Bewertung
David Garrett

Rock Symphonies

"Classical and Rock have a very close connection. They have a strong sense of rhythm and precision so I always felt that out of all music directions these two work closely together."
- David Garrett

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© Decca Records

Nachdem David Garrett im November 2009 das Album "Classic Romance" veröffentlichte und es etwas ruhiger anging, indem er ausschließlich klassische Stücke präsentierte, veröffentlichte er im September 2010 ein Album, was genau nach seinem Geschmack entsprach, nämlich mit reiner Rockmusik. Garrett hat sich für sein aktuelles Album nur die anspruchsvollsten Stücke herausgesucht. Als ich hörte, dass der Starviolinist ein reines Rockalbum produzieren würde, war ich anfangs doch begeistert, auch alleine von dem Titel des Albums "Rock Symphonies", doch dann las ich mir die Tracklist durch und schon wurde ich ein wenig pessimistischer. Und als ich mir dann schließlich das Album zum ersten Mal anhörte, war es ganz aus. Schon nach der Hälfte musste ich auf Stop drücken, weil es mich einfach erdrückte.

Garrett suchte sich für dieses Album nur die besten Rockklassiker aus den letzten Jahren aus, von den 1970er Jahren angefangen, von den besten der besten eben. Von Nirvana, über Guns N' Roses, Aerosmith und Paul McCartney & The Wings, Metallica, Led Zeppelin bis hin zu U2. Los geht es mit "Smells Like Teenspirit" (1991) von Nirvana. Diese Interpretation explodiert im wahrsten Sinne des Wortes. Es geht zwar ruhig und ohne rockige Elemente los, bis schließlich das Prager Orchester und die Band einsetzt. Das Arrangement zwischen Garrett, dem Orchester und der Band funktioniert hier einwandfrei, insbesondere weil Davids Violinenspiel im Vordergrund bleibt. Dieser Opener macht eindeutig Lust auf mehr, und das Stück verliert vor allem nie den Wiedererkennungswert, was man später von anderen Stücken auf der Scheibe nicht behaupten kann. Mit "November Rain" (1992) von Guns N' Roses geht es gemütlich und nahezu nur klassisch weiter, bis die Band kurz vor Schluss einsetzt, weshalb das Stück auch außerordentlich gelungen ist. Auf Garretts Alben dürfen natürlich Stücke von Ludwig van Beethoven und Johann Sebastian Bach nicht fehlen. Mit seiner einzigartigen Rock-Neuinterpretation von Beethovens 5. Sinfonie, auch bekannt als die "Schicksalssinfonie", gelingt dem Violinisten hier etwas ganz Großartiges.

Nun ja, doch mit dem vierten Track "Walk This Way", bei dem sich Garrett tatkräftige Unterstützung von der australischen Gitarristin Orianthi holte, ging die Berg- und Talfahrt dann aber los. Das Album begann, anstrengend zu werden, und obwohl die Arrangements immer noch gut waren, waren sie dennoch nicht perfekt. Die Violine rückte fortan in den Hintergrund, und oft kam es mir so vor, als ob es eine reine Orchesteraufnahme wäre. Die Interpretation von Aerosmiths Klassiker ist nicht schlecht, aber auch nicht gut. "Walk This Way" erkannte man überhaupt nicht wieder, was mich sehr störte. Neuinterpretation hin oder her - der Wiedererkennungswert solch großartiger Klassiker sollte immer erhalten bleiben, und man sollte diese großartigen Stücke nicht bis zur Bewusstlosigkeit in den Boden spielen. Bei dem Themesong "Live And Let Die" (1973) aus dem James-Bond-Film "Leben und sterben lassen" von Paul McCartney & The Wings ging schließlich das Problem zwischen dem Orchester und Garretts Violinenspiel weiter, und man verlor langsam die Lust, sich das Album noch weiter anzuhören, was ich spätestens bei "Master of Puppets" oder "Kashmir" auch vorläufig erstmal beendet habe. Das zuvor gespielte "Vivaldi vs. Vertigo", eine Mischung aus Antonio Vivaldis "Vier Jahreszeiten" und U2s "Vertigo" aus dem Jahre 2004, kann zwar das Zuvorgehörte nicht mehr gut machen, aber dennoch gehört diese Neuinterpretation zu Garretts besten Stücken überhaupt.

Überzeugen tun ganz klar die Eigenkompositionen Garretts und Neuinterpretationen der klassischen Werke auf "Rock Symphonies". Mit "80's Anthem" und "Rock Symphony" gelang dem Violinisten zwei wirklich erstklassige und einfühlsame Rockballaden. Endlich fühlte sich das Album nicht mehr so anstrengend an, sondern man konnte diese Stücke wahrlich genießen, auch weil sie das anstrengende und oft intensive Tempo mal herausnahmen. Von diesen Rockballaden, die seine Liebe zur Rockmusik sehr schön explizieren, und bei denen das Zusammenspiel mit Orchester und Band auch prima klappte, wünsche ich mir mehr. Von Johann Sebastian Bach suchte sich David für dieses Rockalbum das bekannteste Orgelwerk, die "Toccata", aus. Dieses Stück und auch "Asturias" aus der "Suite española op. 47" von Isaac Albéniz sind das beste Beispiel, wie es Garrett eigentlich bei allen Stücken hätte halten sollen. Das Orchester einfach etwas zurückfahren und sich nicht vergessen. Dann funktioniert es auch. Zwei wunderbare rockige Interpretationen dieser klassischen Werke. Auch wenn Garrett bei "Peer Gynt", einer Suite von Edvard Grieg, ein tolles Violinensolo hinlegt und so zeigte, was eigentlich ein Garrett-Album ausmacht, konnte das Stück und die darauffolgenden "Mission Impossible" und "Rocking All Over The World" (1975) dann auch nichts mehr an meinem Gesamteindruck und vor allem nichts an meiner Enttäuschung ändern.

Was schon mit seinem Album "Classic Romance" nicht funktionierte, setzt sich hier fort. Der Funke springt einfach nicht über. Manchmal kam es mir sogar so vor, als ob Garrett einfach den Bogen überspannte und übertreibt, sich diese Größen heraussuchte, um Eindruck zu schinden. Als Unterstützung holte sich David das Orchester der Stadt Prag, mit welchem er wirklich gute Arrangements spielte, allerdings ging der gewisse Reiz eines gewöhnlichen David-Garrett-Albums dennoch verloren, weil die Violine bei den meisten Stücken in den Hintergrund rückte und man nur das Orchester hörte oder dieses eben im Zusammenspiel mit der Band. Also richtig begeistern konnten nur die klassischen Stücke und David Garretts Eigenkompositionen. Von den letztgenannten wünsche ich mir im Grunde mehr.

Fazit

Ich bin kein so großer Fan von Alben, die ihren Fokus wirklich nur auf eine Sache legen. Und solche Alben scheinen irgendwie auch in Mode zu kommen. Eine gute Songauswahl und vor allem Zusammenstellung, aber eben aus unterschiedlichen Genres, und nicht nur eines, macht für mich ein gutes David-Garrett-Album aus. "Rock Symphonies", welches zum Teil auch sehr lieblos herüberkommt, gehört nicht dazu.

Anspieltipps

Smells Like Teen Spirit

Vivaldi vs. Vertigo

80’s Anthem

Toccata

Rock Symphony

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DavidGarrettMusik.de

Weitere Ausführungen

Deluxe Edition

DVD - Rock Symphonies - Open Air Live

Tracks

1.Smells Like Teen Spirit
2.November Rain
3.The 5th
4.Walk This Wayfeaturing Orianthi
5.Live And Let Die
6.Vivaldi Vs. Vertigo
7.Master of Puppets
8.80's Anthem
9.Toccata
10.Asturias
11.Kashmir
12.Rock Symphony
13.Peer Gynt
14.Mission Impossible
15.Rocking All Over The World

Dana Greve - myFanbase
23.01.2011

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