Taking Back Sunday
Es gibt sie immer wieder mal: Die kleinen Wunder. Dinge geschehen die man nicht für möglich gehalten hätte. So schien es doch vor ein paar Jahren noch undenkbar, das Taking Back Sunday jemals wieder in der Konstellation zusammenkommen würden, die sich 2002 für den Post-Hardcore-/Emo-Meilenstein "Tell All Your Friends" verantwortlich zeichnete.
Das Problem, wenn man ein von Fans wie Kritikern gefeiertes Album vorlegt, ist immer das Gleiche: Alles was danach kommt, wird an eben diesem einen Werk gemessen. Einige Bands wie z.B. Jimmy Eat World schaffen es dann noch zwei oder drei ebenbürtige Alben nachzulegen. Andere nicht. Taking Back Sunday (TBS) gehörten leider in letztere Kategorie.
Nach dem sich John Nolan und Shaun Cooper 2003 nach etlichen Querelen innerhalb der Band aufmachten mit Straylight Run ruhigere Pfade zu bewandern, ging es mit TBS langsam aber sicher in Richtung Belanglosigkeit. Während man mit Fred Mascherino immerhin noch ein gutes Zweitwerk ("Where You Want to Be") einspielte, waren die Folgewerke "Louder Now" und das mit Matthew Fazzi an Gitarre und Backing Vocals eingespielte "New Again" lediglich langweilige und blasse Kopien dessen, was TBS einst so unglaublich gut machte. Dem kommerziellen Erfolg der Band tat dies aber keinen Abbruch. Im Gegenteil.
Umso erstaunlicher war dann die Ankündigung im letzten Jahr, dass sowohl Fazzi als auch Bassist Matt Rubano die Band "verlassen" hätten und durch niemand anderen als John Nolan und Shaun Cooper ersetzt werden würden. Dem nicht genug: Ein neues Album eben der Formation, die das geliebte "Tell All Your Friends" schrieb, wurde angekündigt. Die Freude unter Fans der ersten Stunde war groß. Die Erwartungshaltung riesig. Ein gutes Jahr später und das neue, namenlose Album steht in den Läden. Wird es den Erwartungen gerecht? Ist es ein zweites "Tell All Your Friends"? Die Antwort darauf ist ganz klar: Nein!
Die "Teenage Angst" die "Tell All Your Friends" textlich dominierte, ist Vergangenheit, die Texte weniger Klischeehaft und auch die Arrangements sind komplexer und musikalisch anspruchsvoller geraten als je zu vor. Gleich der Opener "El Paso" mit seinem Feedback und dem gebrochenen Gesang Adam Lazzaras machen die Marschroute klar: mehr Rock, weniger Post-Hardcore. Das man sich dabei dann bisweilen an Brand New zu "Daisy"-Zeiten erinnert fühlt, ist dann ob der gemeinsam Vergangenheit aber reiner Zufall. Oder?
Mit dem folgenden "Faith (When I Let You Down)" geht es dann in TBS bekannte, hymnische Gewässer und die dynamischen, zweistimmigen Gesänge Lazzaras und Nolans lassen es einem wie vor neun Jahren wieder eiskalt den Rücken herunter laufen. Das zugegebener Maßen seltsam betitelte "Best Places to Be a Mom" führt den eingeschlagenen hymnischen Weg konsequent weiter und zeigt Lazzara von seiner besten Seite: gesanglich so gut wie nie zuvor, unterstützt von Nolan im Hintergrund, erzeugt der Song die Art von Gänsehaut die man von TBS zu mindestens in ihren Anfangstagen gewohnt war.
Mit "Sad Saviour" und "Money (Let It Go)" hat das Album im Mittelteil aber leider auch zwei total vernachlässigbare Standardrocker, die jede drittklassige Emo-Kapelle auch hinbekommen hätte. So sind es dann auch die beiden Songs, die einem vor Augen führen, dass man es hier zwar mit gestandenen und begabten Musikern zu tun hat, die acht Jahre, die sie getrennt von einander Musik gemacht haben, merkt man ihnen aber leider doch an.
Glücklicherweise reißen sie das Ruder mit dem grandiosen "This Is All Now", das in der Bridge und im Refrain förmlich explodiert, und "It Doesn't Feel a Thing Like Falling" mit seinem absolut monströsem Refrain wieder herum und steuern schnurstracks in Hitgefilde. Das Abschließende "Call Me in the Morning" ist dann ein sehr getragener Song, der mit den gequälten und leidenden Gesang und von der Struktur her eher an einen Straylight-Run-Song erinnert. Allerdings passt Lazzaras Gesang hervorragend zum Arrangement und so endet das Album mit einem der Highlights des Albums und der Bandgeschichte.
Ob das Album bei Fans denselben Status erlangen wird wie "Tell All Your Friends", ist fraglich, bildete dies doch für viele, mich eingeschlossen, den Soundtrack für die Teenager-Jahre und die mit diesen einhergehende Unsicherheit, aber auch all der tollen Sommer und Erinnerungen. Das "Taking Back Sunday" dies nicht noch einmal wiederholen werden, steht außer Frage, doch wenn man als Fan seine Erwartungen herunter schraubt und auf kein zweites "Tell All Your Friends" besteht, sollte man nicht enttäuscht werden.
Fazit
Für Fans der ersten Stunde ist die Rückkehr von John Nolan und Shaun Cooper zu Taking Back Sunday sicher eins der Highlights des Jahres, aber auch für den normalen Hörer, der sich mit der Geschichte oder den älteren Alben der Band nicht auskennt, bietet das Album einiges: acht wirklich hervorragende Songs und drei etwas belanglosere Stücke irgendwo zwischen Indie, Rock und dem was Anfang des letzten Jahrzehntes mal als Emo bezeichnet wurde.
Anspieltipps
El Paso
Faith (When I Let You Down)
Best Places to Be a Mom
It Doesn't Feel a Thing Like Falling
Call Me in the Morning
Artistpage
Tracks
1. | El Paso | |||
2. | Faith (When I Let You Down) | |||
3. | Best Places to Be a Mom | |||
4. | Sad Savior | |||
5. | Who Are You Anyway? | |||
6. | Money (Let It Go) | |||
7. | This Is All Now | |||
8. | It Doesn't Feel a Thing Like Falling | |||
9. | Since You're Gone | |||
10. | You Got Me | |||
11. | Call Me in the Morning |
Mark Jürgens - myFanbase
14.07.2011
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (US): 28.06.2011Veröffentlichungsdatum (DE): 24.06.2011
Genre: Rock, Post-Hardcore, Independent, Emo
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