Warning
Mit dem im Jahr 2000 erschienen "Warning" schlugen Green Day eine neue Richtung ein. Viele Lieder auf diesem 41:14 Minuten langen Album sind, im Gegensatz zu ihren Vorgängern, mit Akustikgitarre eingespielt. Wie auch schon bei "Nimrod" werden subtil andere Stile und Instrumente eingebunden. Man könnte denken, die Zeit der punkigen, einer Explosion gleichenden Songs ist vorüber, oder man versteht die Lieder von "Warning" als musikalisch reifere Auswüchse, die nach fünf energiegeladenen Alben auch mal niedergeschrieben und auf Vinyl und als CD verewigt werden mussten.
Question Everything?
Was sonst?! Green Day hat sich, bekanntermaßen, nie mit den herrschenden Konditionen zufrieden gegeben, wie man besonders am Nachfolger-Album "American Idiot" sehen kann, und in ganz alter Manier wird die übertriebene Vorsicht in "Warning" angeprangert, die sich so sehr verstärkt hat, dass sich Billie Joe Armstrong fragen muss: "Is it the cop or am I the one that's dangerous?" Klare Botschaft: Lebe dein Leben jetzt! Mit ohrwurmverdächtigen und zum Mitsingen motivierenden Refrain ist "Warning" ein sehr guter Start in ein großartiges Album, der repräsentativ für das Album ist. "Blood, Sex and Booze" handelt von S- und M-Praktiken. Insofern überrascht es nicht, dass eigens für den Anfang des Songs eine Domina bestellt wurde, um Peitschenhiebe im Lied zu haben. Das Lied ist eines der Highlights dieses Albums. Wiederum regt es zum Mitsingen an, allerdings muss man dieses Mal darauf achten, wer das Publikum ist: Konservative Eltern sind da keine so gute Idee. "Church on Sunday" kann zu Anfang nicht recht überzeugen, geht dann aber schnell in einen einprägsamen Refrain über und bleibt danach auch weiterhin auf gutem Niveau.
Die Lückenfüller "Fashion Victim" und "Castaway" sind Lieder, die man, liefen sie im Radio, nicht wegschalten, aber bei freier Wahl doch eher zu einer Perle wie das darauf folgende "Misery" greifen würde. Die ungewöhnliche Anfangsmelodie, von Drummer Tré Cool auf dem Akkordeon gespielt, verliert sich schnell und geht über in einen von spanisch-/russischer Musik inspirierten Teil, der begleitet wird von Billie Joe Armstrongs Gesang, der die Geschichte von vier mit Problemen belasteten Menschen erzählt. Dieser Song weicht sehr von dem typischen Green-Day-Schema ab, aber die eingängige Melodie, bei der man am liebsten den Takt mit dem Fuß tippen oder gleich ganz mittanzen würde, veranlasst einen diesen Song zu lieben.
"Deadbeat Holiday" ist wieder ein Lückenfüller, der einem aber in Erinnerung zurück bleibt. Der Anfang macht nicht gleich Lust auf mehr, aber spätestens beim Refrain ist man voll im Lied drin und man merkt, das dies wieder ein Lied ist, bei dem man nicht still sitzen möchte. Kleinigkeiten wie die Weihnachtsglocken, die zwischendurch bei "Christmas lights in the middle of August" zu hören sind, und die Zeile, in der Billie Joe seiner in der Waschmaschine/Trockner verstorbenen Katze gedenkt ("and the cat's caught in the dryer") machen das Lied zu etwas Besonderem.
"Hold On" stellt (relativen) Tiefpunkt von "Warning" dar. Ein Lied für einen suizidgefährdeten Menschen zu schreiben, ist eine wundervolle Geste und sollte dem Song auch Charakter geben, tut es aber nicht. "Hold On" fehlt einfach das gewisse Etwas, was es zu einem besonderen Lied macht, obwohl sich das Trio Mühe gemacht hat, mit einer Mundharmonika etwas Abwechslung rein zu bringen. Gerade der Einsatz der Mundharmonika und die Melodie des Liedes zeigen aber gut, welchen Einfluss die Beatles auf Green Day haben.
Mit Zeilen wie "Everybody loves a joke, but no one likes a fool" spielt "Jackass" überspitzt auf die "Jackasses" (zu deutsch "Esel") der Gesellschaft an: Leute, die keinen Charakter oder Persönlichkeit haben und immer mit den selben unlustigen Witzen ankommen. Zwar wird, wie bei allen Liedern auf "Warning" viel Wert auf den Text gelegt, "Jackass" funktioniert aber auch ohne ihn. Die Musik kommt sehr positiv rüber und das Saxophon ist gut eingebaut worden.
Endspurt: Die drei letzten Songs dieses Albums gehören zu den besten in Green Days Repertoire. Anders als "Hold On", wo ganz klar mit dem Songtext Hoffnung verbreitet werden sollte, funktioniert es bei "Waiting" mit Musik, obwohl der Text hier auch nicht gerade demotivierend ist. Geschrieben zu der leicht veränderten Melodie von Petula Clarks Hit "Downtown", ist "Waiting" einer der Höhepunkte dieses Albums und allein schon als Grund ausreichend eben jenes zu kaufen. Inhaltlich handelt das Lied davon, Chancen zu nutzen, vorwärts zu gehen, auch wenn man nicht richtig weiß, wohin es einen führen wird. Mit dem mehr als deutlichen Weckruf "Wake Up!" wird man schon auf "Minority" vorbereitet, das Lied, das wohl am meisten Punk ist auf diesem Album. Green Day wurden mit Punk vertraut gemacht, als diese Musikrichtung und ihre Anhänger die Außenseiter der Gesellschaft waren. Punk hieß ein Individuum zu sein und was ist ein einzelner Mensch im Vergleich zur großen, angepassten Mainstream-Masse, ganz klar eine Minderheit, a Minority. Billie Joe Armstrong macht klar, dass er keine Zustimmung braucht, um sein "eigenes Ding" zu machen. Das tolle an "Minority" ist, dass man schon direkt nach dem ersten Hören mitgrölen kann. Der Text ist simpel und die Musik nicht anspruchsvoll. Musikalisch und thematisch gesehen hätte es eigentlich auf jedem Green-Day-Album landen können.
Den (gelungenen) Abschluss bildet "Macy's Day Parade". Es ist die Schlichtheit, die diesen Song so besonders macht. Eine Akustik-Gitarre, die musikalisch nichts aufregendes spielt und nur zur Untermalung gedacht ist, ein Schlagzeug, das den Takt angibt, und Billie Joes Stimme, auf der offensichtlich das Hauptaugenmerk liegt. Sie erzählt davon, dass aus wirklich allem Profit geschlagen wird und man alles kaufen kann, aber man doch nicht richtig glücklich wird. Zufriedenheit und Trost kann man nun mal nicht kaufen. "Warning" endet ruhig. "Macy's Day Parade" lässt das Album gut ausklingen und man behält es gut in Erinnerung.
Fazit
Green Day haben sich an etwas Neues herangewagt und sollten auch dazu stehen, denn "Warning" ist eines der besten (und leider auch unterbewertesten) Green-Day-Alben. Jede Band macht (oder vielmehr sollte es) Veränderungen durch und experimentiert. Bestes Beispiel: Kaum ein Lied auf den beiden The Clash Alben "Sandinista" und "London Calling" könnte man als puren Punk bezeichnen und trotzdem werden sie als DIE Punk-Band gehandelt. Das Wichtigste ist einfach, dass man Green Day noch wieder erkennt und das tut man auch. Das beweisen tausende von Green-Day-Fans, die "Warning" und "Dookie" mögen.
Anspieltipps
Misery
Waiting
Blood, Sex and Booze
Artistpage
Tracks
1. | Warning | |||
2. | Blood, Sex and Booze | |||
3. | Church On Sunday | |||
4. | Fashion Victim | |||
5. | Castaway | |||
6. | Misery | |||
7. | Deadbeat Holiday | |||
8. | Hold On | |||
9. | Jackass | |||
10. | Waiting | |||
11. | Minority | |||
12. | Macy's Day Parade |
Ameli H. - myFanbase
13.01.2010
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (US): 03.10.2000Veröffentlichungsdatum (DE): 02.10.2000
Genre: Punk, Pop
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