Bewertung
Shins, The

Wincing The Night Away

Wie auch bei den beiden Vorgängeralben gibt es auf "Wincing The Night Away” eine allgegenwärtige Stimmung – während es auf "Oh, Inverted World” diese kauzige Schrägheit war, und "Chutes Too Narrow” mit spontan aus dem Ärmel geschüttelter Kurzweiligkeit zu überzeugen wusste, haben wir es jetzt mit einer überlegteren Variante der Band zu tun – noch nicht in Perfektion erstarrt, aber mit dem nötigen Eifer dazu.

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Mit der für ein Shins-Album ein bisschen ungewöhnlichen Länge (bei gleicher Songanzahl wie bei den ersten Werken) und spätestens dem Opener "Sleeping Lessons" merkt man, welche Seiten diesmal aufgezeigt werden – dass die Shins nicht sofort auf den Punkt kommen, sondern uns erst mal langsam, aber sicher auf den Weg dorthin bringen, war man bisher nicht von ihnen gewohnt. Man lässt sich gemächlich auf den anfangs noch dünn gesäten Melodien treiben, bis der Strom der Musik breiter wird, sich vertieft und man sich schließlich in einem mitreißenden Strudel wieder findet – weil uns der Sog doch noch an den Punkt treibt, an dem deutlich wird, dass die Shins auch diesen Stil beherrschen.

Dass sie es beherrschen, eingängige Melodien zu schaffen, bei denen sogar die Zehen in Versuchung geraten, mitzuwackeln, wissen wir schon längst – was sie auch mit "Australia" einmal mehr demonstrieren. "Pam Berry" hingegen weist eine ähnlich geheimnisvolle Aura wie "Your Algebra" von "Oh, Inverted World" auf – steht damit aber ziemlich alleine da. Genauso wie "Sea Legs", mit dem die Band auch gleich eine neue Karte auf den Tisch legt: Der Song lässt sich vom Beat dirigieren und scheint einen perfektionistischen, oft überarbeiteten Unterton zu haben.

"A Comet Appears" und "Split Needles" dagegen sind genau der Typ von Songs, die erst nach mehrmaligem Hören ihre volle Wirkung entfalten – aber das sind ja bekanntlich auch die besten. Wer vorher den ganzen Tag lang Mercers "Oohhhh – ohhhh" aus "Phantom Limb" im Kopf herumspuken hatte, wird spätestens danach auch diese Songs in seinen Gehörgängen wieder finden, ohne den Ohrwurm vertreiben zu können – aber vielleicht will man das ja gar nicht mehr. Dies trifft ebenfalls auf die meisten anderen Stücke zu, von denen man zwar nie einen wirklich schlechten Eindruck hat, aber beim erstmaligen Hören sehr wohl die typische Spontaneität der Shins vermisst und mit dem Gefühl zurückbleibt, irgendwas verpasst zu haben, weil eben irgendwas gefehlt hat.

Doch je mehr man sich mit "Wincing The Night Away" auseinandersetzt, desto schneller findet man das Verpasste: Kratzt man ein wenig an der Oberfläche, entdeckt man auf einmal den verloren geglaubten Shins-Charme, der allmählich durchblitzt – er sieht nur etwas anders aus und entfaltet sich auf eine etwas andere Art und Weise. Ein Album also, das zwar nicht an die beiden anderen heranreicht, aber wächst, um uns zu fordern und uns fordert, um zu wachsen – was ja auch nicht zu verachten ist.

Anspieltipps:

Sleeping Lessons

Phantom Limb

Girl Sailor

A Comet Appears

Artistpage:

theshins.com

Tracks

1.Sleeping Lessons
2.Australia
3.Pam Berry
4.Phantom Limb
5.Sea Legs
6.Red Rabbits
7.Turn On Me
8.Black Wave
9.Spilt Needles
10.Girl Sailor
11.A Comet Appears

Stephanie Stummer - myFanbase
05.02.2007

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