Bewertung
Yann Tiersen

Dust Lane

"Let's live in an enormous world of sound we can use randomly, with no rules at all. Let's play with sound, forget all knowledge and instrumental skills, and just use instinct – the same way punk did." - Yann Tiersen

Foto: Copyright: Mute Records
© Mute Records

Ich kannte Yann Tiersen bisher nur vom Soundtrack zum Film "Die Fabelhafte Welt der Amélie" und war deshalb wohl etwas voreingenommen, dass er nur wunderbare Chanson-Melodien kreieren kann. Mit "Dust Lane" stellt Tiersen nun aber ein Album im komplett anderem Stil vor.

Die Melodien stehen auch diesmal im Vordergrund, denn die leise Stimme von Matt Elliott, der auf diesem Album fast ausnahmslos den Gesang übernommen hat, ist manchmal kaum über den von Synthesizer geprägten Sound und am Computer gemischten Motiven zu hören. Das Akkordeon, welches ich im ersten Titel fast schon vermisst habe, eben weil ich beim Namen Tiersen derzeit nur an "Amélie" denke, kommt dann aber bei den weiteren Titeln durch. Es scheint wohl einfach in der Natur der Franzosen zu liegen, dieses Instrument zu verwenden, dennoch tritt es hier weit in den Hintergrund.

Es wird an jedem Stück deutlich wie sehr sich Tiersen von seinem wohl bekanntesten Werk, dem Soundtrack zu "Die Fabelhafte Welt der Amélie" lösen will. Er mischt eine Reihe von Geräuschen und Instrumenten zu Melodien, die unglaublich ungewöhnlich aber dennoch stimmig sind. Das Album ist geprägt von Melancholie und elektronischen, etwas geleierten Melodien. Das Cover trägt zu dieser Stimmung bei, zeigt es doch einen kahlen Wald im Winter und ein verlassenes altes Auto. Tiersen verlor während der Aufnahme dieses Albums seine Mutter und einen sehr guten Freund. Seine Trauer hat teilweise wohl zur Auswahl der Songs beigetragen. Insgesamt kann man jedoch auch feststellen, dass die Hoffnung an einigen Stellen wieder durchkommt, dass die Melodien an Tempo gewinnen und so wieder ein bisschen Leben in die Sache bringen. Er selbst erklärt, den Titel "Dust Lane" und damit die Stimmung des Albums als "eine Reise auf der staubigen Straße, die uns zum Tod führt. [...] Das ist nicht unbedingt eine traurige Sache, sondern eher eine bunte, manchmal schmerzhafte, aber meistens erfreuliche Erfahrung: das Leben."

Das bedrückendste an den Melodien ist wohl der Bass, der sich durch alle Stücke zieht, aber keineswegs monoton wirkt. Nur selten schaffen es das Schlagzeug, die Gitarre oder die einsätzenden Chöre die Stimmung anzuheben, aber wenn sie sich durchsetzen, merkt man gleich so etwas wie einen Aufschwung und Erleichterung. Dass dieses Gefühl nicht ewig anhält, schon gar nicht, wenn man eine schwere Zeit durchmacht, kennt wohl jeder aus seinem eigenen Leben und es wird wunderbar in diesen Melodien transportiert.

Wer enttäuscht ist, dass das Album nur acht Titel umfasst, darf beruhigt sein. Ein Großteil der Lieder geht über fünf Minuten, die letzten beiden sind sogar fast acht Minuten lang. Tiersen selbst kann man übrigens im letzten Stück des Albums "Fuck Me" hören. Darin singt er mit einer befreundeten Sängerin von der Liebe und wirkt entgegen des Titels und Textes dank der Melodie überhaupt nicht aufdringlich. Es wirkt auf absurde Weise eher hoffnungsvoll und aufmunternd. Nach den vorherigen Songs, insbesondere "Ashes", bei dem Tiersen den Abschied von seiner Mutter und seinem Freund verarbeitet, ein positives Gefühl zum Ende.

Fazit

Schade, dass die anderen fünf Studioalben von Tiersen bisher vollkommen an mir vorbeigegangen sind. "Dust Lane" hat mir gefallen, auch wenn es vollkommen anders war, als ich es erwartet hatte und stellenweise etwas gewöhnungsbedürftig war. Das Album ist der perfekte Soundtrack für den jetzt anstehenden Herbst und Winter.

Artistpage

YannTiersen.fr

Tracks

1.Amy
2.Dust Lane
3.Dark Stuff
4.Palestine
5.Chapter 19
6.Ashes
7.Till the End
8.Fuck Me

Catherine Bühnsack - myFanbase
16.11.2010

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