Who You Are
Jessie J zählt zu den größten Newcomern des Jahres. Das wussten die meisten schon im Winter, denn bereits ohne Album wurde die Britin von Fans und Presse gefeiert. Einerseits berechtigt, andererseits maßlos übertrieben. Denn "nach dem Album" ist nicht gleich "vor dem Album", denn dieses offenbart, dass wir es lediglich mit konventionellem Pop und nicht mit einer Revolution zu tun haben.
Wirklich neu im Musikgeschäft ist die Britin dagegen gar nicht. Bereits vor ihrem eigenen Output, arbeitete sie mit anderen Künstlern zusammen und schrieb Songs für diese (u.a. "Party In the USA" für Miley Cyrus). Das ist auch gleichzeitig der große Nachteil des Albums. Nahezu alle Songs klingen sehr eingängig und auch wirklich gut, aber leider stellt man sich zu den Stücken grundsätzlich einen anderen Interpreten vor. Dazu aber später mehr. Meine eigentliche Verwunderung gilt den deutschen Radiostationen, die es geschafft haben, dass ich einen eigentlich wirklich guten Sommerhit wie "Price Tag" mittlerweile regelrecht verabscheue. Warum muss ich den Song gleich 3-mal pro Stunde auf der Arbeit hören? Wer von dem Song noch nicht genug hat, wird mit der Sommerhymne von Jessie J und B.O.B. natürlich weiterhin seine Freude haben!
"Nobody's Perfect" als zweite Nummer drückt dann schon die Stimmung etwas. Das Stück kann sich nicht entscheiden, ob es dramatisch oder clubtauglich sein will. Jessie Js Achterbahnfahrt durch die Tonleiter dürfte hier auch nicht jedem gefallen. "Abracadabra" lässt in den Strophen auf einen schönen Ibiza-Sonnenuntergangs-Song hoffen. Das wird er auch, aber nur als zwei Stunden zu spät gekommenes "California Gurls" von Katy Perry. Der Refrain ist zum Verwechseln ähnlich. Zufall ist das nicht. "Big White Room" lässt erahnen welche stimmlichen Fähigkeiten Jessie J besitzt. Mehr aber auch nicht. Einen weiteren Genresprung vollzieht die Sängerin mit "Casualty of Love", das als R'n'B-Ballade zu überzeugen weiß. Die Stimme passt perfekt zum Instrumental und nervt hier auch nicht. Lediglich im Refrain wünscht man sich, dass Jennifer Hudson kurz zum Mikrofon gehen würde. Wer den Song hört, weiß wovon ich spreche.
"Rainbow" erhöht die Aufregung und das Tempo. Der Song gehört mit Sicherheit zu den besten Tracks des Albums. Ein schöner Refrain in Kombination mit einem flotten Beat mündet in einem liebevollen Popsong. "Who's Laughing Now" wirft dann mit den üblichen Phrasen um sich. "Schau Mami, was aus mir geworden ist. Und alle haben immer gesagt, ich schaffe das nicht". Okay. Wenigstens ist ein überdurchschnittlich guter Uptempo-Song dabei raus gekommen. Mit der Single "Do It Like A Dude" folgt eines der zwei-drei besten Stücke von "Who You Are". Ein Club-Bouncer vom feinsten. Ein satter Beat, mit fetzigen Electro-Elementen und Jessie Js häufig verzerrter Stimme. Das scheint das Rezept für die Britin zu sein, doch leider findet es selten so starke Verwendung wie hier. Eine der ganz großen Singles 2011.
Schade. Mit "Mamma Knows Best" folgt wieder eine akustische Resteverwertung. Könnte man zumindest meinen, denn der Song könnte 1:1 so auf Christina Aguileras "Back to Basic"-Werk enthalten sein. Nicht sonderlich kreativ und wieder ein erheblicher Weitsprung zwischen den Genre. Scheinbar wusste Jessie J nicht welche Richtung sie einschlagen soll mit ihrem Soloalbum. Drum hat sie einfach alles verwurstet. Es folgt der nächste Sprung. Begleiten sie uns nun in die Karibik! "L.O.V.E." versprüht Karibik-Feeling und kann als lässige Reggae-Nummer gefallen. Gepunktet Miss J! Und endlich ergeben zwei Songs in Folge mal etwas wie eine Verbindung. Denn auch "Stand Up" ist ein sommerlicher Reggae-Ausflug, der ebenfalls lässig (Gang Vocals FTW!) und einfach gut klingt.
"I Need This" ist eine klassische Powerballade. Nichts Besonderes, denn so etwas hat man schon zighundert Mal auf anderen Alben gehört. Aber das ist nicht weiter wild, denn mit dem Titeltrack "Who You Are" vollendet der stärkste Track das Album. Als Akustik-Nummer beginnend, entwickelt sich das Lied zu einer mächtigen, ergreifenden und emotionalen Ballade. Ein wundervolles Lied, das mir auch nach dem zehnten Hören noch pure Gänsehaut beschert. Schade, dass das Album selten solche Emotionen hervorrufen kann.
Fazit
"Who You Are" ist ein perfektes Album...für das Formatradio. Sämtliche Radiostationen dürften drei Kreuze nach der Veröffentlichung des Albums gemacht haben, liefert es doch knapp ein Dutzend eingängige, ungefährliche Tracks ab, die man stündlich hoch und runter rotieren lassen kann. Anspruchsvolle Pop-Fans finden auf dem Album drei bis vier überragende Tracks, werden aber vornehmlich mit der Frage zurückgelassen – "Was will uns die Künstlerin damit sagen?"
Anspieltipps
Price Tag
Rainbow
Do It Like A Dude
L.O.V.E.
Stand Up
Who You Are
Artistpage
Tracks
1. | Price Tag | featuring B.o.B | ||
2. | Nobody's Perfect | |||
3. | Abracadabra | |||
4. | Big White Room (Live) | |||
5. | Casualty of Love | |||
6. | Rainbow | |||
7. | Who's Laughing Now | |||
8. | Do It Like a Dude | |||
9. | Mamma Knows Best | |||
10. | L.O.V.E. | |||
11. | Stand Up | |||
12. | I Need This | |||
13. | Who You Are |
Christian Finck - myFanbase
04.07.2011
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 20.05.2011Genre: Pop
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