Bewertung
Regina Spektor

Far

Ganze drei Jahre sind vergangen seit Regina Spektors letztem Werk "Begin to Hope". Höchste Zeit also für ein neues Album, denn die Konkurrenz schläft bekanntlich nicht und vom Vorgänger (nicht zu Unrecht) enttäuschte Fans trachten nach Wiedergutmachung.

Foto: Copyright: Warner Music Group
© Warner Music Group

Doch schon "The Calculation", der erste Song auf "Far", fällt eher ernüchternd aus. Denn diese recht simple Upbeat-Nummer geht mit ihren eingängigen Melodien zwar durchaus schnell ins Ohr, durch die vielen Tonlagenwechsel im Gesang auf Dauer aber auch ziemlich auf den Geist und klingt im Endeffekt wie jede beliebige Pianopop-Single einer der momentan so angesagten Kate-Nash-Soundalikes. Auch in "Eet" zehrt die altbekannte Vokalakrobatik Regina Spektors ein wenig an den Hörnerven, dafür wirkt der Song durch seine (musikalische wie textliche) Verspieltheit aber wenigstens um einiges erfrischender.

Die stimmungsvolle Klavier-Ballade "Blue Lips" lässt mit ihren gelungen eingewobenen Keyboard-Sounds dann endlich wieder richtig Hoffnung aufkommen. Doch was hier leider die sonst so behagliche Atmosphäre etwas zerstört, sind die schrecklich platt programmierten Beats, die auch dem etwas lebendigeren, aber nicht halb so schönen "Folding Chair" regelrecht zum Verhängnis werden, so dass man sich unweigerlich fragt: Was ist aus dem guten alten Schlagzeug geworden?

Es zeugt von einer gewissen Ironie, dass die US-russische Singer/Songwriterin ausgerechnet in einem Song namens "Machine" erstmals so richtig mit Herz und Seele bei der Sache scheint und auch endlich wieder auf die bereits sehnlichst vermissten traditionellen Drums zurückgreift. So klopft und klappert, pocht und pulsiert es im Hintergrund auf wunderbare Weise, während an der Oberfläche ein spannendes Wechselspiel zwischen elektronischen Effekten und Reginas einnehmendem Gesang inszeniert wird.

Und auch im folgenden "Laughing With" läuft Regina wieder zu alter Höchstform auf und kreiert mit unheimlich cleveren Lyrics, sanfter Streicheruntermalung sowie höchst charmantem und ausnahmsweise mal so gar nicht enervierendem Hin- und Herspringen zwischen Kopf- und Bruststimme eine ganz bezaubernde Ballade über Gott und die Welt – im wahrsten Sinne des Wortes. Einen leicht sakralen Touch weist auch "Human of the Year" auf und verlangt mit seinem herrlich anschwellendem Kirchenklang lautstark nach der Auszeichnung "Bridge of the Album".

In "Two Birds" bläst eine Tuba eifrig zum Klavier-Staccato, während die gebürtige Russin von zwei Vögeln auf dem Drahtseil singt, von denen einer erpicht darauf ist, davon zu fliegen, der andere sich jedoch nicht traut ("but he's just a liar") – Sinnbild für so viele einengende Beziehungen, in denen man vom Partner davon abhalten wird, sich selbst zu entfalten. Die Tuba erhält in dem so gar nicht sonderlich tanzbaren "Dance Anthem of the 80s" Gesellschaft von einem Piano-Riff, das frappierend an Trail of Deads "Ode to Isis" erinnert, und tönt trotz recht netter Beatboxing-Einlagen zu "sweeeet" und kindlich-naiv, um wirklich überzeugen zu können.

Und spätestens nach diesem Song ist auch endgültig die Luft aus dem Album raus. Denn was danach noch folgt, ist entweder zu kryptisch ("Genius Next Door"), zu spannungsarm ("Man of a Thousand Faces") oder schlichtweg zu banal geraten. So wartet man in "Wallet", einer im Grunde trivialen Story über den Fund einer Brieftasche, permanent auf den Clue, die große Pointe und wird dann letztendlich doch bloß mit einer total simplen und überhaupt nicht poetischen Erkenntnis abgespeist: "You'll never know me, I'll never know you, but you will be so happy when they call you up." Angehörs solcher Belanglosigkeit würde man Regina Spektor am liebsten ihre eigenen Lyrics um die Ohren hauen: "Hold on, one more time with feeling!"

Fazit

Gemessen an den hohen Erwartungen, bleibt "Far" wieder eine kleine Enttäuschung. Denn Regina Spektor ist scheinbar irgendwie ihre Experimentierfreude und liebenswerte Schrulligkeit abhanden gekommen. Der ganz eigene Charme, den zum Beispiel "Soviet Kitsch" noch an allen Ecken und Enden versprühte, kommt für ihre Verhältnisse zumindest viel zu kurz.

Anspieltipps

Blue Lips

Machine

Laughing With

Artistpage

ReginaSpektor.de

Tracks

1.The Calculation
2.Eet
3.Blue Lips
4.Folding Chair
5.Machine
6.Laughing With
7.Human of the Year
8.Two Birds
9.Dance Anthem of the 80's
10.Genius Next Door
11.Wallet
12.One More Time with Feeling
13.Man of a Thousand Faces

Paulina Banaszek - myFanbase
12.07.2009

Diskussion zu dieser CD