National Ransom
Elvis Costello ist einer von jenen, denen praktisch alles gelingt, was sie anpacken – ob Punk, New Wave, klassisches Songwriting, Country oder Rock'n'Roll, der Mann mit der Billie-Holiday-Brille fühlt sich in fast jedem Gefilde zuhause. Dementsprechend hoch wird er auch schon seit mittlerweile drei Jahrzehnten in der Musikszene geschätzt, Alben wie "This Year's Model" oder "King of America" werden schon längst als Klassiker gehandelt. Etwas, das man von seinem aktuellen Werk "National Ransom" nicht unbedingt sagen kann.
Es ist schwierig. Niemand kann behaupten, dass es "National Ransom" an Professionalität mangelt oder dass es einfach so dahingeschludert worden ist. Die Liebe zum Detail und zu seiner Musik hört man Elvis Costello in jedem Stück an, auch die Zusammenarbeit mit seinem Freund T-Bone Burnett als Produzent dürfte harmonisch und zufrieden stellend verlaufen sein. Vielleicht zu harmonisch und friedlich?
Was "National Ransom" fehlt, ist diese eine Sache, auf die man so gerne zurückgreift, wenn man gar nicht in Worte fassen kann, woran es da jetzt eigentlich genau mangelt: das berüchtigte gewisse Etwas. Der thematische Schwerpunkt liegt auf der Wirtschaftskrise, der Geldgier und allem, was dazugehört, wie das detailreiche Cover nur unschwer erraten lässt. Musikalisch geht es durchaus abwechslungsreich zu – die ganze Palette ist vertreten: lockerer Rock'n'Roll ("Five Small Words", "I Lost You"), Countryeskes ("That's Not The Part of Him You're Leaving", "Dr. Watson, I Presume"), gezupfte Balladen, Uptempo-Nummern, die in die Beine gehen, sowie richtige "old-fashioned"-Musik (die Waits'sche Klavierballade "You Hung the Moon"; die Retro-Nummer "A Voice In The Dark),
Aber das ist ja gerade das Seltsame: Trotz der vielen vertretenen Musikrichtungen bleibt kaum mal was hängen – die Songs wirken zu lange, sind von der Anzahl her zu viele und muten teilweise belanglos an. Man lächelt, nickt, denkt "nett" und dann schon wieder an was anderes. Ein paar wenige Highlights bieten allerdings die oben angesprochenen, auf "alt" getrimmten Songs: So etwas hört man nicht jeden Tag, vor allem nicht so authentisch. Wenn Costello in die Rolle des Klassik-Crooners schlüpft, kauft man ihm diese auch sofort ab. So gesehen ist es für den Gesamteindruck des Albums positiv, das auch die letzte Nummer "A Voice In The Dark" praktisch aus einem netten 50er-Film geklaut sein könnte – so vergisst man die vielen Durchhänger davor zumindest ein bisschen.
Fazit
Aus der Zusammenarbeit mit T-Bone Burnett ist ein Album entstanden, das man zwar als "solide" bezeichnen kann, aber auch schnell wieder vergessen wird. Große Costello-Fans werden wahrscheinlich dennoch damit ihre Freude haben und über die vielen Längen hinwegsehen – wer den "wahren" Elvis Costello kennen lernen möchte, ist bei seinen älteren Scheiben mit Sicherheit besser aufgehoben.
Anspieltipps
A Slow Drag With Josephine
You Hung the Moon
My Lovely Jezebel
A Voice In The Dark
Artistpage
Tracks
1. | National Ransom | |||
2. | Jimmie Standing in the Rain | |||
3. | Stations of the Cross | |||
4. | A Slow Drag With Josephine | |||
5. | Five Small Words | |||
6. | Church Underground | |||
7. | You Hung the Moon | |||
8. | Bullets for the New-Born King | |||
9. | I Lost You | |||
10. | Dr. Watson, I Presume | |||
11. | One Bell Ringing | |||
12. | The Spell That You Cast | |||
13. | That's Not The Part of Him You're Leaving | |||
14. | My Lovely Jezebel | |||
15. | All These Strangers | |||
16. | A Voice In The Dark |
Stephanie Stummer - myFanbase
05.11.2010
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 22.10.2010Genre: Singer-Songwriter, Rock, Pop
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