Bewertung
Manic Street Preachers

Journal for Plague Lovers

Vor 14 Jahren erlitten die Manic Street Preachers einen herben Schicksalschlag: Ihr Gitarrist Richey Edwards, von vielen als Schlüsselfigur der britischen Band betrachtet, verschwand unter mysteriösen Umständen – was genau passiert ist, weiß man bis heute nicht. Nachdem sich seine Bandkollegen zum Weitermachen entschlossen hatten und Jahr für Jahr neue Platten veröffentlichten, kommt nun ein Album, das sich auf ganz besondere Weise mit Richeys Geschichte auseinandersetzt: Es wurden ausschließlich von ihm geschriebene Texte verwendet – die Manic Street Preachers verzichteten dabei aber auf jede Gefühlsduselei und servieren uns Songs, die so kraftvoll und stimmig wirken wie schon länger nicht mehr.

Foto: Copyright: RCA Records
© RCA Records

Ihr letztes Album "Send Away The Tigers" war ja relativ enttäuschend ausgefallen – eine Ansammlung von hohlen, nichtssagenden Stadion-Rock-Songs, zu denen man keinerlei Beziehung aufbauen konnte. Bei "Journal For Plague Lovers" ist das, auch wenn man die natürlich sehr persönliche Thematik außer Acht lässt, ganz anders: Die Songs wirken weder so überladen und überproduziert wie die auf dem Vorgängeralbum, sondern geben sich schnörkellös und geradlinig.

Besonders die schnelleren Songs wie "Peeled Apples", "She Bathed Herself In A Bath Of Bleach" oder das namengebende "Journal For Plague Lovers" bauen gehörig Druck auf und erinnern an den guten 90er-Alternative-Rock, was man wahrscheinlich dem Produzenten Steve Albini zu verdanken hat, genauso wie die bereits erwähnte wiedergefundene Direktheit.

Trotz der Frische des rockigen Teils des Albums sind es dann doch die eher ruhig gehaltenen Nummern, die mich am meisten überzeugten: "This Joke Sport Severed" wirkt nach ein paar Durchläufen schon sehr vertraut und baut sich schön auf, ohne dass die dezenten Streicher im Hintergrund jemals kitschig klingen würden. Auch das starke "Facing Page: Top Left" glänzt mit James Dean Bradfields eindrucksvollem Gesang und einem bestechenden Refrain.

Dass einem ausgerechnet die langsameren Nummern besser im Gedächtnis bleiben, liegt wahrscheinlich daran, dass die restlichen Stücke insgesamt betrachtet doch etwas austauschbar ausfallen – daran können auch Edwards' gutes Songwriting und originelle Titel nicht viel ändern. Neben den auffallenden Songnamen konnte vor allem das Cover-Artwork schon einige Aufmerksamkeit erregen: Das Bild der Malerin Jenny Saville, die bereits beim letzten Album mit Richey Edwards für das Cover verantwortlich war, zeigt ein scheinbar blutverschmiertes Kindergesicht – Grund genug für ein paar große britische Supermarktketten, sich zu weigern, das Album mit diesem Artwork zu verkaufen und stattdessen etwas "Harmloseres" zu verwenden.

Fazit

Mit "Journal For Plague Lovers" und der Entscheidung, Richey Edwards' Texte zu verwenden, haben sich die Manic Street Preachers selbst etwas Gutes getan: Sie konnten nicht nur ein für die Band sehr wichtiges Thema auf eine angemessene Art und Weise aufarbeiten, sondern liefern mit diesen Songs auch kräftige und vor allem authentische Musik ab – Eigenschaften, die auf ihrem letzten Album wirklich Mangelware waren. Der ganz große Wurf ist ihnen allerdings dennoch nicht gelungen, dafür ist einiges musikalisch doch wieder zu ähnlich gehalten – aber die Richtung stimmt definitiv!

Anspieltipps

This Joke Sport Severed

She Bathed Herself In A Bath Of Bleach

Facing Page: Top Left

Artistpage

ManicStreetPreachers.de

Tracks

1.Peeled Apples
2.Jackie Collins Existential Question Time
3.Me And Stephen Hawking
4.This Joke Sport Severed
5.Journal For Plague Lovers
6.She Bathed Herself In A Bath Of Bleach
7.Facing Page: Top Left
8.Marlon J.D.
9.Doors Closing Slowly
10.All Is Vanity
11.Pretension//Repulsion
12.Virginia State Epileptic Colony
13.Bag Lady

Stephanie Stummer - myFanbase
25.05.2009

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