The Unforgettable Fire (Remastered)
Im Sommer waren U2 noch mit ihrer gigantischen Show in den Stadien Europas unterwegs. Nun sind sie in Amerika und die Fans auf dem Heimatkontinent müssen bis zum nächsten Jahr auf weitere Konzerte ihrer Helden warten. Der perfekte Zeitpunkt, um das Warten mit einem neuen Teil der Remasters-Reihe zu überbrücken.
Im Herbst 1984 sollte sich für eine der größten Rockbands aller Zeiten mit der Veröffentlichung ihres vierten Studioalbums "The Unforgettable Fire" einiges ändern. U2 änderten ihren Sound maßgeblich im Vergleich zum furiosen, lauten Vorgänger "War", was wohl auch am neuen Produzentenduo Brian Eno (Gründungsmitglied von Roxy Music) und Daniel Lanois (produzierte zuvor erfolgreich Martha And The Muffins und später Peter Gabriel) lag. Anders als noch auf dem Vorgänger ordneten sich das vorher sehr markante Schlagzeug und auch der Bass mehr dem Gesamtsound unter. Auch lyrisch änderte sich einiges. Bonos Lyrics wurden weltoffener und toleranter, dadurch wurde sie zudem geheimnisvoller und tiefgründer und hinterließen einen großen Interpretationsfreiraum.
Bereits der Opener gibt genau den Ton des gesamten Albums an. "A Sort Of Homecoming" ist ein perfekter, wenn auch ruhiger Beginn. Der zwangsläufige Vergleich zu "War" lässt wieder den Unterschied erkennen. Während der Vorgänger laut und extrem mit dem Politkracher "Sunday Bloody Sunday" startete, geht es auf "The Unforgettable Fire" besonnener zu. Der mächtige Bass, die frisch klingende Gitarre und das punktgenaue Drumspiel ergeben einen tollen atmosphärischen Sound, der auch nach all den Jahren nichts an Qualität verloren hat. Spätestens wenn Bono am Ende des Stücks "And Your Heart Beats So Slow - Through The Rain And Fallen Snow - Across The Fields Of Mourning - Lights In The Distance" seinen Stimmenbändern entlockt, hat er den Hörer gefangen genommen. Mit "Pride" folgt ein Klassiker der Bandgeschichte. Das Stück war wohl der erste bewusste Versuch, auf dem Massenmarkt Fuß zu fassen. "Pride" ist deshalb oberflächlich betrachtet eher konservativ und einfach gehalten, doch bei genauer Analyse fällt die Genialität des Songs auf. Besonders das virtuose Gitarrenspiel von The Edge setzt der Erfolgssingle die Krone auf. Nie zuvor hat der Ausnahmegitarrist so kreativ und furios gespielt. Eigentlich wiederholt sich während des ganzen Ablaufs nicht eine Akkord- oder Tonfolge, so dass die Gitarre den Leadpart übernimmt und sogar Bonos gesangliche Lobpreisung an Martin Luther King in den Schatten stellt. Im Schatten des Albums steht zuweilen oft auch das großartige "Wire", welches für mich eines der besten Stücke der Band ist. In dem Anti-Drogensong funktionieren und harmonieren alle Elementen perfekt - ein wahrer Genuß für die Ohren.
Etwas ungewöhnlich für den bisherigen Sound der Band waren auch die treibenden Keyboardklänge im epischen Titeltrack ("The Unforgettable Fire") des Albums. Inspiriert vom Atombombenabwurf auf Hiroshima ist U2 hier ein ganz großer, musikalischer Wurf gelungen. Während der Text sehr düster und bedrückend ist ("These City Lights, They Shine As Silver And Gold - Dug From The Night, Your Eyes As Black As Coal") wurde musikalisch gegensätzlich mit lebendigen und heiteren Motiven gearbeitet. Im weiteren Verlauf folgen zwei kurze Stücke, die nicht mit großen Highlights oder Epik glänzen. "Promenade" erarbeitet sich die Begeisterung viel mehr durch atmosphärisch dichte Sounds und einem tollen Text. Musikalisch bietet der Song dennoch die typischen U2-Trademarks, mit satten Clayton-Bässen und der markanten Gitarre von The Edge. "4th Of July" ist ein angeblich zufällig entstandenes Instrumentalstück, welches Produzent Eno bei einem Jam von Bono und The Edge "heimlich" mitschnitt und fertig produzierte. Musikalisch erinnert das an die ersten beiden Alben der Band, ist für mich dennoch das schwächste Stück des Albums.
"Bad" ist ein weiterer Song der sich dem leidlichen Drogenthema widmet. Das Stück ist ein weiterer Bandklassiker, der noch heute bei den Konzerten vom ganzen Stadion frenetisch gefeiert wird. Das herausragende Stück glänzt durch Bonos explosiven, ergreifenden Gesang und dem tollen Instrumentalzusammenspiel von Clayton, Mullen und The Edge. Müssten sich U2-Fans dieser Welt auf das beste Stück der Band einigen würde "Bad" sicherlich ganz vorne mit dabei sein. Mit "Indian Summer Sky" folgt das wohl schwächste Stück nach "4th Of July". Die einzelnen Ideen im Song sind absolut überdurchschnittlich, in der Gesamtheit kann das Paket jedoch nicht mit den Glanzlichtern des Albums mithalten. Es bleibt ein gutes Lied, aber eben kein überragendes. Ein kleiner Geniestreich ist Produzent Brian Eno mit "Elvis Presley In America" gelungen. Ein faszinierender Bono spricht über den King in einer mal murmelnden, mal energischen Weise über eine rhythmisch verzögerte Fassung von "A Sort Of Homecoming". Das mag kurios klingen und das ist es auch. Dafür ist es aber auch ein ganz großer Moment von "The Unforgettable Fire". Abgeschlossen wird U2s viertes Werk mit dem positiv gestimmten "MLK", dass auch auf der aktuellen Tour wieder zu genießen ist. Bono singt wundervoll den Regen herbei über stimmige, beruhigende Synthies und schließlich mündet das Album im Fade-Out.
Soviel zu den Stücken des Albums - Nun zum Sound. Wer das "The Joshua Tree"-Remaster aus dem Jahr 2007 kennt, kann sich ungefähr vorstellen wie "The Unforgettable Fire" im Jahr 2009 klingt. Man darf keine Quantensprünge erwarten. Es ist viel mehr eine kleine Detailkorrektur, die sich in Rauschunterdrückung, Verschiebung der Höhen und Tiefen, und Verstärkung des klanglichen Drucks erkennbar macht. Grundlegend ist die Mission gelungen, wer aber wie ich auch die 1984er Auflage des Albums im Regal stehen hat, kann getrost auf einen weiteren Kauf verzichten. Es sei denn, man entscheidet sich für die Deluxe Version des Remasters, das mit einer Bonus CD (mit vielen B-Seiten und Outtakes) und einer zusätzlichen DVD (Live Auftritte, Videos, Dokumentationen) in einem schön aufgemachten Package (optisch 1:1 wie das angesprochene "The Joshua Tree" Remaster) daher kommt.
Fazit
"The Unforgettable Fire" ist ein unnachahmbares Meisterwerk einer der größten Bands aller Zeiten. Viele Klassiker wurden auf diesem Album geboren und auch das Gesamtwerk gehört zu den besten Alben die U2 geschrieben haben. Sammler und Fans kommen um die Deluxe-Fassung des Remasters nicht herum. U2-Neueinsteiger oder -Fans denen das Album noch in der Sammlung fehlt, können auch bei der Einzel-CD Version bedenkenlos zuschlagen. Allen anderen sei gesagt, dass das Album immer noch magisch ist, aber klanglich nur unwesentlich besser ist als die Originaloption.
Anspieltipps
A Sort Of Homecoming
Pride
Wire
The Unforgettable Fire
Bad
Artistpage
Weitere Ausführungen
Tracks
1. | A Sort Of Homecoming | |||
2. | Pride (In The Name Of Love) | |||
3. | Wire | |||
4. | The Unforgettable Fire | |||
5. | Promenade | |||
6. | 4th Of July | |||
7. | Bad | |||
8. | Indian Summer Sky | |||
9. | Elvis Presley & America | |||
10. | MLK |
Christian Finck - myFanbase
26.10.2009
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 23.10.2009Genre: Rock
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