Living Things
"Living Things", das fünfte Studioalbum der erfolgreichen Band Linkin Park, ist nicht das, was der Titel impliziert. Ein lebendiges Album wäre es gewesen, hätte die Band sich weiterentwickelt, doch leider scheint sie nicht nur den von Mike Shinoda angekündigten Blick zurück auf die Wurzeln zu machen, sondern tatsächlich etwas undeutlich im Dunkeln der Bandgeschichte herum zu stampfen.
Schon die vorab im April herausgebrachte Single "Burn it Down" implizierte zwar nicht gleichen einen Rückschritt, aber sicherlich auch keinen Fortschritt. Erinnerte das Video so stark an das zum "Transformers 2"-Soundtrack "New Divide", dass es schon schmerzt, passt der Song auch von Klang und Wortlaut perfekt zwischen das 2007 erschienene Album "Minutes to Midnight" und das großartige Konzeptalbum von 2010 mit dem Titel "A Thousand Suns". Doch bevor man mit dem ZDF-EM-Song auf dem neuen Longplayer unterhalten wird, erschüttern einen sowohl "In the Echo" und "In My Remains". Sie erschüttern keinesfalls durch besondere Innovationen oder hervorstechende Texte, sondern sie erschüttern einen tief im Inneren. Man hat das Gefühl, dass man beide Songs schon einmal gehört hat, auch wenn man das nicht hat. Solche Radiokompatiblen Lieder suchte man auf dem vergangenen Album vergeblich, umso schrecklicher scheint hier die Aneinanderreihung von gleich drei dieser Songs am Stück. Nach dem dritten Stück, bereits erwähntes "Burn it Down", sind bereits zehneinhalb Minuten um. Linkin Park dudelt mit Mainstreem-Musik dahin und man hofft, dass es besser wird, obwohl ich nicht sagen will, dass mir die drei Lieder nicht gefallen. Im Gegenteil. Alle drei haben das Potenzial für lang anhaltende Ohrwürmer, hier vor allem "In My Remains", wo erst Mike und dann gegen Ende auch Chester konstant singen: "Like an Army falling one by one by one". Keine Frage, dass mir diese Zeilen sobald nicht mehr aus dem Kopf gehen werden.
Mit dem äußerst kurzen Stück "Lies Greed Misery" wird zum ersten Mal in den Topf mit den alten Alben gegriffen und daraus das Beste zusammen gepackt. Das Stück erinnert sehr an die des ersten Albums und kann auf ganzer Linie überzeugen. Was mich daran fesselt ist eben dieser Blick nach Hinten, der sowohl soundmäßig, als auch textlich besteht. Trotzdem klingt das Lied nicht abgenutzt, sondern neu und erfrischend. Es folgen zwei Stücke, die jeweils nur von einem der beiden Sänger gesungen werden. Dabei fällt Chesters "I'll Be Gone" weit hinter das von Mike gesungene und überaus melancholische "Castle of Glass". Mikes Stück überzeugt mit einer tragenden Stimme und der dazu im Kontrast hervorragend passenden Linkin-Park-Synthy-Musik. Dieser Song ist einer der Höhepunkte des Albums. Es folgt darauf "Victimized". Ein Lied so laut und unmelodisch, wie man sie sonst nur von Heavy-Metall-Bands kennt. Ein kreischender Chester, der immer wieder "Victimized, Vicitimized, Never Again – Victimized" ins Mikro brüllt unterbrochen von klassischem Mike-Rap, der von Gewalt und Schwäche singt, ist das Innovativste, das das Album bietet. Auch nach mehrmaligem Hören bin ich mir schwer unschlüssig, wohin ich dieses Stück stecken soll. Einfach ein genialer Schachzug oder ein Ausrutscher, der nicht wieder passieren darf. Ich kann mich nicht entscheiden. Dieses Lied ist so sehr nicht Linkin Park, dass es wieder Linkin Park ist. Das Experimentierfreudige der Band wird hier so deutlich, wie nirgends sonst auf dem Album.
Nach diesem lauten Intermezzo geht es mit "Roads Untravened" weiter. Einem Klavier-Glockenspiel-Song, der so tief unter die Haut geht, dass man eine Gänsehaut bekommt. Zunächst singt Mike mit seiner tiefen, harmonischen Stimme, die man meiner Meinung viel zu selten wirklich singen hört. Als in der zweiten Strophe Mikes dominante Stimme im Hintergrund von Chesters begleitet wird, ist es um mich geschehen und ich habe meinen Song des Albums gefunden. Es ist großartig dieses Stille Stück anzuhören, vor allem im Kontrast zu dem, was zuvor lief. Ein kluger Schachzug ihn an diese Stelle im Album zu setzen. Es folgt ein nichtssagender Woo-hoo-Refrain, gefolgt von einer letzten Strophe, die dann Chester alleine singt. Ein schöner Übergang, der gleichwertiges sucht. Es folgen "Skin to Bone" und "Until It Breaks", die sich wie auch die ersten drei Titel des Albums anhören, als hätte man sie auf vorangegangenen Alben der Band schon einmal gehört. Nur das Ende von "Until It Breaks" kann einmal mehr Gänsehaut kreieren. Mit "Tinfoil" versucht man sich an einem Instrumentalstück, das sehr an die Intros der vergangenen Alben erinnert und sicherlich an dieser Stelle des Albums besser aufgehoben gewesen wäre. Doch gerade diese Retro-Sache macht das Stück zu einem kleinen Edelstein von 1:11 Minuten, der Ruhe in das Album bringt. Es geht fließend in das letzte Lied des Albums "Powerless" über und hier zeigt sich noch ein letztes Mal die Schönheit, die der Musik von Linkin Park innewohnt. Ein schöner Abschluss für ein eher mittelprächtiges Album, das klingt, als würde es mal hier mal da etwas aus vergangenen Alben übernehmen und trotzdem irgendwie eine eigene Note spielt.
Fazit
Es gibt kein anderes Linkin-Park-Album, das so viele Sprünge macht wie "Living Things". An dieser Stelle ist es tatsächlich ein lebendes Ding, doch leider nicht auf die Art und Weise, wie ich es mir gewünscht hätte. Durch die vielen Songs, die zurück auf die Bandgeschichte blicken, hat Linkin Park aber sicher wieder ein Album geschaffen, das auf mehr Zustimmung der breiten Masse treffen wird. Für mich persönlich aber ist es ein Stillstehen, ja ein Rückschritt auf bereits Ausgeschöpftes. Ich fand es immer gut, dass sich die Band mit jedem Album neu erfand. Zumindest einige Songs lassen diese Eigenart erkennen. Dazu gehört auch das Schlussstück "Powerless". Kraftlos ist das Album sicherlich nicht, aber eben auch keine Innovation wie "A Thousand Suns". Trotzdem freue ich mich auf die nun bald anstehende Tour, denn die neuen Songs kombiniert mit den alten, ergeben sicherlich eine verdammt gute Show.
Anspieltipps
Lies Greed Misery
Castle of Glass
Victimized
Roads Untraveled
Powerless
Artistpage
Tracks
1. | Lost in the Echo | |||
2. | In My Remains | |||
3. | Burn It Down | |||
4. | Lies Greed Misery | |||
5. | I'll Be Gone | |||
6. | Castle of Glass | |||
7. | Victimized | |||
8. | Roads Untraveled | |||
9. | Skin to Bone | |||
10. | Until It Breaks | |||
11. | Tinfoil | |||
12. | Powerless |
Jamie Lisa Hebisch - myFanbase
23.06.2012
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (US): 26.06.2012Veröffentlichungsdatum (DE): 22.06.2012
Genre: Rock, Elektro, Alternativ
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