Bewertung
Lacuna Coil

Shallow Life

Italienischer Metal ist eigentlich ein unbeschriebenes Blatt. Doch seit Jahren schreiben Lacuna Coil trotz ihrer Herkunft eine unnachahmliche Erfolgsgeschichte. Das letzte und bisher beste Album der Band "Karmacode" schaffte es sogar in die Top 30 der US-Billboardcharts. Nun steht der Nachfolger "Shallow Life" in den Läden.

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Seit je her hebt der Wechselgesang von Cristina Scabbia und ihrem männlichen Pendant Andrea Ferro die Band vom üblichen Einheitsbrei ab. An diesem Erfolgsrezept hat sich natürlich nichts verändert. So hat man weltweit tausende von Fans für sich gewonnen und wird es auch weiter tun. Dass man sich allerdings immer deutlicher dem Pop annähert, dürfte bei viele Fans der ersten Stunde für Unmut sorgen. Bereits die Cover-Version von Depeche Modes "Enjoy The Silence" vor ein paar Jahren wurde nicht besonders erfreut aufgenommen. Solche Randgeschichten sind allerdings normal und eigentlich völlig banal. Denn eins ist Fakt, Lacuna Coil liefern auch auf ihrem neuen Album "Shallow Life" tolle Songs ab.

"Shallow Life" folgt streng einem Konzept und setzt dieses auch ziemlich geradlinig um. Oberflächlichkeit und Unzufriedenheit unserer Gesellschaft sind die zentralen Themen des neuen Albums der Italiener.

Der Opener des nun mehr fünften Studiowerks von Lacuna Coil beginnt mit einer Art Kindermelodie. Das ist für den Anfang schon mal eine Überraschung die schließlich auch noch durch gelungene Gitarrenriffs ergänzt wird. Die schöne Sängerin Cristina singt eine wirklich zuckersüße Melodie. Da wären wir aber auch schon beim üblichen Kritikpunkt an Lacuna Coil. Über die Jahre hinweg hat es Bandgründer und Sänger Andrea Ferro nicht geschafft auch nur annähernd das gesangliche Niveau seiner Bandkollegin zu erreichen. Oft zerstört er mit seinem technisch nicht einwandfreien Gesangskünsten die zuvor entstandene Atmosphäre eines Songs. Schade, aber die Fans sind ja mittlerweile daran gewöhnt und wissen damit umzugehen. Mit "I Won't Tell You" folgt eine stampfende und treibende Nummer, die besonders live richtig gut funktionieren wird.

Produziert wurde das Album von keinem geringen als Don Gilmore, der auch schon auf Alben von Avril Lavigne und Linkin Park für den richtigen Sound sorgte. So ist es allerdings auch nicht verwunderlich, dass der Sound auf dem Album etwas glatt gebügelt wirkt. Auch einige Füller haben es leider auf das Album geschafft. "Not Enough" klingt oberflächlich betrachtet ganz nett und gemütlich, aber da sich das Album mit dem Thema "Oberflächlichkeit" beschäftigt, kann man ja mal unter die Fassade schauen. Bereits beim zweiten Hören gibt der Song nichts Neues mehr her. Er ist radiofreundlich und unspektakulär, das haben Lacuna Coil schon deutlich besser gemacht. Viel besser macht es da schon "I'm Not Afraid". Der Song bedient sich zwar fleißig am Evanescence-Linkin-Park-Schema, kann damit aber gut punkten. Die klassischen und markanten Riffs der Band dürfen natürlich nicht fehlen. Und sogar Ferros etwas aggressiverer Gesang passt in den Song. Highlight eines jeden Stücks sind allerdings die Vocals von Sängerin Cristina, die auch live eine tolle Figur abgibt. Stimmlich, zwar sehr verwandt mit Amy Lee (Evanescence), liegt der Vorteil auf Scabbias Seite. Denn anders als ihre Konkurrenz aus Übersee wirkt der Gesang der Italienerin zu keiner Minute aufgesetzt oder nervig.

Mit "I Like It" ist einer der besten Songs auf "Shallow Life", den die Band bisher aufgenommen hat. Der Song bedient sich zwar einem aktuellen Charthit, der mir grade entfallen ist, geht aber sehr gut ins Ohr, ohne dabei großartig an Härte einbüßen zu müssen.

Vor der Hitsingle "Spellbound" erklingt mit "The Pain" eine sehr abwechslungsreiche Ballade. Doch besonders bei den langsameren Stücken werden Sänger Ferros Grenzen aufgezeigt. Zum Glück fehlt Sonnenschein Cristina Scabbia aber in keinem Stück und verleiht dem Song das nötige Etwas. Der Hit "Spellbound" geht etwas schneller zu Werke und erinnert entfernt an die Frühwerke der Band und besonders an den ersten Meilenstein "Comalies". Die Gitarre könnte jedoch kräftiger aus den Boxen scheppern, der Gesang steht zu sehr im Vordergrund. Das ist nicht ganz glücklich abgemischt. Mit "Wide Awake" folgt eine weitere erstklassige Ballade. Zunächst beginnt sie wieder typisch (für die letzten Alben) orientalisch, um dann als Acoustic Nummer weiter zu machen. Cristina singt wirklich schöne Strophen, begleitet von zusätzlichen Keyboards. Für mich klar der beste Song auf dem Album. Dass der Song allerdings auch perfekt auf ein Avril Lavigne Album passen könnte, darf an dieser Stelle nicht verschwiegen werden.

Das Album kann leider nicht durchgängig das angesprochene Niveau halten. Gegen Ende folgen mit "The Maze" und "Unchained" zwei nicht mal durchschnittliche Songs aufeinander. Den Abschluß des Albums stellt das Titelstück da. Eine weitere Ballade, die von Scabbias emotionaler Stimme und dem Klavier getragen wird. Nicht wirklich aufregend, aber durchaus hörbar.

Fazit

In der Breite kann das Album der Italiener nicht ganz überzeugen, aber einige Stücke haben den Anspruch Bandklassiker zu werden. Viele Lieder klingen auf der Bühne wahrscheinlich deutlich kräftiger als auf der Platte. Auf dem Album selbst ist der Sound etwas zu glatt und klar. Für eine Metalband deutlich zu viel des Guten. Die Band entwickelt sich auch mit dem neuen Werk weiter, dieses hält aber nicht ganz die Klasse der beiden Vorgänger "Comalies" und "Karmacode". Reinhören ist auf jedem Fall empfohlen und ein Besuch auf dem nächsten Konzert der Band ist sowieso Pflicht!

Anspieltipps

Spellbound

Wide Awake

Artistpage

LacunaCoil.it

Tracks

1.Survive
2.I Won't Tell You
3.Not Enough
4.I'm Not Afraid
5.I Like It
6.Underdog
7.The Pain
8.Spellbound
9.Wide Awake
10.The Maze
11.Unchained
12.Shallow Life

Christian Finck - myFanbase
30.04.2009

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