Bewertung
Lang Lang

Liszt - My Piano Hero

Am 22. Oktober hätte der Komponist Franz Liszt seinen 200. Geburtstag gefeiert. Passend zum Anlass veröffentlichte der chinesische Starpianist Lang Lang am 19. August das Album "Liszt – My Piano Hero", auf dem er eine Auswahl an Musikstücken seines großen Idols Liszt einspielt.

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Wenn man in der klassischen Musik nach einem Popstar sucht, kommt man an Lang Lang nicht vorbei. Ob TV-Shows wie "Wetten, dass..?", die Olympischen Sommerspiele oder Nobelpreisverleihungen – der 29-jährige Chinese ist aus der Medienwelt nicht mehr wegzudenken und man kann nur schätzen, wie viele kleine Landsmänner und -männinnen durch ihn motiviert den Weg in den Klavierunterricht gefunden haben. Lang Lang selbst hat seine Berufung als Pianist eigenen Angaben zufolge durch Liszt gefunden. Im zarten Alter von gerade mal zwei Jahren sah er eine "Tom und Jerry"-Folge, die musikalisch mit der "Ungarischen Rhapsodie Nr.2" unterlegt war. Von da an war sein Berufswunsch klar.

Wenn man diesen Hintergrund kennt, ist man natürlich neugierig auf die Auswahl – Liszts kompositorisches Schaffen war von einem immensen Umfang. Leider erfährt man aus dem Booklet nicht, warum Lang Lang die einzelnen Musikstücke ausgewählt hat. Von einem Album, das den Titel "Liszt – My Piano Hero" trägt, hätte man durchaus einen kleinen Kommentar zu jedem einzelnen Titel erwarten können.

Das Album selbst beginnt mit dem Titel "O pourquoi donc" - ein romantisches Musikstück, das von Schwermut und Leidenschaft geprägt ist. Lang Langs Phrasierungen sind wundervoll und er versteht es vortrefflich, die sanften, aber auch forscheren Seiten herauszuarbeiten – perfekt zum Träumen. Die sich anschließende Etüde "La campanella" stammt ursprünglich aus dem zweiten Violinkonzert von Niccolò Paganini und wurde von Liszt später be- und umgearbeitet. Sie ist ein schwierig zu spielendes Werk, das viel Können und Körperkontrolle erfordert. Die vielen Wiederholungen, schnellen Läufe und Sprünge stellen selbst an erfahrene Pianisten hohe Anforderungen. Technisch ist Lang Lang nichts vorzuwerfen, man merkt an jedem Tastaturschlag, dass hier einer der Toppianisten unserer Zeit am Klavier sitzt. Leider ist das nicht nur als Kompliment zu verstehen – stellenweise hat man hier das Gefühl, er übe sich gerade an einem Wettbewerb des virtuosen Geklimpers. Beim Klavierspiel geht es aber um mehr als nur raffinierte Technik - es ist auch stets eine Übersetzung von Emotionen und daran fehlt es hier. An dieser Stelle ist die nachdenklichere und mit mehr Tiefsinn gespielte Interpretation seines Landsmanns Yundi Li zu empfehlen.

Doch man sollte "Liszt – My Piano Hero" keineswegs zu schnell abschreiben. Obwohl Lang Lang oft vorgeworfen wird, in seinem Stil der Technik-Prahlerei zu frönen, zeigt er auf diesem Album, dass er auch die leisen Töne in all ihren Differenzierungen beherrscht. Ob etwa in der friedlichen "Consolation", dem beschwingteren "Grand galop chromatique", dem verträumten "Liebestraum" oder dem bedächtigen "Ave Maria" - an Sanft- und Verträumtheit wird nicht gespart.

Highlight des Albums ist das Klavierkonzert Nr. 1 in Es-Dur, bei dem Lang Lang von den Wiener Philharmonikern unter der Leitung des russischen Dirigenten Valery Gergiev begleitet wird. Virtuos, eindringlich und auf jeder Ebene wunderschön – perfekt für laue Sommerabende, die man mit geschlossenen Augen und einem Glas Rotwein ausklingen lassen möchte.

Fazit

Es gibt sicherlich Pianisten, deren Interpretationen tiefsinniger und ausdrucksvoller sind als jene von Lang Lang. Aber wer sich an virtuosem Können erfreut und Liszt mag, ist mit dieser sanften und doch beschwingten Platte gut bedient. Der größte Wermutstropfen ist das Fehlen von Liszts Klaviersonate in h-Moll, die als eines der anspruchsvollsten Stücke der Romantik gilt und auf jeden Fall zu so einer Sammlung dazugehört hätte.

Anspieltipps

Ungarische Rhapsodie Nr. 6, Grand Galop Chromatique

Artistpage

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Tracks

1.Romance "O pourquoi donc" in E Minor, S 169
2.La campanella in G-Sharp Minor from Grandes études de Paganini, S 141/3
3.Consolation No. 3 in D-Flat Major, S 172
4.Grand Galop chromatique in E-Flat Major, S 219
5.Liebestraum No. 3 in A-Flat Major, S 541/3
6.Hungarian Rhapsody No. 6 in D-Flat Major, S 244/6
7.Un sospiro in D-Flat Major from Trois études de Concert, S 144/3
8.Rakoczy March from Hungarian Rhapsody No. 15 in A Minor, S 244/15 (Horowitz version)
9.Ave Maria S 558
10.Piano Concerto No. 1 in E-Flat Major, S 124: I. Allegro maestoso
11.Piano Concerto No. 1 in E-Flat Major, S 124: II. Quasi adagio - Allegretto vivace - Allegro animato
12.Piano Concerto No. 1 in E-Flat Major, S 124: III. Allegro marziale animato

Eva T. - myFanbase
21.08.2011

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