Bewertung
Carl Barât & the Jackals

Let It Reign

Noch nie schienen eine neue Platte der legendären Libertines und ein Happy End der bandeigenen Seifenoper so nahe wie jetzt, da Carl Barât und Pete Doherty wieder regelmäßig gemeinsam die Festivalbühnen stürmen. Nichtsdestotrotz machte sich Barât während all dem Rummel per Anzeige im Internet auf die Suche nach Mitstreitern für ein neues Projekt, mit dem er im Februar "Let It Reign" veröffentlichte. Als Gegenentwurf zu den Libertines kann man das neue Album wohl kaum bezeichnen, die DNA der Musik der Libertines steckt genauso auch in den Songs der Jackals. Gleichzeitig ist es aber genauso wenig eine reine Aufwärmübung – Carl macht auch ohne Pete eine passable Figur.

Foto: Carl Barât & the Jackals - "Let It Reign" - Copyright: Cooking Vinyl
Carl Barât & the Jackals - "Let It Reign"
© Cooking Vinyl

"We are not afraid of anyone", versichert er gleich all jenen, die die neue Formation mit Skepsis betrachten, und schleudert ihnen eine dreckige Ladung Britrock ins Gesicht. Während Doherty seinen Kopf zumeist in den Wolken hatte, war Barât stets der Bodenständigere und Vernünftigere der beiden – eine Tatsache, die man auch seinem hemdsärmeligen, schnörkellosen Gitarrenrock anhört.

Zehn Songs, denen man handwerklich im Grunde nicht viel vorwerfen kann, hat er auf "Let It Reign" versammelt: "Glory Days" verneigt sich in erster Linie vor The Clashs Joe Strummer, dessen Gesang er in den Strophen nahezu perfekt imitiert; "Summer In the Trenches" lässt mehr denn je das Libertines-Gefühl aufkommen, "March of the Idle" entwickelt sich vom eleganten Uptempo-Stück zur energischen Mitgröl-Nummer, das akustische "Beginning to See" ist schließlich zeitloser Britpop.

Risiken geht er freilich wenige ein – am ehesten könnte man das punkige "The Gears" und "War of the Roses", das mit dezenten Bläsern im Refrain etwas vom klischeehaften Rüpel-Rock abrückt, als experimentierfreudiger bezeichnen. Dass er in den 00er Jahren während der Welle der sogenannten "The-Bands" groß geworden beziehungsweise selbst auf dieser Welle ganz vorne mitgeritten ist, wird man seiner Musik bis zu einem gewissen Grad wohl immer anhören. Während dieses Festhalten an altbewährten Mitteln bei vielen anderen Musikrichtungen meist nicht so ein Problem zu sein scheint, fühlt es sich hier durchaus auch ein bisschen wie Stagnation und Steckenbleiben-in-der-Vergangenheit an. Inmitten all der Nostalgie ist dies vielleicht noch okay – spätestens beim Comeback-Album der Libertines wird es aber spannend, ob das Songwriter-Duo Barât und Doherty ihren Sound in diesem Jahrzehnt neu definieren kann.

Fazit

"Let It Reign" bietet eine halbe Stunde ordentlichen, abwechslungsreichen Britrock ohne wirklichen Durchhänger: Letztendlich kann man Carl Barât nicht viel vorwerfen, nur, dass er seiner eigenen Musik kaum neue Nuancen hinzufügt – dennoch wird man, wenn man nun den guten alten Indierock der 00er Jahre hören will, wohl doch eher zu den altbekannten Platten greifen.

Anspieltipps

Glory Days

A Storm Is Coming

Beginning to See

March of the Idle

Artistpage

CarlBaratAndTheJackals.com

Tracks

1.Glory Days
2.Victory Gin
3.Summer In the Trenches
4.A Storm is Coming
5.Beginning to See
6.March of the Idle
7.We Want More
8.War of the Roses
9.The Gears
10.Let It Rain

Stephanie Stummer - myFanbase
05.05.2015

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