Roadsinger (To Warm You Through the Night)

Denn so leichtfüßig und sanftmütig wie die musikalischen Töne Yusuf Islams sind seine privaten nicht immer. Stattdessen eckt er spätestens seit einer glimpflich verlaufenen Nahtod-Erfahrung und der daraus resultierenden Konvertierung zum Islam in den 80er Jahren an, stößt sich an so manchem ethischen Grundsatz. So scheint er beispielsweise von Gleichberechtigung nicht (mehr?) allzu viel zu halten, soll Frauen kategorisch nicht die Hand reichen und sich deutlich gegen homosexuelle Liebe aussprechen. Das stößt nicht allerorten auf Gegenliebe und Sympathie.

Nun geht es in der Musik eben um sie an sich. Alles andere ist in aller Regel frühestens sekundär. Seit Yusuf Islam wieder mit Gitarre musiziert – zeitweise hielt er sie für ein westliches Instrument, dessen Verwendung nicht mit seinem Glauben vereinbar sei –, klingt er wieder wie der Cat Stevens, als der er vor seinem Unfall musiziert hatte. Mit bürgerlichem Namen, will der Songwriter aber nur noch unter dem Namen Yusuf Musik machen. Weil er der westlichen, materiellen Welt abgeschworen habe, heißt es. Dennoch wird niemand müde zu betonen, dass es sich um denjenigen Künstler handelt, der vor Zeiten unter anderem mit "Lady D'Arbanville", "Father and Son", "Wild World", "Moonshadow" sowie "Morning Has Broken" und "The First Cut Is The Deepest" große Erfolge feierte. Und gleichzeitig sicherlich auch den einen oder anderen Groschen an seinen zeitlosen Klassikern verdient hat. Der Name Cat Stevens also ist nach wie vor ein Prädikat, das für hochwertige Qualität steht – so wäre es doch ein Jammer, würde man es sich bei Veröffentlichung eines neuen Yusuf-Albums nicht zunutzen machen. Auch diesmal weiß der inzwischen 61-Jährige zu überzeugen: Unaufgeregt wie auf dem Albumcover, im Dunkel an eine erleuchtete Straßenlaterne gelehnt – möglicherweise symbolträchtig –, singt er seine elf neuen Lieder in Begleitung von einer Gitarre, Michelle Branch, Morrison und Holly Williams. Und die sind in erster Linie so gut, dass man die wahrlich undiplomatischen Ansichten Yusuf Islams vergisst, solange man seinen Songs lauscht. Zudem muss man nicht zwingend den religiösen Hintergrund, der hinter dem einen oder anderen Text stecken mag, als solchen werten, wenn man nicht will. Besonders "Thinking Bout You" trägt den Hörer mühelos davon und an einen Ort, an dem es keine Religionen, keine Unterschiede gibt. Und solange es diesen Platz auf Erden nicht zu finden gibt, muss man ihn eben im Sinn haben.

Und um Sinn geht es zuletzt ja irgendwie immer: "Where do you go? Oh, where do you go when hearts are closed? [...] when the world turns dark and the light of truth is blown out and the roads are blocked?", fragt sich der Mann mit grau meliertem Rauschebart. Fragt weiter: "Oh, where do you go in a world's filled with fright?" Und fügt an: "Only a song to warm you through the night." Woran auch immer man glaubt und wofür man einsteht oder wovon man sich distanzieren mag: Die Welt, in der wir leben, hat schon bessere Zeiten gesehen. Und wer Trost sucht, dem will Yusuf welchen bieten: "All kinds of roses grow in my garden. All kinds of creatures run on my land. All kinds of children play in my yard. So many feelings throw through my blood. All kinds of people make up my life. All kinds of faces show me their love. All kinds of lanterns light up the dark." Mit diesen versöhnlichen Zeilen sei diese Rezension beendet. Von dem Menschen Yusuf an sich kann man halten, was man will – bzw. über das, was über ihn bekannt ist. Sein großes, großes musikalisches Talent und seine friedlich anmutende, tröstliche Stimme allerdings sind zweifelsohne sehr besonders.

Anspieltipps

Thinkin' Bout You

The Rain

Be What You Must

Roadsinger

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