The Motown Years 50

In Erinnerung behalten wird man Michael Jackson für vieles. Für "Thriller" und revolutionäre Videoclips, für seine unverwechselbare Stimme und den Moonwalk, für gesellschaftskritische Texte und soziales Engagement, aber eben auch für seine höchst exzentrische Persönlichkeit und Lebensweise. Die Zeit vor der großen Solokarriere, die noch nicht so von Größen- und Schönheitswahn gezeichnet war, musste schon oft als Erklärung für all die Eigenarten und Skandale des Kings herhalten. Dabei waren die frühen Jahre auf der Bühne für Little Michael trotz (über-)forderndem Vater Jackson vermutlich noch die unbekümmertsten. Zumindest gemessen an der Musik, die der junge Jacko damals fabrizierte – mit und ohne Unterstützung der restlichen Jackson 4.

"The Motown Years 50", eine Compilation, die bereits letztes Jahr zu Ehren Jacksons 50stem Geburtstag veröffentlicht wurde, bietet auf drei CDs 50 Songs aus eben jener unbeschwerten Zeit vor dem ganz großen (Stimm- und) Durchbruch. Songs, in denen Michael Jackson mit seiner Stimme noch eine derart kindliche Arglosigkeit und Naivität transportierte, dass man selbst gar nicht anders konnte, als einfach bloß selig grinsend mitzusingen, zu schnipsen und zu klatschen ("Little Bitty Pretty One"). In dieser Hinsicht steht das wundervolle Groove-Monster "Hum Along and Dance" stellvertretend für das gesamte Album.

Verpackt in den für Motown so typischen, ansteckenden Soul-Sound mit Backgroundchören und üppiger, aber selten allzu dick aufgetragener Instrumentierung, thront der jugendliche Jackson-Gesang mal über einem Schwall von Streichern und Bläsern ("Forever Came Today"), mal über verspielten Flöten- und Glockenspieleinlagen ("Never Can Say Goodbye"), aber so gut wie immer über scheinbar allgegenwärtigem Orgelspiel. Und auch ausufernde Gitarrenparts kommen alles andere als zu kurz, geben sie hier und da ("I Am Love") sogar deutlich den Takt an.

Stets an der Grenze zur Schwülstigkeit, reicht allerdings kaum ein Track wirklich an die Qualität des späteren Solo-Materials Michael Jacksons heran. Dafür wirken die Jackson 5 schlicht zu glattgebügelt und gleichförmig, klingen zu sehr nach Motown anstatt nach sich selbst. Trotzdem haben sich solche Meilensteine des Sixties/Seventies-R'n'B-Pop wie "ABC" und "I Want You Back" ihren Platz in den Geschichtsbüchern der Charts wahrlich verdient. Frisch, frech und fröhlich – drei Attribute, die auf Michael Jacksons spätere Meisterwerke ja so gar nicht zutreffen, kommen hier in Reinform zur Geltung. Und während Knaller wie "Dancing Machine" und "Single Dad" selbst heute noch tierischen Spaß machen, wird "Ready or Not" für die heutige Jugend, die wahrscheinlich mit der Fugees-Version des Songs aufgewachsen ist, wohl eher ein wenig befremdlich klingen.

Auf den ersten beiden CDs wird jedenfalls kein einziger Jackson 5-Hit ausgelassen. Die dritte Platte reduziert sich wiederum bloß noch auf den einen Jackson - the one and only, der schon damals über Stimmbänder verfügte, die man immer und überall heraushörte. So brannten sich Songs wie "You‘ve Got a Friend" oder "My Girl" wohl schon damals weniger durch ihre musikalische Raffinesse als durch Klein-Michaels beeindruckenden Gesang tief ins Gedächtnis aller Jackson-Fans. Und so entpuppt sich auch die Cover-Version des an sich schon viel zu überstrapazierten "Ain't No Sunshine" von Bill Withers als stimmliche Offenbarung eines kleinen Prinzen, der zwar noch zum King heranwachsen würde, aber nie so recht erwachsen werden wollte. Man möge ihm wünschen, dass er im Jenseits nun endlich das innere Kind in sich ausleben kann.

Fazit

Wer den großen King of Pop mal in klein erleben möchte, greife zu dieser gelungenen Compilation. Wer klassischen Motown-Arrangements jedoch eher abgeneigt ist, lasse lieber die Finger davon.

Anspieltipps

Forever Came Today

I Am Love

I Want You Back

Sugar Daddy

My Girl

Ain't No Sunshine

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