Pascal Finkenauer
Nach dem selbstbetitelten Solodebüt vor neun Jahren, dem eingängigen Zweitling, dem dunklen Dritten und einer elektro-orientierten EP nun also Platte Nummer fünf. Nannte er sich auf den ersten zwei Alben schlicht "Finkenauer", kam der Vorname dann hinzu und so kann er erneut eine Veröffentlichung selbstbetiteln. Anders als das künstlich wirkende Nennen des Nachnamens, das auch eine Yvonne Catterfeld schnell ablegte, wirkt ein Album, das auf den Namen "Pascal Finkenauer" hört, sofort echt und authentisch. Da müsste man wissen, woran man ist. Ein schlichtes Schwarz-weiß-Portrait verstärkt diese Erwartung.
Und tatsächlich. Auch diesmal spürt man Pascal Finkenauer in jedem Wort. Seine Poesie ist anspruchsvoll und gleichzeitig alltagsnah, ist in aller Melancholie dennoch euphorisch. Der Mittdreißiger versteht es mit Worten Bilder zu malen, die voll und eindringlich wie im Eröffnungstitel "Verzerrt" sind: "Ich bin die ganze Nacht gegangen / unter mir ist Samt / und in den Venen spült es Ratten / an den Strand / Ich seh mich fast gar nicht mehr / und wenn dann nur von Weitem und / verzerrt / sind die Anderen wenn sie schlafen / lebend scheinen sie fast makellos.". In dem Liedermacher geht etwas vor, geht viel vor. Und er scheut sich nicht, dies mitzuteilen.
In "Den Bach runter" erzählt er: "Ich weiß noch nicht / wie es mit mir weitergeht / wie es sich am Abgrund lebt / Ich bin am Ende / also tanzt auf dem Rest meiner Reste / Ich bin am Ende / also tanzt auf dem Fest aller Feste.". Depression? Nein, denn in "Im Licht" heißt es: "Ich bin ziemlich gut beisammen / und guter Dinge / dass es weiter, weiter geht.". Ein paar Zeilen später erklärt Finkenauer, wie das zusammenpasst: "Es hängt immer davon ab / in welchem Licht man steht.". Pascal Finkenauers Licht ist nicht die Sonne, noch nicht. Es ist das nächtliche Licht – der Mond, der kurzzeitige Scheinwerferstrahl, die künstliche Neonröhre. Es ist nicht das Eine oder das Andere, nicht gut oder schlecht, nicht Hoffnung oder Verzweiflung. All das existiert bei ihm nebeneinander und letztlich ist es, was es ist, wie er in "Maschine" resümiert.
Bei solch einer Textstärke ist es erstaunlich, dass der Wahl-Hamburger zuerst die Musik komponiert und dann den Inhalt der Atmosphäre des Lieds anpasst. Diese Arbeitsweise geht wie immer auf – seine Lieder klingen wie seine Texte sprechen: Dunkel, aber warm. Sensibel, aber druckvoll. Sie sind abwechslungsreich und dennoch stilsicher. Songs wie "Alles in Rage" und "Im Licht" rocken mehr als früher, in "Hinter zerrissenen Tüchern" tönt sogar ein Schrei und "Maschine" ist recht punkig. Live im Studio eingespielt ist der Bandsound dichter, hat eine fein nuancierte Dynamik und liegt irgendwo zwischen Blumfeld, Wolfsheim und Interpol. Der Opener "Verzerrt" zeigt dies mit seiner verzerrten E-Gitarre, ihrem entzückendem Zupfen und den treibenden Beats stellvertretend. Und auch wenn "Den Bach runter" sogar leicht psychedelisch daher kommt, ist Finkenauers markanter Sound nach wie vor da. Er hat sich weiterentwickelt ohne sich untreu zu werden, was eben nicht nur in ruhigen Stücken wie "Müdigkeit" oder dem mitsingbaren "Offen" zu merken ist. Musterhaft ist "Brennende Autos", das sich nach der Zeile "Ich bin nicht gern allein" für kurze Zeit vollkommen verliert, laut wird, schrammt und verzerrt, bevor es wieder so traurig klingt wie zuvor. Anderen Songs fehlt wie auf "Unter Grund" etwas die Wiedererkennbarkeit von "Beste Welt". So sind sein Tiefgang und seine charismatische Stimme nach wie vor Pascals wichtigste Instrumente um Eindruck zu hinterlassen, während er sich als Komponist noch entwickeln kann.
Fazit
Düster wie das Albumcover, stylisch wie sein Anzug, detailreich wie die Wandverkleidung hinter Pascal – das Bild der fünften Platte teilt die Adjektive mit ihrer Musik. So wie der Kopf des Sängers fast zu hell heraussticht, so macht Pascal Finkenauer sich offen in seinen Liedern. Das ist nun mal er. Das musste gerade raus. Und so wie der Schriftzug leicht zu wackeln scheint, sind auch seine Gefühle und Überzeugungen nicht für immer, will auch seine Musik nur eine unperfekte Momentaufnahme sein und zeigen, wie er derzeit ist. Eine sympathische Attitüde, die dem Schaffen eines Meilensteins deutscher Musik aber im Weg zu stehen scheint.
Anspieltipps
Verzerrt
Den Bach runter
Maschine
Brennende Autos
Offen
Artistpage
Tracks
1. | Verzerrt | |||
2. | Im Licht | |||
3. | Den Bach runter | |||
4. | Maschine | |||
5. | Wellen | |||
6. | Lautes Lachen | |||
7. | Müdigkeit | |||
8. | Brennende Autos | |||
9. | Hinter zerrissenen Tüchern | |||
10. | Taucherin | |||
11. | Alles in Rage | |||
12. | Offen |
Micha S. - myFanbase
09.04.2013
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 05.04.2013Genre: Singer-Songwriter, Pop
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Aktuelle Kommentare
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