Bewertung
Fear Factory

Mechanize

What do you fear?

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© AFM Records

Es ist schon eine verrückte Musikwelt heutzutage. Alljährlich schwirren frisch gecastete Satelliten frei wie der Wind aus den Maschinerien der Fernsehsender um unsere Köpfe und erzählen uns davon, wie sie immer noch brennen wie die Sonne ohne dabei zu bemerken, dass sie langsam aber sicher in der Skyline verglühen. Aber auch diesen Sommer wird uns Mamacita auf der Suche nach ihrer wahren Liebe wieder in den Wahnsinn treiben und jedem Metalfan in Erinnerung rufen, wie sehr er versucht sich von dieser massenkompatiblen Musik abzugrenzen.

Obwohl – wirft man die (Un-)Gerechtigkeit dieser Welt, nur selten in klischeefreien Sätzen formuliert, in ein Reagenzglas voll mit donnernden Drums und rhythmischen Gitarren, mischt hierzu ein paar reichlich angefressene Vocals und schüttelt einmal kräftig nach links und rechts, dann erhält man Songmaterial für eine Armada neuer Metalbands die alle irgendwie gleich und verzichtbar klingen. Und plötzlich bemerkt der geneigte Metalfan, dass er selbst anfängt um jenes goldene Kalb zu tanzen, das er so verabscheut, denn es fehlt an Individualität und Wiedererkennungswert.

Im Gegensatz dazu kann man trotz einiger Experimente und schwacher Alben behaupten, dass Fear Factory eine markante, nicht zu verwechselnde Stilistik in ihrer nunmehr fast 20-jährigen Bandgeschichte kreiert haben, die sie von der breiten Masse abhebt. Da nach den etlichen mehr oder weniger internen Streitereien nun auch Dino Cazares wieder als Hauptsongwriter an Bord ist, kann's ja losgehen. Also Autoradio an, CD rein und los...

Sofort erkennt man den charakteristischen Sound, der diese Band auszeichnet. Mechanisch, kalt, brutal und clean gesungene, mit viel Hall unterlegte Refrains. Der Opener "Mechanize" will zuerst nicht so recht zünden, öffnet sich aber nach ein paar Durchläufen. Dino Cazares greift hier zu eine acht saitigen Custom-Gitarre von Ibanez, die er auf dieser Platte noch mal bei "Designing the Enemy" benutzt. Immer dann, wenn es langsam und groovig werden soll. Mit "Industrial Discipline" zeigen Fear Factory dann wo's langgeht. Immer geradeaus, ohne Kompromisse. Gitarre und Schlagzeug ballern aus allen Rohren und ein markanter, wunderschöner Refrain markiert für mich einen Glanzpunkt dieses Albums. "Fear Campaign" peitscht dann den Zuhörer weiter. Gene Hoglan brennt auf seinem Schlagzeug ein wahres Inferno ab und macht seine Drumsticks derart zur Schnecke, dass nach den knapp fünf Minuten nur noch Zahnstocher übrig sein dürften. Danach folgt "Powershifter", das allen Fans ausgedehnter Fear-Factory-Refrains Freude bereiten wird. Über die Strophe, die mit tiefen Growls gesungen wird, geht es in den Pre-Chorus der mit Doppelbass unterlegt eine Melodie andeutet, die dann im Chorus ihre volle Schönheit entfaltet. Großes Kino!

So, und wer zum Teufel hat mir jetzt Nightwish in den CD Player eingelegt? Irgendwie erinnert mich das an Nemo... Nein, halt! Ist doch noch die richtige CD, "Christploitation" beginnt nur mit einer Keyboardmelodie, die anfangs etwas für Verwirrung sorgt. Dann geht's aber in gewohnter Manier weiter auf der Überholspur. Guter Song, doch die Keyboardeinschübe wollen einfach nicht so richtig ins Gesamtbild passen. Nun zum meiner Meinung nach schwächsten Stück der Platte. "Oxydizer" beginnt sehr atmosphärisch, biegt dann allerdings schnell in Richtung Belanglosigkeit ab. Alles hört sich wie schon einmal dagewesen an und könnte ebenso gut die B-Seite einer früheren Platte entstammen. Aber die Jungs von Fear Factory bekommen die Kurve. Mit "Controlled Demolition" gibt's wieder was auf die Ohren. Dino Cazares feuert mit seiner Gitarre pfeilschnelle, energiegeladene Riffs in die Welt, die in einem erneut fantastischen Chorus münden. Dann wird die Handbremse angezogen. "Designing The Enemy" wird von einer sehr schweren, langsamen Melodie getragen. Sehr kalt, sehr dunkel, sehr intensiv. Danach folgt mit "Metallic Division" ein Instrumental – nichts Besonderes, gibt aber noch mal Zeit zum Durchatmen, bevor mit "Final Exit" das letzte Lied folgt. Die Ausgewogenheit zwischen Brutalität und Melodie, sowie die abwechslungsreichen Gitarrenläufe manchen diesen Song zum krönenden Abschluss des Albums und sorgen dafür, dass man die aufkommende Kritik zum Ende hin schon fast wieder vergessen hat.

Fazit

Eigentlich ist alles gut. Fear Factory erfinden sich zwar nicht neu, besinnen sich aber auf ihre Stärken und liefern ein solides Album ab. So muss sich Industrial Death Metal anhören: Die Growls von Burton C. Bell haben ordentlich Druck, die clean gesungenen Passagen haben eine unverwechselbare Atmosphäre, und sowohl Gitarre als auch Bass und Schlagzeug erzeugen eine Soundkulisse, die jedem Metalfan die Rübe abmontieren wird.

Anspieltipps

Industrial Discipline

Powershifter

Designing the Enemy

Final Exit

Artistpage

FearFactoryMusic.com

MySpace-Profil

Tracks

1.Mechanize
2.Industrial Discipline
3.Fear Campaign
4.Powershifter
5.Christploitation
6.Oxidizer
7.Controlled Demolition
8.Designing the Enemy
9.Metallic Devision
10.Final Exit

Benjamin Bohn - myFanbase
01.07.2010

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