Bewertung
Olli Schulz

Feelings aus der Asche

Andere erheben sich wie Phönix aus der Asche. Olli Schulz verbrennt Bilder im Aschenbecher und erhält: Feelings. Auf seinem sechsten Album klingt er melancholisch wie noch nie – und experimenteller als gewöhnlich.

Foto: Olli Schulz - "Feelings aus der Asche" - Copyright: Trocadero
Olli Schulz - "Feelings aus der Asche"
© Trocadero

Dabei unterstützen ihn auf dem dritten Album in Folge der Hamburger Liedermacher Gisbert zu Knyphausen als Chormeister (vor allem schön beim Udo-Jürgens-igen "Kinder der Sonne") und am Bass, Ben Lauber am Schlagzeug und Arne Augustin an Keyboards und Klavier. Dieses hat auf "Feelings aus der Asche" eine große Bedeutung: In "Als Musik noch richtig groß war" kokettiert er mit – genau, den Großen -, das Retroklavier aus "Boogieman" noch präsent, und besingt im Stück seine Tochter, trotz dieser Kniffe ganz ehrlich und zart.

Die erste Singleauskopplung des gebürtigen Hamburgers und Wahlberliners ist "Phase", eines dieser Olli-Schulz-Lieder, die vermutlich ewig mit einem bleiben können. Auch, wenn man kein It-Girl ist – und wenn der Zeitgeist in zehn Jahren anders ist, so kann man doch immer etwas mit Zeilen über den eigenen Clinch mit den Ökos ("... trinken Smoothies mit Sekt, du nimmst zwei Gläser Gin Tonic, wirfst das eine gleich weg") verbinden. Der Auftaktsong "So muss es beginnen" hat ebenfalls etwas, so passend zum Start des Jahres 2015.

Die experimentelle Ader zeigte er schon auf "SOS – Save Olli Schulz" in 2012, nun holt er mit "Dschungel" alles raus, was als Musiker in ihm steckt: Westerngitarre, verhallte Stimme, starke Trommeln, Reime, die aufgehen. Überhaupt, Reime. Dass Olli Schulz rappen kann, zeigte er nicht nur in seiner "Schulz in the Box"-Episode mit Haftbefehl in Frankfurt, sondern auch des Öfteren im Freestyle in seiner formidablen Radiosendung "Sanft & Sorgfältig" auf radio eins mit Jan Böhmermann. Auf "Passt schon!" mixt er nun seine Rapskills mit einem trashigen Sound und einem Text, der in anderer aufbereiteter Form noch mehr wehtäte. Denn eigentlich rechnet er mit dem Medienbusiness ab, in welches er die letzten Jahre eingetaucht war – und wohl gerade noch so wieder auftauchen konnte. Während sich der Refrain ins Gehirn frisst, sind es doch die Worte von Klickzahlen und Quoten, die ebenfalls in den Medien Schaffende nicht kalt lassen. Wut unter Neonfarben, quasi.

"Feelings aus der Asche" ist bereits das vierte Album, an das Moses Schneider Hand anlegte. Dass dieser unter anderem Tocotronic und die Beatsteaks produziert, hört man gut beim Titeltrack: Während ein schweres Klavier die Strophe über Trennung begleitet, brechen die Gitarren im Refrain durch. Aber dann – eine Frauenstimme, sie singt auf Englisch ihre Sicht. Also doch wieder anders. Wegbereiter für den zehnten und letzten Song sind im Übrigen die beiden zuvor, vorbereitend melancholische Lieder. "Mann im Regen" setzt auf viel Klavier und traurige Effekte, Drums, die zum Durchhalten animieren. "Das kann hässlich werden" ist dabei auf einem 80er-Jahre-Beat gelegt, das Schlussmachen erneut großes Thema. Inklusive vergammelter Liebesschlösser und vergebener Gesten. Alles perfekt auf den Punkt.

Fazit

Wer den Singer/Songwriter Olli Schulz gewöhnt ist, bekommt diesen nur bedingt. Wer den Showmann gewöhnt ist, bekommt ihn kaum. "Feelings aus der Asche" definiert sich durch viele Versuche, anders zu sein. Die meisten glücken.

Anspieltipps

So muss es beginnen

Phase

Passt schon!

Das kann hässlich werden

Artistpage

OlliSchulz.com

Tracks

1.So muss es beginnen
2.Phase
3.Kinder der Sonne
4.Passt schon!
5.Boogieman
6.Als Musik noch richtig groß war
7.Dschungel
8.Das kann hässlich werden
9.Mann im Regen
10.Feelings aus der Asche

Simone Bauer - myFanbase
03.01.2015

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