Premiere
Nora Tschirner ist die neue Zooey Deschanel, Prag ihr ganz persönliches Bandprojekt und Bombast der kleine Bruder von Brillanz - soweit der etwas windschiefe erste Eindruck, den man hiervon erhält. Es ist dann schon ein bisschen anders.
"Was du gar nicht verstehst, ist mein fragend-zweifelnder Blick", singt Erik Lautenschläger in "Einfach" – und genau dieser Blick lässt sich nicht vermeiden, wenn man vernimmt, dass Nora Tschirner jetzt eine Band und so hat. Der Weg von MTV zu Til Schweigers unsäglichen Hochglanz-Schmachtfetzen zu einer Musik, die sich die "Neue keine falsche Bescheidenheit" nennt, ist dann doch ein überraschender.
Natürlich sind alle Augen auf Tschirner gerichtet, deren Popularität vielleicht im Haifischbecken Musikbusiness doch ganz gelegen kommt; Tatsache ist, dass das Projekt von Erik Lautenschläger und Tom Krimi schon länger vor sich hinbrutzelte und La Tschirner bloß noch das, wenn man so will, "Sahnehäubchen" auf dem Törtchen ist - kennen tut man sich übrigens vom Schulchor.
Ob das der Grund ist, warum sie meist nur mit Lautenschläger gemeinsam ans Mikro darf?! Auffallend ist, dass man ihre Stimme überhaupt nur bei einem Drittel der Songs hört - ansonsten begnügt sie sich damit, diverse Instrumente wie Gitarre oder Hackbrett zu bearbeiten und in den Promo-Videos ständig die Vintage-Outfits zu wechseln. Zumindest diese rechtfertigen den Vergleich mit besagter US-Kollegin.
Das übergeordnete Ziel dieses Projekts lautete jedenfalls, cineastisch-feinsinnige Popmusik zu machen – gespickt mit den Schlagwörtern "Nostalgie", "Chanson", "Bohème" und "Dandy". Das Debüt nahm man mit dem tschechischen Filmorchester in Prag auf – gemeinsam mit der dort herrschenden Melancholie Grund genug, gleich die ganze Sache nach der Stadt zu benennen.
Wenn man es nach den oben genannten Gesichtspunkten betrachtet, haben sie ihre Hausaufgaben gemacht: Die Stücke auf "Premiere" rufen genau diese Assoziationen hervor - man kann sich halt nur selten entscheiden, ob man das jetzt "charmant dandyhaft" oder "übertrieben dandyhaft" finden soll.
Der Einsatz des Orchesters wie in der rasch beeindruckenden Vorab-Single "Sophie Marceau" ist originell und mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet – ihre besten Momente haben Prag aber dann, wenn a) Nora Tschirner mitsingt und b) das Ganze in musikalisch reduzierter, textlich nicht unnötig schwülstiger Form daherkommt: Im wahrhaftig poetischen, herzerwärmenden "Bis einer geht" und dem verträumten "Zweiter" beispielsweise. Anderes läuft rasch Gefahr, bei allen guten Vorsätzen zu blasiert und konstruiert zu klingen: Wenn der überhaupt zeitweise etwas anstrengende Lautenschläger in "Zeit" sich in Ergüssen über das Songwriting von Leonard Cohen und drei Beatles-Platten in einem Jahr verliert und sich letztendlich "was das bedeutet, weißt du auch nicht" eingesteht – das sind Dinge, die muss kein Mensch auch noch mit anschwellendem Orchester hinterlegt hören.
Fazit
"Nein, das ist bestimmt nicht geklaut / Das hätte ich mich niemals getraut / Was weiß ich, warum du es schon kennst", säuseln Prag auf ihrer Platte – und ja, man muss ehrlich zugeben, dass sie mit ihrer "Neuen keine falsche Bescheidenheit" etwas Originelles, neuartig Anmutendes auf ihr Publikum loslassen. Mit ihren sorgsam, mit viel Liebe zur Ästhetik ausgearbeiteten Songs verbreiten sie gemeinsam mit dem tschechischen Orchester einen Hauch von Nostalgie und Schwarz-Weiß-Romantik – zum Stolperstein wird ihnen öfter die Tatsache, dass sie mit zu viel Anstrengung versuchen, ebendies herbeizuführen. Dann kippen ihre Weisen ins altbackene Schlagergefilde – oder ein anfangs so beeindruckender Song wie "Sophie Marceau" wirkt beim mehrmaligen Hören nur noch konstruiert und nervig. Die gute Frau Tschirner hätte es mit ihrem musikalischen Debüt aber durchaus schlechter treffen können.
Anspieltipps
Zweiter
Bis einer geht
Argumente tausendfach
Einfach (beide Songs)
Artistpage
Tracks
1. | Leisestreichler | |||
2. | Sophie Marceau | |||
3. | Zeit | |||
4. | Zweiter | |||
5. | Drehbuch | |||
6. | Vögel | |||
7. | Einfach | |||
8. | Und jeder hält die Luft an | |||
9. | Bis einer geht | |||
10. | Einkauf | |||
11. | Argumente tausendfach | |||
12. | Warten | |||
13. | Einfach | |||
14. | Ende |
Stephanie Stummer - myFanbase
13.02.2013
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 25.01.2013Genre: Pop
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