Tales of Us
Kunstvolle Videos zu den einzelnen Songs, eine spezielle GoldfrApp – rund um ihr sechstes Studioalbum haben die Briten, Rückkehrende aus dem Reich des Plastikpop, ein mystisches Netz gesponnen. Alles nicht nötig: Album und vor allem Alisons Gesang wirken am besten, wenn man sich sonst auf nichts anderes konzentriert.
Auf "Tales of Us" schlüpft Alison Goldfrapp in verschiedene Rollen, aus deren Perspektive der jeweilige Song erzählt wird. Die Stücke sind nach ihren Protagonisten benannt, heißen also "Annabel" und "Drew" und "Simone" und handeln von Mädchen in Jungenkörpern, von Betrug und Liebe und Leid. Diese Grundidee hinter der Platte mag ja an und für sich sehr reizvoll sein, doch selbst wenn man ihr den Raum und die Zeit gibt, die sie unbedingt braucht, um überhaupt wirken zu können, fällt es einem dennoch schwer, die Inhalte richtig aufmerksam zu verfolgen.
In seiner Wirkung ähnelt "Tales of Us" nämlich "Seventh Tree" aus dem Jahre 2008. Beide Alben strahlen etwas Geheimnisvolles, Fragiles, beinahe Ätherisches aus. Ohne dass sich einzelne Songs großartig in den Vordergrund drängen, sind sie eher als eine Gesamtheit zu verstehen, die eine nicht zu unterschätzende Sogwirkung auf den Hörer ausübt, ihn einlullt und verzaubert.
Der große Unterschied: "Seventh Tree" speiste seine Wirkung aus psychedelischem und folkigem Soundgewebe, "Tales of Us" hingegen funktioniert eher wie ein Film Noir, durchgehend düster, durchwegs melancholisch. Als Highlight wird nicht so sehr das Konzept wahrgenommen, sondern die Art und Weise, wie Alisons Gesang und der sanft pochende, manchmal pulsierende Klangteppich zusammenwirken.
Alisons Stimme ist so vieles zugleich: Sie ist Samt, sie ist Seide, sie ist Karamell, sie ist Schall, sie ist Rauch. Bei der richtigen Lautstärke scheint sie direkt im Kopf des Hörers zu sitzen und viel mehr als alles andere achtet man darauf, was sie mit einem selbst und seinem Kopf anstellt. Mögen manche Songs auf "Tales of Us" eher unspektakulär dahinplätschern, ihrem Gesang will man trotzdem ewig folgen: Vom ersten Ton von "Jo" an singt sie wie eine entrückte Fee, bereits ihr erstes "you better run for your life" ist gänsehautverdächtig.
Das sanft ineinander verwobene Netz aus Gitarre, Klavier und Streichern schwillt dazu im Hintergrund gelegentlich an, umschmeichelt ansonsten die Sängeron, buhlt um ihre Gunst. Lediglich bei der einzigen offensichtlich elektronisch unterstützten Nummer "Thea" wagt es die Musik, Alison ein bisschen zur Seite zu drängen – aber auch hier geht es stets melancholisch zu, von fröhlichem Elektrogepoppe kann keine Rede sein.
Fazit
Anspruchsvolle, ambitionierte Kost legen uns Goldfrapp – endlich wieder, werden manche nach ihrem enttäuschenden letzten Album sagen – mit "Tales of Us" vor. Man muss sich auch tatsächlich kompromisslos darauf einlassen; beim Nebenbei-Hören geht so ziemlich jede Wirkung verloren, das Album würde sich gar belanglos anhören. Auch bei voller Aufmerksamkeit fällt es hin und wieder schwer, am Ball zu bleiben – jedoch ist Alison Goldfrapps einzigartiger Gesang alleine schon ein Garant für große Gänsehautmomente und jeden einzelnen Punkt wert.
Anspieltipps
Jo
Annabel
Stranger
Artistpage
Tracks
1. | Jo | |||
2. | Annabel | |||
3. | Drew | |||
4. | Ulla | |||
5. | Alvar | |||
6. | Thea | |||
7. | Simone | |||
8. | Stranger | |||
9. | Laurel | |||
10. | Clay |
Stephanie Stummer - myFanbase
22.09.2013
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 06.09.2013Genre: Ambient Pop
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