Horehound
Spontanität ist eine Eigenschaft, die in der Musik heutzutage oft zu kurz kommt. Denn anstatt einfach mal ungezwungen seinen Ideen freien Lauf zu lassen, wird meist monate- oder gar jahrelang in sterilen und wenig inspirierenden Studios an Songs herumgetüftelt. Dieser dogmatische Perfektionismus wurde schon so manch einer Band zum Verhängnis und hatte nicht selten überproduzierte oder -ambitionierte Alben zur Folge. The Dead Weather, das neueste Projekt von und mit White-Stripes-Mastermind Jack White, gehen auf ihrem ersten Album "Horehound" aber zum Glück ganz anders zu Werke.
Vielmehr völlig unverkrampft spielte die prominent besetzte Band in nur drei Wochen eine Platte ein, die erfrischend roh und ungeschliffen klingt, dabei aber gleichzeitig derart vertrackte Songstrukturen bietet, dass es so einige Hördurchgänge braucht, bis man sich der vollen Pracht dieser verschrobenen Schrammelmusik überhaupt bewusst wird. Das Mikro überlässt White dabei zum Großteil Kollegin Alison Mooshart (The Kills), die zu den mal mehr, mal weniger harten Riffs von Dean Fertita (Queens of the Stone Age) und Jack Lawrence (The Greenhornes, The Raconteurs) wie eine wild gewordene Furie tobt und zetert, während White zur Abwechslung mal wieder seine Schlagzeugkünste unter Beweis stellt und im Hintergrund gekonnt mit seinen Drumsticks herumwirbelt.
Diese Arbeitsteilung erweist sich schon im aufbrausenden Opener "60 Feet Tall" als höchst effizient, sorgen Whites Schlagzeug-Spielereien in Verbindung mit bluesig aufheulenden Gitarren und nicht minder tosendem Gesang für einen herrlich rauen, rotzigen Sound. Auch das infernalische "Hang You From the Heavens" rumpelt richtig schön und brennt sich mit seinen markanten, dreckigen Riffs förmlich ins Trommelfell. Nicht ganz so diabolisch, dafür teils von wahnwitzigen Würgegeräuschen untermalt, liefern sich Mooshart und White im von Reggae-Rhythmen und Orgel getriebenen "I Cut Like a Buffalo" ein knallhartes Duell im Sprech- und Shout-Gesang. Ein wirklicher Gewinner kristallisiert sich da jedoch nicht heraus, denn die beiden klingen keifend sogar so ähnlich, dass man bei so manch einem Song nicht so recht weiß, wer da jetzt eigentlich ins Distortion-Mic faucht.
Dass Alison Mooshart aber nicht nur wunderbar wütend schnauben kann, sondern auch gehörig viel Soul in der Stimme hat, offenbart sie auf höchst beeindruckende Weise im düster brodelnden "So Far From Your Weapon", einem gleichermaßen schleppenden wie dringlichen Song, der durch sein Call-and-Response-Schema eine äußerst spannende Dynamik aufkommen lässt. Wieder wesentlich wilder kommt "Treat Me Like Your Mother" daher, ein bissiges Monster von Song, das wie eine nicht ganz unironische Kreuzung von Rage Against the Machine und Limp Bizkit ertönt und einen dementsprechend völlig sprach- und atemlos zurücklässt.
Ob The Dead Weather nun in "Rocking Horse" den Wilden Westen musikalisch zum Leben erwecken, dem Dylan-Klassiker "New Pony" ein gellendes Noise-Gewand überziehen, sich im großartigen Instrumental-Song "3 Birds" durch psychedelische Rockgefilde schlängeln oder ganze sechs Minuten im bedächtigen Schlusstrack "Will There Be Enough Water?" vor sich hin jammen (bzw. bluesen) – es braucht immer mehrere Anläufe, um sich in ihrem sperrigen, verzwackten Werk zurechtzufinden. Denn ihr unberechenbarer Sound ist nicht ganz einfach zu verdauen, geschweige denn zu fassen. Vielmehr wünscht man sich manchmal einen roten Faden, eine Art Hilfslinie, an der man sich als Hörer orientieren und durch das Album hangeln kann, um sich nicht ganz so verloren zu fühlen angehörs der zwar atmosphärischen, aber zum Teil recht befremdlichen Noisemalereien auf "Horehound". So tappt man aber größtenteils doch ganz allein im Dunkeln. Aber vermutlich macht gerade das den Nervenkitzel dieser Platte aus.
Fazit
Straightforward und doch komplex ist "Horehound" geraten und die Folge davon ist ein wunderbar ruppiger Groove, der sich einem zwar nicht zwangsläufig nach dem ersten Hören offenbart, dem man sich aber letztendlich einfach nicht entziehen kann.
Anspieltipps
So Far From Your Weapon
New Pony
3 Birds
Will There Be Enough Water?
Artistpage
Tracks
1. | 60 Feet Tall | |||
2. | Hang You From The Heavens | |||
3. | I Cut Like A Buffalo | |||
4. | So Far From Your Weapon | |||
5. | Treat Me Like Your Mother | |||
6. | Rocking Horse | |||
7. | New Pony | |||
8. | Bone House | |||
9. | 3 Birds | |||
10. | No Hassle Night | |||
11. | Will There Be Enough Water? |
Paulina Banaszek - myFanbase
01.08.2009
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (US): 14.07.2009Veröffentlichungsdatum (DE): 10.07.2009
Genre: Rock
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Aktuelle Kommentare
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