Alles Rot
Lange war unklar, ob Silly nach dem Tod von Leadsängerin Tamara Danz jemals wieder einen Neuanfang wagen, doch nach vierzehn Jahren hat die Band in Schauspielerin und Sängerin Anna Loos die perfekte Nachfolgerin gefunden. Loos ist bereits seit 2006 ein (fast) fester Bestandteil von Silly. So ist es auch kein Wunder, dass die Band nun von einem zweiten Debüt spricht. Nach ihrem letzten Studioalbum "Paradies" aus dem Jahr 1996 wurde am 19. März 2010 endlich wieder ein neues Album veröffentlicht. Lange mussten Fans auf dieses Studioalbum warten.
Silly haben drei Jahre an ihrem Studioalbum "Alles Rot" gearbeitet, drei Jahre harte Arbeit, drei Jahre, die sich wirklich gelohnt haben. Dass man sich Zeit ließ, hat viel mit Respekt vor der Bandgeschichte zu tun, weiß Anna Loos zu berichten, was man als Silly-Liebhaber vollkommen nachvollziehen kann. "Für die Drei ist Silly keine Band, es ist ihr Leben. Das merkt man schon, wie sie damit umgehen. Nichts wird dem Zufall überlassen oder in andere Hände gegeben, sondern so lange daran gearbeitet, bis alle zufrieden sind." Die Bandmitglieder Uwe Hassbecker, Ritchie Barton und Jäcki Reznicek haben in Anna Loos ihre neue Sängerin gefunden, und mit ihr wagen sie nun einen Neuanfang als Band. Alle Texte wurden wiederum von Werner Karma, der zurückkehrte, geschrieben und produziert haben die Scheibe Ingo Politz und Bernd Wendlandt, die man beide unter anderem von der Zusammenarbeit mit Silbermond kennt.
Die Band ist bekannt für ihre komplexen Texte, sodass man oft nicht auf Anhieb versteht, um was es eigentlich geht, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass man es beim zweiten Hören dann schon begreift. Textlich wie musikalisch sind Silly ihrem Stil treu geblieben. Auf solch intelligente Texte muss erst einmal jemand kommen. Das nenne ich eine wahre Kunst. Werner Karma ist für mich ein ganz großer unter den Textautoren, der nach wie vor das richtige Gespür für Zeit und Raum, aber auch Sinn und Sinnlichkeit hat.
Der Opener "Alles Rot", ein Stück, welches sich mit dem Fremdgehen und einer verschmähten Liebe befasst, gibt den Weg vor, den das sogenannte zweite Debütalbum von Silly einschlägt. Großartige Arrangements von Hassbecker, Barton und Reznicek, die manchmal sogar akustisch werden. Balladen mit rockigen Elementen, aber auch Rocksongs im Ganzen, so wie man es von Silly gewohnt ist. "Ich sag nicht Ja", die erste Singleauskopplung aus dem Album "Alles Rot", geht ab wie Schmidts Katze, denn bei diesem dominieren klar die Gitarren und Looses klare und kräftige Stimme. Auch die Aussage des Titels, nicht immer "Ja" zu sagen, sondern sich zu einem "Nein" durchzuringen, damit mehr Kompromisse entstehen, weil es schon zu viele Jasager gibt, geht an einem nicht spurlos vorbei. Die nächsten beiden Tracks "Erinnert" und "Nackter als du" befassen sich mit Sehnsucht und Glück. Von beiden gefällt mir "Erinnert" am besten, da dieser ins Akustische abdriftet und für pure Gänsehaut sorgt. Doch "Nackter als du" ist nicht weniger brillant.
Der fünfte Track "Findelkinder" ist vor allem wegen seiner Lyrik anspruchsvoll. So handelt er von Reichtum, und dass dieser im Leben wahrlich nicht alles ist. Er eigentlich einsamer macht, als man denkt und wahrhaben möchte, weshalb der Song größtenteils ironisch wirkt. Während es mit dem Piano unterlegten "Flieger" noch einmal etwas ruhiger wird, bekommt man mit "Mein Kapitän" einen ordentlichen Rocksong geliefert, bei dem sich die Band mit dem Vertrauen auseinandergesetzt hat. Es ist schon manchmal seltsam, aber ebenso genial, wie man Themen oder seine Anliegen in die merkwürdigsten Texte, wie in diesem Fall über einen Kapitän, Piraten etc. einbinden kann, die dann auch noch glücken. Toll bei diesem Stück ist, dass hier auch mal die anderen Bandmitglieder beim Refrain zum Einsatz kommen, was ich schon leicht vermisst habe. Mit "Leg mich fest" wird es dann wieder ruhiger. Anna Loos bringt den Song über die Suche nach Liebe, einem Zuhause und das Verlorensein ausdrucksvoll und mit sehr viel Gefühl herüber.
"Warum ich" spiegelt Hoffnungslosigkeit, Traurigkeit und Angst vor Enttäuschungen wider, kommt allerdings erst ziemlich zum Schluss auf den Kern der Aussage, was mich im Großen und Ganzen an die provokanten Stücke von früher erinnert. Dazu kam dieses Mal ein Orchester zum Einsatz, was die Stimmung noch melancholischer machte. Die nächsten Titel "Ich verlasse mich", eine rockige Liebesballade, und das melancholische "Die Furcht der Fische", welches sich mit etlichen Situationen über die Furcht vor bestimmten Ereignissen auseinandersetzt, können nicht mehr so ganz mithalten mit den Vorgängerstücken, was der Bewertung aber nicht schadet. Mit "Höhle" und dem Abschlusssong "Sonnenblumen", den Silly für die verstorbene Tamara Danz geschrieben haben, kehren Silly wieder zur Anfangshochform zurück. Bei "Sonnenblumen", ein durchweg akustisches und bewegendes Stück, bleibt kein Auge trocken, da man automatisch Tamaras Gesicht vor Augen hat.
Das Album "Alles Rot" überzeugt auf ganzer Linie. Silly hat immer noch den Wiedererkennungswert wie vor Jahren, nur dass heute eine Anna Loos die Songs präsentiert und das sehr souverän und überzeugend, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Die Stücke sind nach wie vor authentisch, bieten reichlich Power und wurden kraftvoll umgesetzt. Es sind aus dem Leben gegriffene Songs, so kennt und so liebt man Silly. Das Album umfasst dreizehn Songs, die einen musikalisch, aber auch textlich fesseln und in ihren Bann ziehen. Besser geht's wirklich nicht.
Die Deluxe Edition von "Alles Rot" enthält einen weiteren Track ("Noch") und eine DVD mit der Dokumentation "Alles Silly".
Fazit
Ich habe lange auf dieses Album gewartet und ich liebe es! Für mich gelten Silly jetzt schon als das Comeback des Jahres. "Alles Rot" ist seit Langem das beste deutsche Album, das ich gehört habe.
Anspieltipps
Alles Rot
Ich sag nicht Ja
Erinnert
Flieger
Leg mich fest
Sonnenblumen
Artistpages
Tracks
1. | Alles Rot | |||
2. | Ich sag nicht Ja | |||
3. | Erinnert | |||
4. | Nackter als du | |||
5. | Findelkinder | |||
6. | Flieger | |||
7. | Mein Kapitän | |||
8. | Leg mich fest | |||
9. | Warum ich | |||
10. | Ich verlasse mich | |||
11. | Die Furcht der Fische | |||
12. | Höhle | |||
13. | Sonnenblumen | (für Tamara) |
Dana Greve - myFanbase
23.03.2010
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 19.03.2010Genre: Rock, Pop
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