Bewertung
Dum Dum Girls

Too True

Die Frage, was zuerst da war, Dee Dee Pennys verruchter Retro-Rock'n'Roll-Kleidungsstil oder der verruchte Retro-Rock'n'Roll-Sound ihrer Band, stellt man sich mit fortschreitender Karriere der Dum Dum Girls immer häufiger. Wo die echte Dee Dee aufhört und das Retropüppchen anfängt, wie die echte Dee Dee privat aussieht und ob es sie als Privatperson überhaupt gibt – dass wir das nicht wissen, auch wenn sie "you know all my secrets / you know all my lies" auf ihrer dritten LP singt, wäre uns im Grunde egal, wenn wir nicht – wiederum mit fortschreitender Karriere der Dum Dum Girls – zunehmend Berechnung erschnuppern würden.

Foto: Dum Dum Girls - "Too True" - Copyright: Sub Pop
Dum Dum Girls - "Too True"
© Sub Pop

Mehr Gesamtkunstwerk als sonst was waren die Dum Dum Girls und allen voran ihre Frontfrau ja schon immer – die richtige Strumpfhose und dunkle Sonnenbrille waren genauso wichtig wie der Bandsound zwischen Punkrock, Surfrock und verwaschenem Krawums-Rock'n'Roll. Das Debüt "I Will Be" war herrlich erfrischend, hatte noch diesen verwaschenen Lo-Fi-Sound, der die Sache ungemein charmant klingen ließ. Vier Jahre später ist das Konzept nach wie vor dasselbe – allerdings extrem auf Hochglanz poliert, ohne einen Moment des Zufalls oder Loslassens. Dazu passt, dass das Video zu "Lost Boys & Girls Club" gemeinsam mit H&M produziert worden ist.

Dass Dee Dee weiß, welche Knöpfe sie drücken muss, damit ein Song wie "Lost Boys & Girls Club" eben genauso bittersüß, hip und melodramatisch-cool klingt, wie ihn all die hippen Boys und Girls in ihrer melodramatischen Stimmung hören möchten, muss man dennoch anerkennen. Sie liebäugelt mit Surf- und Western-Gitarren, gibt die Goth-Barbiepuppe ("trouble is my name") und erklärt überhaupt die Melancholie zu einer Lebenseinstellung ("why be good / be beautiful and sad"). Ihre Songs orientieren sich nicht nur an den artverwandten Raveonettes, deren Sune Rose Wagner erneut bei der Produktion geholfen hat, sondern auch an den Bangles, Blondie und natürlich den Ramones.

Ein paar größere Würfe gelingen ihr dabei durchaus – neben dem H&M-Song stechen besonders "Cult of Love" und "Rimbaud Eyes" hervor. Wie aus dem Lehrbuch für Retro-Pop-Ohrwürmer, möchte man fast sagen – Dee Dee selbst wäre wohl eine derjenigen, der so ein Buch leicht von der Hand ginge. Dass sie dabei aber zu oft auf den Schummelzettel guckt und sich lieber auf Formeln und Regeln als auf das eigene Bauchgefühl verlässt, beweisen die meisten anderen Songs, die nettes Hintergrundgedudel sind, das man kaum in Erinnerung behält.

Fazit

"I wanna feel something today", singt Dee Dee auf "Too True". Das möchten wir doch auch, sind da allerdings an das falsche Album geraten. Zu wissen, welche Handgriffe man wo und wie tätigen muss, heißt noch lange nicht, dass die Emotionen tatsächlich auch so beim Hörer ankommen. Ein bisschen mehr tatsächliches Gefühl, weniger Kalkül und erzwungene Coolness würden den Songs und auch der Band etwas von ihrer Unnahbarkeit nehmen: Dee Dee, nimm doch mal die Sonnenbrille ab!

Anspieltipps

Cult of Love

Rimbaud Eyes

Lost Boys & Girls Club

Artistpage

WeareDumDumGirls.com

Tracks

1.Cult of Love
2.Evil Blooms
3.Rimbaud Eyes
4.Are You Okay?
5.Too True to Be Good
6.In the Wake of You
7.Lost Boys & Girls Club
8.Little Minx
9.Under These Hands
10.Trouble Is My Name

Stephanie Stummer - myFanbase
15.04.2014

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