Bewertung
Florence + the Machine

Ceremonials

Kennt ihr das? Kennt ihr das, wenn ihr etwas lest, seht oder hört, von dem ihr nur denken könnt: "Wieso kann ich nicht das Genie hinter diesem Meisterwerk sein?" Genau dieses Gefühl hat man, wenn man "Ceremonials" hört.

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© Island Records

Als Florence Welch 2009 mit ihrem Album "Lungs" auf der Bildfläche erschien, erstürmte sie nicht nur weltweit die Charts, sondern auch die Herzen ihrer Fans. Nachvollziehbar, wenn man sich in ihre Musik reingehört hat, komplett erstaunlich und unerklärbar, wenn man sieht, was sonst im Moment Mainstream-Musik ist. Florence + the Machine hingegen ist keine Eintagsfliege, kein One-Hit-Wonder, das schnell in der Versenkung verschwindet. Hier wird nicht mit Elektronik gearbeitet, keine künstlicher Beat und erst recht kein Auto-Tune. Das braucht man vor allem auch gar nicht. Die kecke Britin verfügt über ein Stimmorgan, über das Ottonormalverbraucher nur staunen kann. So was Schönes und Stimmgewaltiges hört man nicht oft. So was Schönes und Stimmgewaltiges, an dem nichts rumgemurkst wurde erst recht nicht. Deswegen ist und bleibt ihre Stimme Florences größtes Markenzeichen, das sie sehr gut einzusetzen weiß.

Man könnte glauben, zwischen David Guetta und Rihanna gäbe es keinen Platz für jemanden, der sein Publikum mal herausfordert und in andere Welten entführt. Falsch gedacht! Was bei den obengenannten "duf, duf, duf" ist, wird bei Florence zu einem Hörvergnügen aus Streichern, rhythmischem Schlagzeug und der allgegenwärtigen Harfe. Vollgeladen, ja fast überladen. Die Betonung allerdings liegt hier auf dem "fast". "Ceremonials" liegt anfangs schwer im Magen und man hat das Gefühl durch die schiere Fülle an Klängen erschlagen zu werden, aber schon bald ist man hoffnungslos gefangen in Florence kleiner bzw. sehr großer Welt, ihr Wunderland.

Man fühlt sich wirklich wie Alice, die eine völlig unbekannte Welt entdeckt und diese auch erst mit der Zeit lieben lernt, denn anders als sein Vorganger "Lungs" ist "Ceremonials" schwerer, größer und bedrohlicher. So trippelt die kleine Alice von einem Abenteuer ins andere, schlägt sich mit Dämonen ("Shake It Out"), dem Geist ihrer Großmutter ("Only If for a Night"), Depression und Einsamkeit ("Breaking Down", toll in Szene gesetzt durch den Kontrast der fröhlichen Musik) und fühlt sich tief verbunden mit der Frau mit der schönen Stimme.

Genauso entfaltungsreich wie seine Schöpferin ist auch "Cermonials": glaubt man einmal einen Gesamteindruck des Albums gewonnen zu haben, entdeckt man immer wieder Stellen, die einem vorher nicht aufgefallen waren. Die einzelnen Lieder, obwohl fest gepresst auf der CD, scheinen sich immer wieder zu wandeln, entziehen sich immer unseren Erwartungen und halten nie, was sie beim ersten Hören noch versprochen haben. Es ist, als höre man einem Kaleidoskop zu.

Wer "Lungs" kennt, dem ist es kein Geheimnis, dass die gute Florence ein Faible fürs Mystische und Glamouröse hat und dementsprechend hört sich ihre Musik auch an. Dieses Element des Geheimnisvollen findet sich auch immer in ihren Videos wieder, so zeigt das Musikvideo zu "Shake it Out" sie auf einem 20er-Jahre-Ball umgeben von maskierten Menschen, während sie wie besessen tanzt. Es wirkt fast schon zu klein und eng dafür, dass "Shake It Out" so viel Energie hat. Das Lied handelt davon, seine inneren Dämonen und Teufel loszuwerden und man hat das Gefühl Welch singt sich bei dem Versuch noch die Seele aus dem Leib.

Da wir hier aber von einem Florence-+-the-Machine-Album reden, kann man sich sicher sein, dass "Shake It Out" nicht das einzige Lied bleibt, bei dem wir befürchten müssen, dass die Gute am Schluss einen Kreislaufkollaps hat. Kandidaten dafür sind "What the Water Gave Me" und das geniale "No Light, No Light". Immer wieder übertrifft sie sich selbst und bietet erstaunliche Gesangseinlagen ein, die "Ceremonials” , trotz sehr guter Komposition, erst zu dem machen, was es ist.

Fazit

Florence Welch hat es mit "Ceremonials" geschafft, sich selbst treu zu bleiben und auf demselben hohen Niveau Musik zu schreiben, sich aber doch weiterzuentwickeln. Der Nachfolger ihres Debüts ist schwerer und nicht mehr so leichtfüßig wie "Lungs" ist aber fast genauso gut. Ms Welch muss also nicht fürchten für den Rest ihrer Karriere immer nur mit "Lungs" verglichen zu werden.

Anspieltipps

Shake It Out

No Light, No Light

What the Water Gave Me

Artistpage

FlorenceAndTheMachine.net

Tracks

1.Only If for a Night
2.Shake It Out
3.What the Water Gave Me
4.Never Let Me Go
5.Breaking Down
6.Lover to Lover
7.No Light, No Light
8.Seven Devils
9.Heartlines
10.Spectrum
11.All This and Heaven Too
12.Leave My Body

Ameli H. - myFanbase
23.11.2011

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