Bewertung
Jamie Cullum

The Pursuit

Während er 2003 auf dem Cover seines Durchbruchalbums noch über ein Klavier sprang und bei Liveauftritten regelmäßig auf ihm tanzt, steht er nun seelenruhig vor einem in die Luft fliegendem Yamaha-Flügel. Dieses Coverbild macht den Albumtitel "The Pursuit", also "Das Streben nach...", mehr als interessant. Ja, nach was strebt der kleine Herr Cullum denn? Nach Zerstörung und Chaos? Nach musikalischer Revolte? Oder gar der Abkehr von seinem Lieblingsinstrument?

Foto: Copyright: Decca
© Decca

Letzterer Verdacht kann zwei Sekunden nach "Play"-Drücken unverzüglich ausgeräumt werden: Sich selbst auf dem Piano begleitend leitet Jamie sein Major-Album #4 ein. Es folgen ein Cole-Porter-Cover und ein von ihm selbst (mit-)geschriebener Song, die rasch deutlich machen, dass sich an seiner Albumstrategie, Cover und Neues gemeinsam zu präsentieren, nichts geändert hat. Und das freut, denn das funktionierte bisher auf allen Alben prächtig – und tut es auch nach vier Jahren Silberscheiben-Pause.

Obwohl er sich auch mal im Swing, im Pop, im Trip Hop, im Musical und am Ende sogar im Dance bedient, mutet der Brite dem Hörer nicht zu viele Stile oder unstimmige Songaneinanderreihungen zu. Auch wenn man skeptisch sein könnte: Das Count Basie Orchestra passt vor seine radiotaugliche erste Single, die Jam-Session "You and me are gone" vor das verblüffend geniale Rihanna-Cover, die aus den 30ern hätte stammen könnende Ballade "I think, I love" vor erstklassigen Trip Hop, ein "Sweeney Todd"-Stück vor den stürmischen House und Bläser kombinierenden Abschluss.

Natürlich ist das Ganze im Endeffekt poppiger und kein purer Jazz, doch entfernt Jamie sich nie zu weit vom Jazz an sich, als dass er nicht mehr als ernsthafter Künstler in jenem Genre eingeordnet werden könnte. Von der jazzigen Lust zum Experimentieren und – zumindest live, aber irgendwie meint man es auch auf Platte durchschimmern zu hören – zum Improvisieren. Und von seinen schwarzweißen Tasten natürlich schon gar nicht – Mr. Cullum ist nämlich bei weitem nicht nur ein begnadeter Sänger, Crooner und Komponist.

Fazit

Nicht nach Chaos, sondern nach vielfältiger Einheit strebt der 30-jährige Golden Globe- und Grammy-Nominierte also. Nicht nach Anpassung und Kategorien, sondern nach Freiheit und Wagnissen. Nicht nach Wiederholung, sondern nach Neuem. Und, tja, nach Revolution aber sicher doch ein wenig... Aber eben auf streberhafte Art. Denn es will sich einfach kein Anlass zum Tadel finden lassen.

Anspieltipps

I'm all over it

Don't stop the music

I think, I love

Music is through

Artistpage

JamieCullum.de

Tracks

1.Just One of Those Things
2.I'm All Over It
3.Wheels
4.If I Ruled the World
5.You and Me Are Gone
6.Don't Stop the Music(Rihanna cover)
7.Love Ain't Gonna Let You Down
8.Mixtape
9.I Think I Love
10.We Run Things
11.Not While I'm Around
12.Music Is Through

Micha S. - myFanbase
24.11.2009

Diskussion zu dieser CD