Bewertung
Sonic Youth

The Eternal

Kaum veröffentlicht eine Kultband wie Sonic Youth eine neue Platte, überschlagen sich schon wieder alle Kritiker vor Begeisterung: Eines der besten Alben in ihrer 28-jährigen Bandgeschichte! Indieband aller Indiebands! Mutter aller Indiebands! Alle Erwartungen übertroffen! Das Lustige daran: Die liegen tatsächlich alle richtig.

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Nicht nur der Wechsel von einem Major- wieder zurück auf ein Indielabel, sondern auch das Alter scheint den New Yorkern deutlich gut zu tun – was nicht heißen soll, dass sich Sonic Youth gemäßigt haben und etwas kürzer treten. Im Gegenteil: Der Sound von "The Eternal" ist so kraftvoll, ungestüm und lässig, wie einige aktuell angesagten Indiebands schon jetzt nicht mehr klingen. Das Alter zeigt sich nur in einer neuen Vorliebe fürs Kompakte und Griffige, sodass sich die Songs dem Hörer trotz des einen oder anderen Ausuferns, Ausrastens oder Ausflippens gerne erschließen und sich nie ganz sperrig anfühlen.

Stattdessen klingen sie so cool und hip wie selten zuvor und wirken eher wie eine junge, dynamische Avantgarde-Band, die sich keinen Kopf wegen irgendwas macht – dennoch sind es wahrscheinlich gerade die 28 Jahre Bandgeschichte und die 17 Studioalben neben etlichen weiteren Veröffentlichungen, die Sonic Youth eben genau zu der Band machen, die sie jetzt sind. Natürlich kann man ihnen vorwerfen, dass sie sich seit Jahren in ihrem bandeigenen Kosmos bewegen und keinem mehr etwas beweisen müssen. Gerade deswegen erfreut es, dass Sonic Youth zwar musikalisch nicht unbedingt zu neuen Erkenntnissen gekommen sind, das Vorhandene aber gehörig auf den Kopf gestellt haben und dabei noch immer äußerst ambitioniert klingen.

Die erste Nummer "Sacred Trickster" prescht unter der Leitung einer geladenen Kim Gordon bereits gehörig nach vorne: "What's it like to be a girl in a band? / I don't quite understand / It's so quaint to hear / I feel so faint my dear". Mit "Anti-Orgasm" geht es thematisch durchaus interessant weiter: Es beschäftigt sich mit Uschi Obermaier, Radikalismus und der freien Liebe. Musikalisch wirkt der Song anfangs recht eingängig, verlässt aber bald den Rahmen, den das Duett von Kim Gordon und Thurston Moore bildet, um weit auszuufern.

Noch mehr Kulturelles: "Leaky Lifeboat" ist dem Beat-Poeten Gregory Corso gewidmet, für den Kim gerne mal ungewohnt lieblich "La, la, la, la, la, la" trällert. "Antenna" tritt dann erstmal ein bisschen entspannter auf, lebt von aufregenden, aber bedächtigen Gitarrenspielereien und Thurstons gelassenem Gesang. Beim folgenden "What We Know" darf erstmals Lee Ranaldo ans Mikro – hier schrummelt, grummelt und brummelt Sonic Youths gesamtes Gitarrenrepertoire vor sich hin, geheimnisvoll hinterlegt mit Ranaldos eindringlichem Gesang.

Bei "Calming The Snake" bäumen sich erneut die Gitarren auf, als wären sie selbst Schlangen, die es zu zähmen gilt. Kim Gordon gibt sich dabei als Bändigerin und keift wie eine Irre, während der ganze Song hinter ihr in einen Schutthaufen gelegt wird. "Poison Arrow" wiederum ist gar nicht furchteinflößend, sondern offenbart Thurston Moore als "King of Cool", mit einer auf einmal wieder sanft säuselnden Kim Gordon.

Auch "Malibu Gas Station" klingt wie ein kleiner Hit, der sofort ins Ohr geht – im weiteren Verlauf des Songs liegt die Konzentration aber wieder vermehrt auf verspielten Soli und schönen Instrumentalteilen. Der nächste Ohrwurm lugt aber schon um die Ecke: "Thunderclap For Bobby Pyn" macht einfach verdammt viel Spaß und auch den Musikern kann man die unbändige Freude am Spielen anhören, wenn sie zu einem gemeinsamen "Yeah" oder "whoo" tief Luft holen.

"No Way" klingt ebenfalls sehr schwungvoll, kommt aber an die vorangegangene euphorische Stimmung nicht ganz heran. Dafür gibt es noch einmal eine Ranaldo-Nummer gegen Ende hin: Dem sich ständig steigernden und schließlich blubbernd ausufernden "Walkin Blue" gibt seine Stimme etwas Beständiges und Beruhigendes.

Das längste Stück findet man ganz am Ende des Albums: Im rund 10-minütigen "Massage The History" haucht und flüstert Kim Gordon äußerst lasziv zur feinen Geräuschkulisse im Hintergrund – doch auch wenn hier Sonic Youth gehörig abschweifen, hat man nie das Gefühl, einem kompletten Rätsel namens "Diamond Sea" zu lauschen, irgendeinen Klang oder Seufzer gibt es immer, der den Song noch zusammenhält. Als Kim den letzten hingebungsvollen Seufzer von sich gibt und der Song sanft ausklingt, versteht man, warum die gesamte Kritikerschaft so hellauf begeistert ist, denn...

Fazit

"The Eternal" vereint alle herrlichen Eigenschaften von Sonic Youth – und das noch auf eine Art und Weise, die einen nicht verwirrt, überfordert oder verängstigt zurücklässt!

Anspieltipps

Sacred Trickster

What We Know

Poison Arrow

Thunderclap For Bobby Pyn

Artistpage

SonicYouth.com

Tracks

1.Sacred Trickster
2.Anti-Orgasm
3.Leaky Lifeboat (For Gregory Corso)
4.Antenna
5.What We Know
6.Calming The Snake
7.Poison Arrow
8.Malibu Gas Station
9.Thunderclap For Bobby Pyn
10.No Way
11.Walkin Blue
12.Massage The History

Stephanie Stummer - myFanbase
23.07.2009

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