Beyond Hell/Above Heaven
Auf dem Rock Hard Festival 2006 war mir schon beim Blick auf die Running Order folgendes klar: Volbeat? WER? Für diese Band werde ich mich auf keinen Fall um 13 Uhr aus dem Campingstuhl schälen! Wieder 'ne Band die vom Rock Hard gehypt wird, die interessiert doch wirklich keine Sau! Als dann die ersten Klänge auf dem Campingplatz zu vernehmen waren, höre ich mich noch heute sagen: "Siehste hab ichs doch gewusst. Der Sänger klingt irgendwie nach Keith Caputo von Life of Agony nur in komisch (wie ich auf diesen Vergleich gekommen bin? Keine Ahnung) und die Musik nach Jonny Cash auf 'nem Pseudo-ich-versuchs-mal-mit-Metal-Trip. Will niemand, braucht niemand und juckt mich nich die Bohne!"
Wie konnte ich mich nur so irren! Keine Ahnung was mich geritten hat, diese Aussagen zu tätigen, und auch die vorherigen durchzechten Nächte und mein desolater körperlicher Allgemeinzustand können hierfür nicht als Ausrede benutzt werden. Die Dänen verpassen mir dafür allerdings in regelmäßigen Abständen schallende Ohrfeigen. Die Letzte erst kürzlich unter dem Namen "Beyond Hell – Above Heaven". Aufgrund der Tatsache, dass man in den letzten Monaten von Auftritt zu Auftritt hetzte, wurde fast das gesamte Songwritingprozess auf Tour bewältigt. Und das merkt man: das neue Material ist deutlich mehr auf Livetauglichkeit ausgelegt als die früheren Alben.
"The Mirror and the Ripper" ist ein klasse Opener, der die typischen stilistischen Merkmale beinhaltet. Die markanten Vokals von Michael Schøn Poulsen, die jeden Volbeat-Song schon aus hundert Kilometern Entfernung als solchen identifiziert und das ganz spezielle Metal-Punk-Country-Gemisch, das die Dänen in den letzten Jahren so erfolgreich und unverwechselbar gemacht hat. Noch mehr dieser Western-/Country-Attitüde versprüht "Heaven Nor Hell". Hier werden die Pausen zwischen den Gesangparts mit Mundharmonikasoli ergänzt. Diese fügen sich nahtlos in das Gesamtbild ein, wirken sehr stimmig und machen den Song zusammen mit einem sensationellen Chorus zu einem echten Highlight.
Mit wie viel Liebe zur Musik und ihren eigenen Idolen Volbeat zu Werke gehen, zeigt sich in "Who They Are". Das Intro beginnt mit einem Slayer-Riff, das selbst das Duo King/Hanneman nicht besser hätten schreiben können und leitet dann in eine Uptempo-Volbeat-Nummer, die von Anfang bis Ende Spaß macht. Mit "Fallen" folgt nun ein Song, der durch seine sanften Klänge mir doch zu sehr auf Mainstream ausgelegt ist. Aber vermutlich gerade darum entwickelt dieser immensen Ohrwurmcharakter, und immerhin hat dieses Lied es geschafft, mir das durch etliche ProSieben-Gehirnwäscheunterbrechungen eingejammerte "We Love to Entertain You" von Katy Perry, vorerst aus meinem Gehörgängen zu vertreiben. "A Better Believer" bietet keine innovativen Weiterentwicklungen, allerdings auch keinen Anlass für Kritik, eben ein gewohnt guter Volbeat-Song, der zum Highlight der CD führt.
Wie schon in "Who They Are" werden in "7 Shots" die musikalischen Einflüsse zu einem eigenen Stilelement gemacht und liefern den Beweis, welche Bandbreite Volbeat in der Lage sind abzudecken. So erinnert der Song anfangs an einige Johnny-Cash-Klassiker, bis sich daraus eine echte Thrash-Nummer entwickelt, bei der Mille Petrozza von Kreator einen Teil des Gesangs beisteuert. Mit "A New Day" und "Being 1" lassen Volbeat zwei reinrassige Rockabilly Songs von der Leine, die jeden Muskel des Körpers innerhalb von Sekunden zum Mitzucken animieren. In "16 Dollars" lässt dann auch noch Elvis grüßen. Der Rock-'n-Roll-Charakter dieses Songs wird mit einer gezielt eingesetzten Fingerschnipppassage zusätzlich unterstreichen.
Mit "A Warrior's Call" und "Magic Zone" folgen zwei weitere typische Volbeat-Nummern. Während sich "A Warrior's Call" etwas bemühen muss, um nicht zu sehr nach Auftragsarbeit für eine Vitali-Klitschko-Einlaufmusik zu klingen, besticht "Magic Zone" mit grandiosen Melodiebögen. "Evelyn" wird zwar einigen eingefleischten, melodiebesessenen Volbeat-Fans etwas sauer aufstoßen, denn kein geringerer als Napalm-Death-Frontschwein Barney Greenway growlt in bester Death-Metal-Manier die Strophen. Alle anderen jedoch, die nach der Vorabsingle "Fallen" Angst hatten, dass sich Volbeat zu sehr im Landjugend-Jahresfeier-Rock verlieren, werden hier eines Besseren belehrt, denn der Song ist das Härteste, das Volbeat jemals veröffentlicht haben. Mit "Thanks" folgt zum Abschluss eine Punk-Rock-Liebeserklärung an alle Fans, die einmal mehr untermauert, wie erdnah die sympathischen Dänen trotz ihres Erfolgs geblieben sind.
Fazit
Schaut man sich den Werdegang dieser Band an, kann einem aufgrund des kometenhaften Aufstiegs schon mal schwindelig werden. Alleine die Qualität der Gastsänger ist ein Beleg dafür, welches Ansehen sich Volbeat mittlerweile in der Szene und auch bei ihren Kollegen erarbeitet haben. Die aktuelle CD wird diesen Siegeszug weiter vorantreiben. Volbeat bieten Musik von Fans für Fans und schaffen es ihre stilistischen Einflüsse aus verschiedenen Genres zu bündeln und ihnen ihren eigenen Stempel aufzudrücken. Sie bewegen sich dabei nach wie vor in der Schnittmenge zwischen Social Distortion, Metallica und Johnny Cash und das ist auch gut so! "Beyond Hell/Above Heaven" sollte man genießen, denn sowohl dieses Album als auch diese Band machen Spaß und genau darauf kommt es an!
Anspieltipps
Heaven Nor Hell
Who They Are
7 Shots
16 Dollars
Evelyn
Artistpage
Tracks
1. | The Mirror and the Ripper | |||
2. | Heaven Nor Hell | featuring Henrik Hall of Love Shop | ||
3. | Who They Are | |||
4. | Fallen | |||
5. | A Better Believer | |||
6. | 7 Shots | featuring Mille Petrozza of Kreator and Michael Denner of Mercyful Fate / King Diamond | ||
7. | A New Day | |||
8. | 16 Dollars | featuring Jakob Oelund of Taggy Tones | ||
9. | A Warrior's Call | |||
10. | Magic Zone | |||
11. | Evelyn | featuring Mark "Barney" Greenway of Napalm Death | ||
12. | Being 1 | |||
13. | Thanks |
Benjamin Bohn - myFanbase
13.10.2010
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 10.09.2010Genre: Rock, Metal, Alternativ
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Aktuelle Kommentare
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