Bad Reputation

Und zuletzt haben wir es hier ja auch nicht mit unerfahrenen Frischlingen der Szene zu tun. Die Jungs aus dem Süden Belgiens sind bereits seit ´99 fleißig unterwegs, und Bad Reputation ist auch schon ihr vierter Output. Also schnell die Vorurteile über Bord werfen, eine Dose (wichtig!!!) Bier in die Hand und los geht’s.

Richtiger Punk besteht aus zwei Säulen. Auf der einen Seite Spaß, die andere wird getragen durch die meist politische Message. Den inhaltlichen Part erledigen Nervous Chillin’ standartgemäß mit den zu erwartenden Texten linker Meinungsfärbung. Zeilen wie "Watch me as I cross the borderline, and your military politics, it won’t break me anyway. Even if they catch me that won’t be the easy way.” aus dem Song "The Borderline” machen sofort klar, mit welcher Gesinnung es hier zugeht. Hier also nichts Neues an der Punkrock-Front. Musikalisch wird eigentlich auch nichts geboten, was dem Hörer ein Staunen entlockt. Aber das ist hier wohl auch nie die Intention gewesen. Denn die "Spaß-Säule" ist hier unglaublich massiv.

Schon beim Opener "The World Today" mag man sofort chaotisch durch das Zimmer springen und tanzen. Oder, um bei dem Bild mit der Bierdose zu bleiben, in einen kleinen Club stehen, das Bier in der Hand, mitten im schwitzenden Pulk und das Grinsen breit im Gesicht. Schneller Punk mit richtig feinen Melodien. Und genau das hört über die ganze Scheibe nicht mehr auf. Während der Gesang stellenweise noch an die Donots erinnert, gibt es hierbei noch eine extra-breite Portion Energie dazu. Mit "Seaason And Rage" erwartet einen dann gleich einer der ersten Höhepunkte, auch wenn man sich beim Refrain fleißig an den Pixies bedient hat, allerdings ordentlich durch den Punkwolf gedreht.

Wobei es insgesamt schwer fällt, von Höhepunkten zu sprechen, denn die Songs bleiben alle auf hohem (Punk-)Niveau. Hier macht jeder Song Spaß, versprüht Spielfreude und lädt zum "tanzen" ein. Es gibt keinen einzigen, wirklichen Hänger, der den Gebrauch der Skip-Taste am CD-Spieler rechtfertigen würde. Nur der letzte Song "Yesterday" fällt dann doch noch mal aus der Reihe. Denn nach all der Freude, die uns hier bisher geboten wurde, schütteln Nervous Chillin’ hier auch noch mal schnell einen richtigen Ohrwurm aus dem Ärmel, den man garantiert noch Minuten danach vor sich hinsummen mag.

Einziger Kritikpunkt: Die Spieldauer. Klar, kaum ein Punk-Song dieser Welt geht über eine Länge von 3 ½ Minuten hinaus. Auch Nervous Chillin’ bieten hier mit dem Titeltrack "Bad Reputation" nur eine einzige Ausnahme, aber dann nur 9 Songs auf dem Album? So groß das Vergnügen hier auch ist, es ist nach nicht einmal 29 Minuten viel zu schnell vorbei. Ok, sicherlich besser als die CD mit künstlichen Lückenfüllern in die Länge zu ziehen, aber letztendlich hätte man doch gerne noch zwei, drei weitere Kracher gehört, die die Länge des Albums dann auch souverän über die 35-Minuten-Marke gezogen hätten. Hierfür gibt es leider Punktabzug, Jungs.

Ein großes Plus ist dafür die für eine reine Szene-Band wirklich gute und druckvolle Produktion, I Scream Records sei dank. Da ist nicht viel Unterschied zu den teueren Genre-Größen zu hören. Klaut zwar ein wenig das Street-Punk-Feeling, aber letztendlich gefällt es so dann ja eigentlich doch besser.

Wer also einfach mal wieder richtig Spaß an Punk haben will, und sich nicht nur mit weichgespültem Pop-Punk wie Green Day, Good Charlotte etc. anfreunden kann, der sollte zugreifen. Nervous Chillin’ machen Spaß, bleiben sich und ihrer Musik treu und präsentieren uns hier lässigst ihr Zeug. Wer hier nicht mal mit dem Fuß wippt, ist schon Tod.

Anspieltipps:

Season And Rage

Bad Reputation

Yesterday

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