Evil Friends
"Just because I lost it doesn't mean I want it back", singt John Gourley auf "Evil Friends" – und damit sollten sich auch diejenigen abfinden, die vergeblich darauf warten, dass Portugal. The Man die enorme Wucht ihrer ersten Alben wiederfinden, die einen so oft mit offenem Mund zurückließ. Denn sie schielen nicht nur weiterhin auf Pop und Mainstream, sondern bitten in der Indie-Disco zum Tanz, um dann mit stolzgeschwellter Brust zu sagen: "Diese kleine Sommer-Hymne, die du da hörst, haben wir mit niemand Geringerem als Danger Mouse aufgenommen." Schräger als die musikalische Entwicklung der nimmermüden Musiker aus Alaska ist die darauf folgende Erkenntnis: Das erste Mal seit "The Satanic Satanist" ertappt man sich wieder dabei, dass der Mund ein klitzekleines Stückchen offen steht, man tief durchatmet und selig auf Replay drückt.
Verdanken dürften wir das zweierlei Umständen: Erstens der vielzitierten Aussage vom momentan heißesten Musikproduzenten Brian "Danger Mouse" Burton, dass er keine Lust habe, eine Rockband zu produzieren. Zweitens der Tatsache, dass die Band das erste Mal seit überhaupt aufgrund von Mr. "Ich will eigentlich nicht" Danger Mouse ein Jahr verstreichen ließ, in dem kein neues Album veröffentlicht wurde. Der Bruch mit dieser Tradition fühlt sich insofern vernünftig an, als dass man besonders bei den letzten beiden Alben einen deutlichen qualitativen Abfall hörte - und man nicht anders kann, als dies mit ihrer strikten Veröffentlichungspolitik in Verbindung zu bringen.
Nach bärbeißigem Progrock, souligen Psychedelic-Verschachtelungen und zig anderen Musikrichtungen, die sich ineinander verkrallen, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, legen sie nun eine Platte für den Sommer vor, zum Cabrio-Fahren oder zum Sich-Wünschen-man-hätte-ein-Cabrio, zum Cocktail-Schlürfen auf besagter Tanzfläche besagter Indie-Disco. Nach ihren bisherigen musikalischen Launen kann man sich bei den Songs von "Evil Friends" weniger denn je vorstellen, wie sie dieses Zeug um Himmels Willen auf die Bühne bringen wollen.
Selbst auf Platte dauert es, bis "Evil Friends" einen das vorhandene Potenzial spüren lässt: Trotz immens eingängigen Refrains und treibenden Rhythmen folgt kaum ein Song irgendeinem geradlinigen Konzept, sondern mischt munter alles zu einer quietschbunten Masse zusammen, macht Loopings und sonstiges verrücktes Zeug, dass wohl nur Typen einfallen kann, die in der Pampa von Alaska aufgewachsen sind.
Es gibt erhabene, himmelhoch jauchzende Hippie-Chöre, zuhauf Handclaps, Gameboy-Piepser, ein Gruselklavier, ein Guns'n'Roses-Intro und einen Sgt.-Peppers-Moment – beide zum Glück nicht im selben Song. Es gibt Zeilen, die man mit pathetischer Geste an die Wand pinseln sollte ("the only faith we have is faith in us"), und Zeilen, die man sich merken und bei Gelegenheit jemandem auf den Postkasten kritzeln möchte ("after you, hell should be easy"); John Gourley, der Mann, der für diese Zeilen verantwortlich ist, singt noch immer wie ein Mädchen und sorgt sogar zwei Mal für einen klassischen Karen-O-Moment.
Es gibt blumiges 60ies-Gitarren-Gejaule, freshe Beats, peppige Bläser, elektronische Spielereien und Britpop-Anleihen. Mit "Sea of Air" schreiben Portugal. The Man ihren bisher ätherischsten Song, mit "Purple Yellow Red and Blue" den sich bisher am stärksten am Mainstream anbiedernden. Mit "Creep In a T-shirt" und "Evil Friends" schaffen sie letztlich genau diese kleine, durchgeknallte, in sich perfekte Indie-Sommer-Hymne, bei der man einen Hauch der alten Wucht zu spüren glaubt – nur in eben einem komplett anderen Gewand.
Fazit
Wäre es nach mir gegangen, hätten sich Portugal. The Man nicht in diese Richtung entwickelt, sondern wären irgendwo zwischen "Censored Colors" und "Church Mouth" hängen geblieben. Nichtsdestotrotz haben sie in dieser Ecke nun alles richtig gemacht – nämlich den Dancefloor-kompatiblen Indie-Pop der Marke "Danger Mouse" in einer gehörigen Portion Weirdness ertränkt.
Anspieltipps
Creep In a T-shirt
Evil Friends
Modern Jesus
Sea of Air
Artistpage
Tracks
1. | Plastic Soldiers | |||
2. | Creep In a T-shirt | |||
3. | Evil Friends | |||
4. | Modern Jesus | |||
5. | Hip Hop Kids | |||
6. | Atomic Man | |||
7. | Sea of Air | |||
8. | Waves | |||
9. | Holy Roller (Hallelujah) | |||
10. | Someday Believers | |||
11. | Purple Yellow Red and Blue | |||
12. | Smile |
Stephanie Stummer - myFanbase
20.06.2013
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 31.05.2013Genre: Independent, Alternativ
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