The Beautiful Fall
Sollte das Glück dieser Erde tatsächlich auf dem Rücken der Pferde liegen, müsste bei der Anhängerschaft von Bunny Lake schon allein der Anblick des neuen Albumcovers einen Endorphinschub auslösen. Wenn dann auch noch der stampfende Disco-Beat einsetzt und den Adrenalinspiegel entsprechend in die Höhe schnellen lässt, droht "The Beautiful Fall" den Hormonhaushalt endgültig durcheinander zu bringen. Grund genug, an dieser Stelle (er)nüchtern(de) Bilanz zu ziehen.
Schwanensee ade, Häschensee olé! So, oder so ähnlich, lautet wohl die Parole, die derzeit in der Wiener Partylandschaft kursiert. Während man in gehobenen Kreisen ehrfürchtig den Klängen zu besagtem Tschaikowski-Ballett lauscht, versetzt auf den Tanzflächen diverser Nachtclubs ein in der Donaumetropole beheimatetes Electronic-Duo namens Bunny Lake tanzwütige Nachtschwärmer reihenweise in Ekstase. Obwohl es sich bei "The Beautiful Fall" bereits um das dritte Album des Underground-Musikers Christian Fuchs und der unter dem Künstlernamen "Suzy On The Rocks" agierenden Theresa Rotschopf – ja, trotz irreführendem Nachnamen die Blondine auf dem Cover – handelt, stellt die jüngste Veröffentlichung eine Art Premiere dar. Erstmals strecken, die für ihren bislang eher düsteren Dancefloor-Sound bekannt gewordenen Musiker, ihre Fühler in Richtung Synthie-Pop aus. Und siehe da, die aktuelle Singleauskoppelung findet prompt den Weg ins heimische Mainstream-Radio.
Ungeachtet der neuen musikalischen Ausrichtung bleibt inhaltlich alles beim Alten: Bunny Lake machen nicht nur Musik für, sondern auch über Diskobesuche. Unverblümt singt das Duo von den Höhen und Tiefen exzessiver Partynächte – Erfahrungen mit so manch bewusstseinsverändernder Substanz, Selbstaufgabe, Absturz und Katerstimmung inklusive. Mal schlüpft man dabei in beinahe schon futuristisch anmutendes Space-Disco-Gewand ("Into The Future"), mal schwelgt man auffallend melancholisch in Erinnerungen an prägende Erlebnisse in der Vergangenheit ("1994"). Und natürlich darf in dem Zusammenhang auch eine Coverversion von Falcos skandalträchtiger Mozambin-Hymne "Ganz Wien" nicht fehlen. Wenn schon, denn schon.
Ob und in welchem Ausmaß das Besungene autobiographische Züge trägt, entzieht sich der Kenntnis des außenstehenden Hörers. Voreilige Schlüsse sollte man jedenfalls nicht ziehen, zumal Bunny Lake durchaus an der Nase herumzuführen wissen. So könnte man Herrn Fuchs anhand der Songtitel und -texte fälschlicherweise einen gehörigen Frauenverschleiß unterstellen: Kaum hat die eine Dame ausgedient ("Charlotte Goodbye"), steht auch schon die nächste parat ("Hello Anita") – ganz zu schweigen von den "Resurrection Girls" mit verdächtig klingenden Namen wie Candy, Fancy Nancy und Norma Jean. Dass jedoch beispielsweise das zweitgenannte Stück in Wahrheit einer Femme Fatale des frühen 20. Jahrhunderts, der verruchten Anita Berber, gewidmet ist, offenbart sich erst bei näherem Hinsehen und -hören.
Insgesamt betrachtet muss man Bunny Lake zugutehalten, dass es ihnen auf "The Beautiful Fall" größtenteils gelingt, an genretypischen Fettnäpfchen wie allzu trashigem 80er- und 90er-Dancefloor gekonnt vorbeizumanövrieren. Dennoch klingen die wenigsten der elf Stücke wirklich innovativ, was hauptsächlich daran liegt, dass Eingängigkeit und Wiederholung deutlich höher auf der Prioritätenliste des Duos angesiedelt sind als komplexe Songstrukturen. Der Feierlaune zu später Stunde mag dies zwar zuträglich sein, dem alltäglichen Hörvergnügen aber weniger. Demnach werden vermutlich auch weiterhin mehr Leute begeistert zu Bunny Lake tanzen, als sich in den Verkaufszahlen ihrer Alben widerspiegelt.
Fazit
"The Beautiful Fall" präsentiert sich als stimmiges Drittlingswerk, das zwar die Elektropop-Welt nicht revolutionieren, in DJ-Kreisen seinen Zweck jedoch bestimmt gut erfüllen wird. Wer das Album auch abseits der Tanzfläche genießen will, möge zur Not einfach die angestaubte Diskokugel aus dem Keller hervorkramen und die Vorhänge daheim zuziehen – dann klappt's auch tagsüber mit der Musik von Bunny Lake.
Anspieltipps
1994
Charlotte Goodbye
When The Night Begins
Artistpage
Tracks
1. | Swallow The Darkness | |||
2. | Into The Future | |||
3. | Army Of Lovers | |||
4. | 1994 | |||
5. | Charlotte Goodbye | |||
6. | The Last Days Of Disco | |||
7. | Hello Anita | |||
8. | Hit The Ground With Me | |||
9. | Resurrection Girls | |||
10. | Ganz Wien | |||
11. | When The Night Begins |
Willi S. - myFanbase
08.04.2010
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 19.03.2010Genre: Pop, Elektro, Dance
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