Bewertung
Wolf Parade

Expo 86

Dass mir seit einiger Zeit der Abwasch und das Fuhrwerken mit dem Staubwedel leichter von der Hand gehen, kann nur einen Grund haben: Wolf Parade haben ein neues Album - und es fetzt so richtig!

Foto: Copyright: Sub Pop Records/Cargo Records
© Sub Pop Records/Cargo Records

Wolf Parade sind ja irgendwie schon zu kleinen, aber fixen Größen im Indie-Rock-Universum geworden – auch wenn sich das vorliegende "Expo 86" gerade mal Album Nummer drei in ihrem Werk der Kanadier nennen darf, so haben die beiden Frontmänner und Hauptdenker Spencer Krug und Dan Boeckner nebenbei so viele spannende Sachen laufen (u.a. Sunset Rubdown und Handsome Furs), dass man sich getrost darauf verlassen kann, dass sie mit ihrer Hauptband ebenso Spannendes fabrizieren.

Genau so leicht wie mir der Wohnungsputz dürfte ihnen die Rückkehr ins Wolfsrudel gefallen sein: Nicht nur, dass die Songs allesamt frisch und ungezwungen aus dem Ärmel geschüttelt klingen, das ganze Ding platzt schier vor Energie – soviel Power hätte man jemandem, dessen Ideenreichtum und Kraft für mehrere Bands gleichzeitig herhalten muss, so gar nicht mehr zugetraut. Falsch gedacht: Auch wenn man eine Übernummer wie "Kissing the Beehive" vergeblich suchen wird, bietet "Expo 86" konstant hohes Niveau, bei dem der Großteil der Songs an der Fünf-Minuten-Grenze kratzt.

Mehr Druck nach vorne, klare Refrains, die auf ansonsten sehr gefinkelte Melodien und kryptische Texte treffen, sowie das ständige Wechselspiel zwischen Krug und Boeckner machen "Expo 86" so organisch und rund, wie man es auf den ersten beiden Alben in dieser Form nicht gefunden hat.

Vor allem die beiden unterschiedlichen Sänger machen den Reiz am Album und an der Musik von Wolf Parade generell aus: Dan Boeckner ist der unangepasste Punk mit der Vorliebe für geradere Linien und rockige Ansätze. Neben ihm sieht Krug auf den ersten Blick eher wie ein pausbäckiges, unscheinbares Sensibelchen aus – er versteht sich aber auf die zackigen, verspielten Keyboardmelodien und wirkt auf einmal gar nicht mehr so unscheinbar, wenn er erst mal mit seinem unvergleichlichen, jaulenden Gesang loslegt.

Das Zusammentreffen der verschiedenen Stile und Vorlieben der beiden ist jedes Mal wieder aufregend und ein einziges Hin und Her, was man nun toller finden soll: Boeckners hymnischen Refrain in "Pobody's Nerfect"? Krugs apokalyptischer Einstieg ins Album mit "Cloud Shadow on a Mountain"? Boeckners herrlich zappeliges "little vision come and shake me up" in "Ghost Pressure"? Krug, der auf göttliche Weise "I can see into the future!" verkündet? Boeckners tragische Geschichte um den Raumfahrer in "Yulia", der als Toter immer noch die Erde umkreist? Ein Glück, dass ich mich nicht entscheiden muss – so eine Putz-Session dauert ja ihre Zeit...

Fazit

Zwei überaus talentierte, nimmermüde Songwriter mit einander herrlich ergänzenden Talenten ergeben ein energiegeladenes Indie-Rock-Album. Das macht auf jeden Fall neun Punkte und das wiederum ergibt für mich (neben der Motivation fürs Putzen) einen weiteren kanadischen Kandidaten im Rennen um das Album des Jahres.

Anspieltipps

Cloud Shadow On A Mountain

What Did My Lover Say? (It Always Had to Go This Way)

Ghost Pressure

Pobody's Nerfect

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Tracks

1.Cloud Shadow on a Mountain
2.Palm Road
3.What Did My Lover Say? (It Always Had to Go This Way)
4.Little Golden Age
5.In the Direction of the Moon
6.Ghost Pressure
7.Pobody's Nerfect
8.Two Men in New Tuxedos
9.Oh You, Old Thing
10.Yulia
11.Cave-O-Sapien

Stephanie Stummer - myFanbase
12.12.2010

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