Verpasste Perlen 2009

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Wochenlang hat sich unsere Musik-Redaktion das Hirn zermartert, mit sich selbst gerungen und schweren Herzens viele Abstriche machen müssen, um euch in unserem ersten Jahresrückblick die spannendsten, kreativsten, aber auch enttäuschendsten Künstler, Songs und Alben aus 2009 vorstellen zu können. Doch auch unsere Autoren sind nur Menschen, die sich ab und an mal irren, weshalb wir hiermit ganz gewissenhaft musikalische Perlen nachliefern wollen, denen in unserer Rückblickkolumne Würdigung gebührt hätte, die uns aber leider erst 2010 zu Ohren gekommen sind.

Versäumte Highlights

Stephanie Stummer verpasste:

Beste EP: Jonny Kearney & Lucy Farrell - The North Farm Sessions
Ein Junge, ein Mädchen, eine Gitarre, eine Handvoll Songs und englischer Traditionals. So schüchtern und unschuldig, dass man beinahe dran vorbeihört. So schüchtern und unschuldig, dass man Jonny und Lucy beim nächsten Mal vor allem Bösen beschützen und diese EP nie mehr hergeben möchte.

Ohrwurm des Jahres: The Unthanks - Betsy Bell
Auch wenn "Betsy Bell" auf "Here's The Tender Coming" lediglich ein Dasein als Hidden-Track fristet, so ist der Song wohl doch der hitverdächtigste des ganzen Albums: Diese schunkelnde, seltsam zeit- und manchmal atemlose Weise ist nicht mehr aus dem Kopf zu kriegen - und schon nach kurzer Zeit flötet man mit den Unthank-Schwestern mit: "Oh I wonder what's the deal with all the men…"

Bestes Debüt: The xx - xx
Wie konnte diese herrliche Mischung aus unterkühlter Elektronik, verhaltenem Shoegaze und faszinierendem Paargesang nur an mir vorübergehen? Ich weiß schon, wieso: Alle schrien "Hype", also wurde das gute Teil strikt verweigert. Jetzt weiß ich es besser.

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Paulina Banaszek verpasste:

Beste Cover-Version: Wilderness of Manitoba - Demon Host (Timber Timbre)
Man könnte meinen, dass man einen ohnehin schon so wunderbaren Song wie "Demon Host" gar nicht besser interpretieren kann als es Taylor Kirk von Timber Timbre auf seinem (2009 ebenfalls schmählich übergangenen) dritten Album tut. Und doch wirkt diese Song-Perle in der durch Banjoklänge und hinreißende Harmonien veredelten Version von The Wilderness of Manitoba wie von Geisterhand sogar noch bezaubernder als das Original. Traumhaft schön!

Bestes Debüt: Silver Starling - Silver Starling
In den vergangenen Jahren musste immer wieder der müßige Arcade Fire-Vergleich herhalten, wenn man zu verlegen war, die Qualitäten einer großartigen Newcomer-Band andersartig in Worte zu fassen. Zu meiner Verteidigung liegt dieser im Fall von Silver Starling nun aber wirklich nah, denn die Band besteht nicht nur zur Hälfte aus einem Ehepaar(!) aus Montreal(!), das den Butlers schon seit Jahren regelmäßig im Studio und auf Tour unter die Arme greift, auch die musikalische Seelenverwandtschaft (Stimme! Stimmung! Gitarren!) ist einfach unüberhörbar. Ein himmlisch hymnisches Debüt, das wahrlich keinen Vergleich zu scheuen braucht.

Song des Jahres: Edward Sharpe & The Magnetic Zeros - Home
Hätte "Chuck" mich nur wenige Wochen früher auf diese herrlich abgedrehte Hippie-Band aufmerksam gemacht, wäre meine persönliche Jahresbestliste wohl sehr eintönig geraten. Denn ihr Glückshormone freisetzendes und Dauergrinsen verursachendes Erstlingswerk "Up From Below" hätte den Kaliforniern nicht nur den ersten Platz in der Kategorie "Bestes Debüt" sowie Nominierungen als bestes Album, schönstes Artwork und bestes Musikvideo (für die famosen Clips zu "Desert Song" und "Kisses Over Babylon") eingebracht: Nein, es hätte mit "Home" und seiner unwiderstehlichen Pfeifmelodie auch einen sicheren Kandidaten für den "Ohrwurm des Jahres" zu bieten gehabt, der an seiner bezauberndsten, zweifellos "Bester Songmoment"-würdigen Stelle auch noch mit den vielleicht besten Textzeilen von 2009 aufwarten kann und daher zumindest als Song des Jahres eindeutig eine Nachnominierung verdient.

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Willi S. verpasste:

Bestes Debüt: Sharon Van Etten - Because I Was in Love
Hätte ich im Vorjahr mein Herz nicht voll und ganz an eine gewisse Dame verloren, wäre mir vielleicht aufgefallen, dass die große weite Musikwelt noch ein zweites, ebenso faszinierendes und talentiertes Nachwuchstalent parat hält. Sharon Van Ettens bezauberndes Erstlingswerk hat somit zwar erst mit etwas Verspätung den Sprung auf die Liste meiner absoluten Lieblingsalben geschafft, wird dafür aber den Platz so schnell nicht wieder räumen.

Beste Musik-DVD: Arcade Fire - Miroir Noir: Neon Bible Archives
Streng genommen handelt es sich hierbei um keine verpasste, sondern lediglich eine vergessene Perle. Was müssen Arcade Fire aber auch immer solche Schätze veröffentlichen, die einem binnen kürzester Zeit so sehr ans Herz wachsen, dass man das Gefühl hat, sie schon ewig im Regal stehen zu haben? Der fatale Fehler, dieses wunderbare Musikjuwel im 2009er-Rückblick eiskalt unterschlagen zu haben, sei hiermit korrigiert. Asche auf mein Haupt.

Bestes Musikvideo: Hans Unstern - Paris
"Wann lernt mein Hier, dass mein Nur nur jetzt Dasein sein kann?" Mit seiner letztjährigen Vorab-Single zum 2010 veröffentlichten Debütalbum "Kratz Dich Raus" hat der Berliner Singer/Songwriter Hans Unstern ein kleines Meisterwerk geschaffen, bei dem man sich gar nicht entscheiden kann, in welcher Kategorie man es nun eigentlich nachnominieren soll. Bester Text? Bester Song? Oder doch bestes Video? Fest steht nur eines: Es darf auf keinen Fall unerwähnt bleiben.

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Christian Finck verpasste:

Bestes Musikvideo: Paramore - Brick by Boring Brick
Das märchenhafte Video zu Paramores toller Single "Brick by Boring Brick" ist nicht so herrlich ausgeflippt wie Lady Gaga-Videos oder künstlerisch wertvoll wie Fever Ray-Clips, aber die Farbgebung, die Story und die wunderschöne Sängerin Hayley Williams ergeben in Kombination mit dem ergreifenden Song auch ein kleines Kunstwerk, das man gesehen haben sollte.

Bestes Live-Album: Dave Matthews Band - Europe 2009
Wer die vermutlich beste Live-Band des Planeten letztes Jahr nicht auf der Bühne sehen konnte, sollte sich dieses 3CD+DVD+Buch-Boxset erwerben. Sowohl die CDs, mit alten und neuen Klassikern, als auch die furiose DVD, aufgenommen in der Londoner Brixton Academy, ergeben ein perfektes Gesamtwerk. Oben drauf gibt es noch ein hochwertiges, stark bebildertes Buch. Nicht nur für Fans!

Beste Musik-DVD: Take That - The Circus Live
Die "The Circus"-Show der gereiften Boyband Take That ist ein fantastisches Erlebnis mit Artisten, Tieren, Clowns und allem was einen Zirkus so ausmacht. Doch überboten wird diese Show von der überraschend erwachsenen und tollen Performance der Hauptakteure - Take That. Absolut sehenswert!

Micha S. verpasste:

Beste Cover-Version: Family Force 5 – My Favorite Things
Das Stück aus "The Sound of Music" wird auf dem FF5-Weihnachtsfestzug ("Christmas Pageant") neben Klassikern wie "Angels We Have Heard on High" und "Wonderful Christmas Time" gespielt - alles allerdings in einem Soundmix aus Crunk, HipHop, Electro, Industrial und Punk, der dementsprechend wie eine Superband aus Outkast, Usher, T-Rain, Gnarls Barkley und Rage Against klingt. Familientypisch untypisch, chaotisch-kreativ und unheimlich Laune machend!

Album des Jahres: Mutemath – Armistice
Elektronischer Rock, experimenteller Jazz, progressiver Pop oder gar psychedelischer Gospel? Schwer zu beschreiben. Auf jeden Fall launisch und bezaubernd, monumental und detailverliebt, eingängig und schwer verdaulich. Schwer widersprüchlich? Nein, schwer vielseitig. Und schwer gut.

Song des Jahres: Paul & Fritz Kalkbrenner – Sky and Sand
Ein Song, um den Tag zu beginnen während der Kaffee kocht. Zum lauten Hören unter der Dusche. Ein letztes Lied, bevor man aus dem Haus muss. Ein Song zum Relaxen. Und für die Party. Zum Tanzen. Oder für den Heimweg danach, während die Stadt langsam erwacht. Ein perfekter Song.

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