Born to Die
Ja ja, das Internet. Schon für so einiges verantwortlich. Von Börsencrash über Regimestürzungen bis hin zu Chartplatzierungen. Wie zum Beispiel bei Lana Del Rey. Als sie Ende 2011 mit "Video Games" ins Rampenlicht trat, waren die Meinungen schnell gespalten. Die einen lauschen gerne ihrer tiefen Stimme, die zusammen mit der Musik und den Texten an eine 60er-Jahre-Diva erinnern und die anderen stürzten sich sofort auf ihre exzentrische Art und machen sich darüber lustig, unter anderem mit dem Twitter-Account "Llama Del Rey". Recht haben sie beide.
Das 50er/60er-Jahre-Feeling in "Blue Jeans" oder "Video Games" ist wirklich mal Pop der sich vom typischen 08/15-Rihanna-Lied unterscheidet, zu dick auftragen tut die Gute aber trotzdem. Und zwar überall – in ihrer Art, ihrem Aussehen, der Musik und vor allem den Texten. Die "self-styled Gangsta Nancy Sinatra" teilt mit ihrem Vorbild eigentlich nur den Kleidungsstil, wenn auch in düsterer Version. Ansonsten ist nichts "gangsta" an Lana Del Rey, oder Elizabeth Woolridge Grant wie sie eigentlich heißt. Ihr Album "Born to Die" kennt eigentlich nur ein Thema: Männer. Oder genauer gesagt einen Mann, der Bad-Boy. Das Klischee Alphamännchen von dem das unerfahrene, dumme auf-keinen-Fall-eigenständige Mädchen nicht wegkommt, obwohl er sie immer wieder ach so schlecht behandelt. Sid und Nancy, nur halt im 60er-Jahre-Style. In knapp 50 Minuten schafft Del Rey jegliche Erfolge des Feminismus nichtig zu machen und Geschlechterrollen auf den goldenen Thron zu setzen. Aber wie bei allem: Es wird zu dick aufgetragen. So dick, dass die ganze Nummer einem schon wieder ironisch vorkommt: Wenn Del Rey in ungewöhnlich hohen Tönen "Be a good baby, do what I want" trällert, würde man normalerweise "Satire" denken. Da sie allerdings die Zeitmaschine angeschmissen hat, bin ich mir da nicht mehr so sicher. Zumal sich dieses Bild konstant durch das Album zieht. Würde sie wirklich etwas mit "Born to Die" auf die Schippe nehmen wollen, wäre sie nicht als Gangsta Nancy unterwegs.
Dementsprechend nervig kann ihr Album auch zuweilen sein. Doppelt gemoppelt hält halt nicht immer besser. Die dargestellte übertriebene Hilflosigkeit kommt in den langsamen Lieder wie "Carmen" oder "Million Dollar Man" besonders hervor, was schade ist. Hätte man bei "Carmen" den Regler auch nur ein bisschen zurück gedreht, wäre eines der besten Lieder des Albums draus geworden.
Generell lautet bei "Born to Die" die Zauberformel "Je schneller, desto besser". Die Texte sind schon schwermütig genug, denn in jedem einzelnen schwingt die Traurigkeit noch mit, aber wenigstens kann man sich an der Musik erfreuen. Was die Sängerin selbst als "Hollywood Sadcore" beschreibt, ist bei den schnelleren Liedern richtig ansteckend. "Off to the Races" geht von dem Text her zwar gar nicht (von NME zurecht "a freak show of inappropriate co-dependency" genannt) ist aber musikalisch mitreißend.
Del Reys Stimme ist ein Pluspunkt von "Born to Die". Eigentlich. Was an gelungenen Stellen verrucht, sexy klingt, ist an anderen, man ahnt es schon, übertrieben und geht ins hilflose, fast schon betrunkene. Zu dem Punkt, dass man "öffne doch deinen Mund" in die Lautsprecher schreien will, weil die Sätze nicht zu unklar und deutlich herauskommen. Das hätte echt nicht sein müssen.
Fazit
Internetphänomene sind immer sehr polarisierend. Genauso gespalten wie die Meinungen über das Album ist es auch selbst. "Born to Die" hätte das Potenzial gehabt, ein richtig gutes Popalbum zu werden mit etwas andern musikalischen Kompositionen. Da allerdings an allen Ecken und Enden zu fett gespachtelt wird, stellt sich kein wirkliches Hörvergnügen ein. Für Lieder wie "Summertime Sadness", "Blue Jeans" oder "Video Games" lohnt sich das Album jedoch schon.
Anspieltipps
Summertime Sadness
Blue Jeans
Video Games
Artistpage
Tracks
1. | Born to Die | |||
2. | Off to the Races | |||
3. | Blue Jeans | |||
4. | Video Games | |||
5. | Diet Mountain Dew | |||
6. | National Anthem | |||
7. | Dark Paradise | |||
8. | Radio | |||
9. | Carmen | |||
10. | Million Dollar Man | |||
11. | Summertime Sadness | |||
12. | This Is What Makes Us Girls |
Ameli H. - myFanbase
30.03.2012
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (US): 31.01.2012Veröffentlichungsdatum (DE): 27.01.2012
Genre: Pop, Independent, Alternativ
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