Bewertung
Band of Horses

Infinite Arms

Das neue Album der Band of Horses ist wie ein Besuch im Streichelzoo: Zuerst findet man alles unglaublich süß und kuschelig, aber nach 10 Minuten wünscht man sich dann doch, dass die kleinen grauen Hoppelhäschen etwas anderes tun würden, als die ganze Zeit vor sich hinzumümmeln.

Foto: Copyright: Columbia Records
© Columbia Records

Vom Wildpferdhüter zum Ponyfan - Benjamin Bridwell ist das einzige verbliebene Gründungsmitglied der Truppe, der Wechsel zu einem Major-Label hat sein Übriges zur Veränderung des Bandstils beigetragen: "Infinite Arms" klingt tatsächlich weniger "indie" als seine beiden Vorgänger. Auch wenn Band of Horses früher ebenfalls nicht vor Emotionen zurückgeschreckt sind, so hatten ihre kleinen Indie-Pop-Hymnen doch noch etwas Unangepasstes mit ein paar Ecken und Kanten. "Infinite Arms" nun kann vor allem mit den Worten "groß" und "rund" beschrieben werden: Große Gefühle, runde Melodien, große Gesten, runde Songstrukturen.

Der erste Eindruck ist sogar ein guter: Bei den Openern "Factory" und "Compliments" gehen einem noch die Ohren und das Herz über – vor lauter Melodien und Harmonien ist man ganz selig; welch hübscher Gesang, wie charmant, wie sensibel! Die Ernüchterung folgt aber auf dem Fuß: Mit weiterem Fortschreiten des Albums erkennt man schnell, dass sich da nicht groß was ändert und "Infinite Arms" bloß auf der Stelle tritt oder eben wie der Hase im Zoo stoisch vor sich hinmümmelt.

Band of Horses sind vielleicht ruhiger, stimmiger und reifer geworden, könnte man angesichts dieser melancholischen, bis zur Perfektion gestutzten Songs behaupten. Man kann es auch so sagen: Band of Horses sind ruhiger, braver und langweiliger geworden. Dürfen neben gestreichelten Akustikgitarren und Geigenhimmel auch mal eine E-Gitarre oder ein schnellerer Rhythmus wie bei "NW Apt." aufs Spielfeld, dann werden sie ebenso wie alles andere mit Samthandschuhen angefasst oder einfach vom zarten Gesang weichgespült.

Von diesem kreuzbraven, träumerischen Mix sind mir am Ende, abgesehen von den ersten beiden Nummern, bloß noch zwei weitere in Erinnerung geblieben: "Dilly", das sich zu etwas mehr Tempo aufschwingt und einen wahrhaft knuffigen Schatz von Refrain birgt (ungefähr so: das graue Häschen beginnt auf niedlichste Weise, andere Häschen zu jagen) sowie das countryeske "Older", das es wagt, aus dem schmalzigen Gesangsmuster auszubrechen und dabei fast schon lässig klingt.

Fazit

In einem gewissen Maße können Kitsch und Melodienseligkeit ganz schön sein, Band of Horses gehen auf "Infinite Arms" damit allerdings zu großzügig um: Es gerät zu einer einzigen großen romantischen Geste, die aber so aufpoliert und geschniegelt wirkt, dass man die an sich nicht schlechten Songs schnell als belang- und harmlos empfindet. Das nächste Mal bitte wieder mit etwas mehr Biss!

Anspieltipps

Factory

Dilly

Older

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BandofHorses.com

Tracks

1.Factory
2.Compliments
3.Laredo
4.Blue Beard
5.Way Back Home
6.Infinite Arms
7.Dilly
8.Evening Kitchen
9.Older
10.For Annabelle
11.NW Apt.
12.Neighbor

Stephanie Stummer - myFanbase
20.10.2010

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