Und Endlich Unendlich
Endlich! Nach zehn langen Jahren und so manch einem Solo- oder Nebenprojekt wächst wieder zusammen, was zusammen gehört. Die deutschlandweit vergötterten Grunge-Rocker der 90er Jahre und musikalischen Helden einer ganzen Generation sind wieder "Hier". Und ihre Fans "Selig". Denn "Und Endlich Unendlich" ist alles andere als ein "Blender" von Album...
Musikalische Comebacks scheitern nicht selten daran, dass krampfhaft versucht wird, sich weiterzuentwickeln und im Strom des Zeitgeists mit zu schwimmen. Der von vielen Bands verspürte Drang, sich verändern zu müssen, mündet dabei oft in unfreiwilliger Komik. So werden über Jahre treue Fans vor den Kopf gestoßen und andere genauso wenig hinzugewonnen, weil der neu erfundene Sound zumeist schlicht zu gezwungen und berechnend klingt.
Selig hingegen scheren sich nicht um die Trends von heute. Ganz im Gegenteil scheint ihre Musik während der zehnjährigen Band-Abstinenz um keinen Tag gealtert zu sein. Sänger Jan Plewka bringt es mit der Zeile "Und es knistert noch in meinen Venen" in der von wechselndem Klavier- und Orgelspiel untermalten Ballade "Ich fall in deine Arme" genau auf den Punkt. Denn auch wenn der Song selbst wie eine alte Vinylplatte knistert und der Album-Sound generell stark an die guten alten 90er erinnert, lässt sich an "Und endlich unendlich" kein einziges graues Haar finden. Vielmehr kommt der selbsternannte Hippie-Metal der Hamburger wie eh und je locker aus der kerngesunden Hüfte geschossen. Und Songs, denen es passt, wird ein schmuckes Pop-Krönchen von zeitloser Eleganz aufgesetzt.
Der eingefleischte Selig-Fan braucht sich also keinesfalls mehr "Die alte Zeit zurück" zu wünschen. Denn in Songs wie diesem blitzen die damaligen Stärken der Band auch heute noch deutlich hervor: scharfsinnige Lyrics, mitreißende Gitarren, Plewkas unverwechselbare Stimme und Melodien, die einen einfach nicht loslassen wollen. Dabei machen die lustvoll lärmenden Jams sowohl der Band als auch dem Hörer immer noch am meisten Spaß. Denn je mehr Selig aufdrehen, desto mehr dreht man auch selbst am Regler, will die Songs LAUT hören und aus voller Kehle mitsingen, Luftgitarre spielen oder einfach nur im Takt mitwippen.
Der Opener "Auf dem Weg zur Ruhe" ist zum Beispiel so ein Fall, bei dem man in einen wahren Rausch verfällt. Dabei groovt der Song sich anfangs noch so arglos mit lässiger Hammond-Orgel und Akustik-Percussion ins Ohr und nimmt erst "am Ende vom Ende der Transformation" mit zunehmender Wind(spiel)stärke die Ausmaße eines Gitarrensturms an. Noch unwiderstehlicher heulen Christian Neanders Wah-Wah-angehauchten Gitarren eigentlich nur noch im bluesgetränkten "Ich dachte schon" auf, das ein derart tosendes Live-Feeling aufkommen lässt, dass man am Ende doch tatsächlich den jubelnden Applaus der Menge vermisst.
Inmitten all der treibenden Uptempo-Nummern, die mal durch clever inszenierte Streicher ("Wir werden uns wieder sehen"), mal durch perfekt harmonierende Hammond- und Gitarrensounds ("Schau schau") glänzen, findet sich aber wie immer auch die ein oder andere typische Selig-Ballade. So trällert sich Jan Plewka in Lenny Kravitz-Manier so herrlich lasziv durch das leicht schelmische "Ich bin so gefährdet", dass man gar nicht anders kann als dem Song buchstäblich zu verfallen. Und zwar "immer wieder, immer wieder, immer wieder".
Fazit
Selig bleiben sich auch zehn Jahre nach ihrer Auflösung treu. Anstatt das Rad neu erfinden zu wollen, beschränken sie sich auf das, was sie schon immer am besten konnten: geradlinige deutsche Rockmusik mit intelligenten Texten, die genau weiß, wann aufgedreht und wann zurückgeschraubt werden muss, um am besten zu wirken. Daher wird wohl jeder, der offen für Altbewährtes ist, seine helle Freude an diesem Album haben.
Anspieltipps
Auf dem Weg zur Ruhe
Die alte Zeit zurück
Ich bin so gefährdet
Ich dachte schon
Artistpage
Videos
Tracks
1. | Auf dem Weg zur Ruhe | |||
2. | Wir werden uns wiedersehen | |||
3. | Schau schau | |||
4. | Ich fall in deine Arme | |||
5. | Die alte Zeit zurück | |||
6. | Ich bin so gefährdet | |||
7. | Immer wieder | |||
8. | Lang lebe die Nacht | |||
9. | Der schönste aller Wege | |||
10. | Ich dachte schon | |||
11. | Du siehst gut aus | |||
12. | Traumfester |
Paulina Banaszek - myFanbase
26.03.2009
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 20.03.2009Genre: Rock
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