisch lückenlos und auch Wests Stimme kann endlich mal überzeugen, fast ausschließlich ohne nervenraubende Effekte. Was dieser Tage natürlich auch nicht fehlen darf ist eine Zusammenarbeit mit Rap-Genius Lil' Wayne. Da haben sich die neuen "Kings Of Autotune" tatsächlich zusammengefunden. "See You In My Nightmares" liefert einen anmutigen Text und überzeugend vermittelte Gefühle. Aber bei diesen teilweise missratenen Gesangsleistungen helfen auch keine Effekte mehr. Nein, sie verschlimmern das Produkt sogar noch.
Fazit
Hat die Welt "808's & Heartbreak" gebraucht? Nein, ganz sicher nicht. Hat Kanye West dieses Album gebraucht? Mit Sicherheit. Deshalb sei dem Genie dieser Ausrutscher genehmigt. Nach zwei durchschnittlichen Outputs kann man in Zukunft aber mal wieder ein furchtloses, aufregendes Album erwarten.
Anspieltipps
Welcome To Heartbreak
Street Lights
Paranoid
Artistpage
Tracks
1. | Say You Will | |||
2. | Welcome to Heartbreak | feat. Kid Cudi | ||
3. | Heartless | |||
4. | Amazing | feat. Young Jeezy | ||
5. | Love Lockdown | |||
6. | Paranoid | feat. Mr Hudson | ||
7. | RoboCop | |||
8. | Street Lights | |||
9. | Bad News | |||
10. | See You In My Nightmares | feat. Lil Wayne | ||
11. | Coldest Winter | |||
12. | Pinocchio Story | Freestyle Live from Singapore |
Christian Finck - myFanbase
11.02.2009
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (US): 24.11.2008Veröffentlichungsdatum (DE): 21.11.2008
Genre: R&B
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