Once
Es ist doch wirklich unglaublich. Vor knapp 2 Jahren hielt ich die "Century Child"-LP in den Händen. Durchhören, durchhören, durchhören, selbst nach dem 10. Mal wurde sie keineswegs langweilig oder abgehört. Und trotzdem lechzte ich bereits nach dem 2. Durchhören nach neuem Nighwish-Input. Wieso verdammt noch mal können nicht mehrere Bands so eine geile Atmosphäre in ihren Songs erzeugen wie der Fünfer aus Finnland?
Aber egal, stick to the topic ... 2 Jahre nach "Century Child" zieht nun "Once" durch die Lande, um das sehnsüchtige Flehen der orchestralen Metaljünger zu erhören und anderen Bands des Genres mal wieder zu zeigen, wo der Hammer hängt. Also CD-Lade auf und rein mit dem Ding!
Wer jetzt einen Opener à la "Bless The Child" vom letzten Longplayer erwartet, wird schnell eines Besseren belehrt: "Dark Chest Of Wonders" verzichtet auf den Aufbau eines Spannungsbogens und prescht bereits nach 3 Sekunden durch die Lautsprecher. Stark verzerrte E-Gitarren werden bald vom Chor und auch vom Orchester untermalt bevor Tarjas Engelsstimme nach dem langen (aber edlen) Intro einsetzt.
Mit "Wish I Had An Angel" folgt ein weiterer Powersong, der durch die kontrastreichen Vocals enorm atmosphärisch ist. Tarjas singt sanft die Verse, Bassist Marco shoutet aggressiv den Chorus. Geil, aber sicher nicht Jedermanns Sache, wenn man davon ausgeht, dass das Album wohl von vielen Fans der vorherigen Alben gehört wird.
Nummer 3, die Single "Nemo" dürfte ja jedem MTV-Seher hinlänglich bekannt sein. Spärlich instrumentierte Verse, kraftvoller orchestraler Chorus, wobei mich vor allem die Harmonie des zweistimmigen Chorus auf seine Art begeistern kann. Ansonsten kann ich mich nur dem Kollegen Edele aus der "laut.de"-Redaktion anschließen, der sich an "Paradise Lost" mit weiblichem Gesang erinnert fühlt (wer es nicht glaubt, möge sich den Song "Small Town Boy" vom Album "Symbol of Life" genau anhören - inkl. Pianoriff). Alles in allem aber sicher der mainstreamigste (und damit radiotauglichste) Song des Albums.
"Planet Hell" ist meiner Meinung nach der absolute Tiefpunkt des Albums. Das Chor/Orchester-Intro klingt äußerst viel versprechend, auch Tarjas Vocals sind wieder ansprechend. Also, was versaut den Song? Normalerweise sage ich ja, Marcos Vocal-Fähigkeiten haben Nightwishs Sound ungemein bereichert, aber in diesem Song passt mir sein Geschrei einfach nicht. Sorry, einfach schlecht!
Vom unteren Ende der Skala wieder zurück nach oben: "Creek Mary`s Blood" bereinigt den vorangegangenen Patzer in Windeseile. Der Song beginnt mit Trommeln, Blasinstrumenten und Gesang von Indianern, wie man es aus den guten alten Winnetou-Verfilmungen kennt. Fehlte im Opener noch der Spannungsbogen, so wird er hier nach und nach aufgebaut: Tarja stimmt - spärlich unterlegt - ein, langsam kommen Band und Orchester hinzu und steigern sich zum ersten Höhepunkt bei ca. 3 Minuten. Nach einer ruhigen Bridge folgt ein an die Melodie angelehntes Gitarrensolo, bevor wieder Indianer und Orchester zum Zug kommen. 5 Minuten geht der Song nun und wird immer noch nicht langweilig - eine kurze Break eingestreut, bevor wir uns wieder zum Titelthema zurück begeben. Im Indianer-Stil läuft der 8 ½ Minuten (über)lange Track aus. Geil, aber etwas zu lang.
"The Siren" erinnert mich vom Aufbau her an einige alte "Metallica"-Songs (den Aufschrei der Metallica-Jünger überhöre ich jetzt, ich bin selbst ein Fan): Extreme-Peace meets Extreme-Power. Bei den Schrägen Gesangslinien stellt es mir persönlich die Nackenhaare senkrecht auf. Ein solider Track, aber sicher kein Glanzpunkt.
Staccato-Gitarre und geile Hooks finden sich in "Dead Gardens". Trotz der Härte würde ich meinen, dass hieraus eine Single werden könnte.
"Romanticide" ist - wie der Name NICHT verspricht - keine Ballade, sondern einer der härtesten Tracks von "Once". Böse High-Gain-Gitarren-Staccatos, kaum Orchester und viele eingestreute Breaks. Am Ende noch etwas Sprechgesang von Marco. Wer einen zweiten Tiefpunkt nach "Planet Hell" sucht, hat ihn hier gefunden.
Wer auch immer die Trackliste zusammengestellt hat, scheint in Sachen Tiefpunkte voll meiner Meinung zu sein. Nachdem "Creek Mary`s Blood" mit Überlänge antrat, die Fehler von "Planet Hell" auszumärzen, tut es nun der 10-Minuten-Epos "Ghost Love Score" nach "Romanticide". Wieder leitet ein geiles orchestrales Intro in den sanften von Tarja gesungenen Vers über. Wem hier schon warm ums Herz wurde, der wird beim Chorus ausflippen. Der Chor untermalt eine der wenigen Gesangslinien auf dem Album, wo Tarja wirklich ihre gesamte klassische Gesangsausbildung ausspielt. Ergebnis: Einer der wunderschönsten Refrains die ich je gehört habe! In der zweiten Hälfte verliert der Track zunächst durch zuviel (!) Orchester etwas an Spannung, bevor er mit einem endlosen Chorus-Fade ausklingt.
Zu "Kuolema Tekee Taiteilijan" ist nicht viel zu sagen ... Wer die 4 finnischen, akustischen Bonustracks vom Debutalbum "Angels Fall First" kennt, weiß, dass finnische Songs immer Balladen sind, schöne Balladen, wohlgemerkt! Die Band wird stumm geschaltet, nur Chor und Orchester dürfen Tarjas engelsgleiche Stimme untermalen. Hier darf gekuschelt werden!
Das Album schließt mit "Higher Than Hope", einer Powerballade im Stile von "Ever Dream", wobei es leider nicht ganz die Qualität der "Century Child"-Single erreicht.
So what? Alles in allem ist der neue Nightwish-Output härter und gleichzeitig Orchester-lastiger geworden. Wo im Vorgänger Orchesterstellen noch dezent verteilt waren, wird hier praktisch das ganze Album von Streichern, Bläsern und Pauken untermalt, die eine enorme Atmosphäre schaffen. Die neuen Songs gehen teilweise stark in Richtung "Slaying The Dreamer", das auf der "Century Child" noch die Ausnahme in Sachen Härte darstellte. Empfehlungen kriegen "Dark Chest Of Wonders", "Nemo" und "Ghost Love Score", absolute Übersongs wie "Elvenpath", "She`s My Sin", "Wishmaster", "End Of All Hope" oder "Beauty And The Beast" fehlen aber. Außerdem frage ich mich, ob die 5 aus dem Norden es schaffen werden, die Tracks auch live ohne Orchester ansprechend rüberzubringen.
7 von 9 Punkten. Punktabzug für die Fehlgriffe "Planet Hell" und "Romanticide" und das Allgemeinmuster "sanfter (fast a capella) Vers - harter Chorus", aber trotzdem kaufenswert.
Tracks
1. | Dark Chest Of Wonders | |||
2. | Wish I Had An Angel | |||
3. | Nemo | |||
4. | Planet Hell | |||
5. | Creek Mary`s Blood | |||
6. | The Siren | |||
7. | Dead Gardens | |||
8. | Romanticide | |||
9. | Ghost Love Score | |||
10. | Kuolema Tekee Taiteilijan | |||
11. | Higher Than Hope |
Clemens Kofler - myFanbase
27.06.2004
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (US): 07.06.2004Veröffentlichungsdatum (DE): 07.06.2004
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Aktuelle Kommentare
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