Bewertung
Muse

The Resistance

"What will come out of that is impossible to say." So Matthew Bellamys Worte, mit denen er sich auf die laufenden Planungen zum fünften Muse-Studioalbum bezog. Nun ist es fertig. Und räumt international ab. In über zehn Ländern ging "The Resistance" von 0 auf 1. In Großbritannien, wo Muse beheimatet sind, und Neuseeland erreichte es Gold, in Australien Platin. Auch hierzulande führten die drei Briten die Charts an.

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Gefüllte Hallen, Millionen verkaufte Platten und deswegen goldene an der Wand, Preise, Auszeichnungen, Ehrungen jeder Art (24, um genau zu sein) – Matthew Bellamy, Christopher Wolstenholme und Dominic Howard ist das nicht fremd. Seit 1994 zusammen und mit "Showbiz" 1999 bekannt geworden, haben sich Muse längst als unumstößliche Alternative-Größe etabliert. Und das ohne Zweifel zu Recht. Wer das neue Londoner Wembley-Stadion komplett füllen kann – und vor allem darf – wie Muse es im Juli 2007 gleich zweimal taten, hat eine ganze Menge richtig gemacht. Man möchte fast meinen, viel Luft nach oben ist da nicht mehr.

Könnte man meinen. Wer wie Muse auf eine 15-jährige Bandgeschichte zurückblicken kann, hat viel erlebt, viel errungen: viel verkauft, viel gespielt und im Laufe seiner Karriere verdammt viele Menschen berührt. Und wenn auf eines in der Musik nicht verzichtet werden kann, dann Letzteres, weil es der Anfang und das Ende ist. Im Grunde sind es schließlich die Herzen, die man erreichen will und muss und können will, wenn man Musik macht. Liebe geht auch, aber eben nicht nur durch den Magen, sondern auch übers Ohr. Und dass ihr Geschäft eines der Sinne ist, dessen sind sich Muse bewusst. Wie nur wenige scheinen Muse mit der Kunst im Großen, im Kleinen und an sich verbandelt. Angefangen beim Bandnamen, bis hin zu den immer artistisch anmutenden Artworks – diese drei Herren sind Feingeister vor dem Herrn. Wenig verwunderlich daher, dass sie sich auch in der Weltkultur zu bewegen wissen und – schwupps – aus ihr zitieren. Aber dazu später.

Angefangen wird, wo vorne ist. Was auch erklärt, wieso Muse gleich den Opener ihres neuen Albums zur ersten Single machten. Ist natürlich auch ein schönes Wortspiel, aber wie gesagt: Feingeister. "Uprising" ist druckvoll, mächtig und vor allem trotzig. Und wie eigentlich immer staunt man nicht schlecht, dass diese Röhre zum sonst eher schmächtigen Matthew Bellamy gehört, der wie seine beiden Bandkollegen auch abseits der Bühne leicht unscheinbar wirkt. Dreijährige Abwesenheit jedenfalls erfordert eine Bestandsaufnahme. Und die wird mit "Uprising" und dem Finger in der Wunde beispiellos geliefert ("They'll try to push drugs that keep us all dumbed down and hope that we will never see the truth around [...] And all the green belts wrapped around our minds and endless red tape to keep the truth confined"). Kant wäre stolz. Und hätte zumindest inhaltlich am Opener seine helle Freude gehabt.

Weniger düster, aber keinesfalls weniger energetisch geht es weiter. Nahezu pompös. "The Resistance" bringt Bellamys Stimme in all ihren Farben und Facetten nicht nur hervorragend zur Geltung; er baut seinem Falsett mit jedem einzelnen Song eine Bühne, auf der er sich richtig austoben kann. Die Mehrstimmigkeit setzt einen angenehmen, im ersten Moment überraschenden Kontrast und das verspielte Keyboard tut alles nun noch Übrige: eine würdige Folge-Single.

Wie virtuos Matthew Bellamy mit seiner Stimme auf den Melodien zu tanzen vermag, hat er oft bewiesen und beweist es auch im Folgenden eindrucksvoll aufs Neue. Und ohne zu übertreiben, erinnert er im Refrain von "United States of Eurasia" stark an den großen Freddie Mercury. Apropos: Ein Querverweis auf einen Weltklassesänger führt geradewegs zu bereits erwähnter Weltkultur. "Mon Cœur S'Ouvre A Ta Voix" - eine Arie der berühmten Oper "Samson Et Dalila" von Camille Saint-Saëns. Sie ist titelgebend für Stück Nummer acht. Und somit das letzte große Highlight, ehe das vielleicht eigentliche Herzstück des Albums, die "Exogenesis"-Trilogie einsetzt. Mit ihr in "Overture" die ersten Streicher: zaghaft, zögerlich. "Cross-Pollination" gibt sich dem Klavier hin, ehe Bellamys Stimme für eine Weile zum Tanz bitte, sich im Walzertakt wiegt, um sich zu sammeln und zu explodieren, leise. Es wird auch das Klavierspiel wieder leise, langsam und erlischt. Der dritte und letzte Teil, "Redemption", nimmt es wieder auf. Fünfzehn Minuten lang die Gefühlstastatur auf und ab geklimpert. Gelacht, geweint, zu schnell vorbei.

Fazit

In Muse und ihre Musik haben sich über die Jahre Millionen Ohren und Herzen verliebt. Wer liebt, gibt und nimmt. Und kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. In regelmäßigen Abständen heben Muse für ihre Fans aus den Abgründen des Lebens Kunststücke ans Tageslicht. "Kunststücke" - an dieser Stelle absolut wörtlich zu nehmen.

Anspieltipps

Uprising

Resistance

United States of Eurasia (+ Collateral Damage)

Guiding Light

I Belong To You (+ Mon Cœur S'Ouvre A Ta Voix)

Artistpage

Muse.mu

Tracks

1.Uprising
2.Resistance
3.Undisclosed Desires
4.United States Of Eurasia (+ Collateral Damage)
5.Guiding Light
6.Unnatural Selection
7.MK Ultra
8.I Belong To You (+ Mon Cœur S'Ouvre A Ta Voix)
9.Exogenesis: Symphony Part 1 (Overture)
10.Exogenesis: Symphony Part 2 (Cross-Pollination)
11.Exogenesis: Symphony Part 3 (Redemption)

Aljana Pellny - myFanbase
15.10.2009

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