Kreative Höchst- und Tiefstleistungen 2010

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Zugegeben, meistens ist es die Ohrwurmmelodie, der einnehmende Gesang oder auch der unwiderstehliche Beat eines Songs, der Aufmerksamkeit und Interesse weckt. Manchmal reicht aber auch schon eine einzelne Textzeile, ein außergewöhnliches Albumcover oder ein originelles Musikvideo, um uns für die dazugehörige Musik zu begeistern. Deshalb widmen wir uns im dritten Teil unserer Kolumne den kreativsten Cover-, Wort- und Video-Künstlern des vergangenen Musikjahrs sowie all jenen, deren Artwork oder Lyrics 2010 an Primitivität und Geistlosigkeit kaum zu überbieten waren.

Schönstes Artwork

Stephanie Stummer meint:

Foto: Copyright: Drag City
© Drag City

#1 Joanna Newsom - Have One on Me
Wie man es von einem Dreifachalbum auch erwarten darf, kommt "Have One on Me" in einer schmucken Box daher, in der sich jede CD nochmal in einer eigenen schmucken Hülle befindet. Die Fotografien von einer geschmackvoll in Szene gesetzten Joanna Newsom würden auf Vinyl aber noch toller wirken.

#2 I Am Kloot - Sky at Night
Das Foto auf dem Cover könnte fast schon als ein bisschen kitschig bezeichnet werden, würde es nicht gleichzeitig so eine unglaubliche, tiefe Ruhe ausstrahlen – ebenso wie John Bramwells Gesang.

#3 Wolf People - Steeple
Das Cover von "Steeple" ist entstanden, als Gitarrist Joe Hollick beim Herumexperimentieren versuchte, irgendwie die Stimmung des Albums einzufangen. Nicht nur das ist ihm gelungen, sondern auch ein kleines Kunstwerk, das ich mir selbst gerne ins Wohnzimmer hängen würde.


Paulina Banaszek meint:

#1 Denis Colin & La Société des Arpenteurs - Subject to Change
Wenn ein derart bezauberndes, farbenfrohes, zum Nachdenken anregendes, surrealistisch anmutendes Porträt eines Mannes mit langem Spitzbart, auf dessen Haupt ein mächtiger Baum thront, der ihm all sein Laub auf die Schultern wirft, ein Albumcover ziert, muss man diese Platte einfach haben. Es sei denn, man ist bereits glücklicher Besitzer eines Tourplakats, das eben jenes hinreißende Kunstwerk von Photoshop-Künstlerin Maggie Taylor im Großformat zeigt.

Foto: Copyright: Warner Music Group
© Warner Music Group

#2 Anaïs Mitchell - Hadestown
"Hadestown" ist der Inbegriff eines Gesamt-kunstwerks. Als Folk-Oper konzipiert, liefert das unheimlich geschmackvoll und mit viel Liebe zum Detail gestaltete Digipack neben wunderschönen Linolschnitt-Porträts der Hauptfiguren auch gleich das dazugehörige Libretto mit Inhaltsangabe, Songtexten, Besetzung und Original-Cast. Da macht das Hören doch gleich (noch!) viel mehr Spaß.

#3 Get Well Soon - Vexations
Allein das reguläre Albumcover von "Vexations", auf dem ein großartiges Ölgemälde von Adrian Ghenie prangt, hätte diese Nominierung eigentlich schon gerechtfertigt. Doch das edle, in Leinen eingebundene blaue Skizzenbuch, mit dem die Deluxe-Version dieser Platte aufwartet, macht sie erst unabdingbar. Versehen mit handgeschriebenen Songtexten, Gedankenskizzen sowie allerlei Illustrationen und Fotos, macht das Büchlein nicht nur optisch sehr viel her, sondern hilft auch beim Entschlüsseln dieses komplexen Konzeptalbums.


Willi S. meint:

#1 Holly Miranda - The Magician's Private Library
Dieselbe bedrohliche Ästhetik, die einem dieses Albumcover vermittelt, spiegelt sich auch im Liedgut der US-Künstlerin wider. Furchtlos begibt Holly Miranda sich in den "Forest Green Oh Forest Green", wo sie und ihre Hörer so manch düsteres musikalisches Abenteuer erwartet.

#2 Wild Nothing - Gemini
Na, haben auch alle die zweite Frau im Bild entdeckt? Für die optische Umsetzung des Albumtitels "Gemini" hat Jack Tatum meiner Ansicht nach eine äußerst stilvolle Darstellungsform gewählt. Ein klarer Fall von Artwork-Liebe auf den zweiten Blick.

#3 The Pains of Being Pure at Heart - Say No to Love
Waren Debütalbum und Nachfolge-EP noch in dezentem Schwarz-Weiß gehalten, so haben die Jungs und das Mädel aus New York für das Cover der neuen Single erstmals tief in den Farbtopf gegriffen. Dieser Stil passt irgendwie auch besser zur wohlig warmen Atmosphäre, die sie mit ihrem melodiösen Twee-Pop verbreiten.


Christian Finck meint:

Foto: Copyright: Polydor
© Polydor

#1 Ellie Goulding - Bright Lights
Von diesem Cover habe ich mich leicht blenden lassen. Aber man kann es mir verzeihen, in Anbetracht dieser hübschen Frau. Allerdings gefällt mir nicht nur Ellie auf dem Cover, sondern auch der Licht- und Farbeffekt im oberen Teil des Artworks und auch die Schriftart gefällt mir ausgesprochen gut. In Kombination mit dem Album ist es ein Gesamtkunstwerk und vor allem eine erhebliche Aufwertung im Vergleich zum Cover der ersten Auflage.

#2 Sade - Soldier of Love
Ihr Album hat es nicht ganz in meinen Jahresrückblick geschafft in diesem Jahr, obwohl es wirklich gut war. Aber das Tollste an "Soldier of Love" ist definitiv das stimmungsvolle und künstlerische Artwork, dass Sade zeigt, wie sie scheinbar sehnsuchtsvoll in die ferne Landschaft blickt. Ihre Accessoires, wie die Blüten im Haar, machen das Gesamtbild auf subtile Art noch faszinierender.

#3 The Gaslight Anthem - American Slang
Eigentlich wollte ich auf der #3 das Portrait von Duffy wählen, aber das wäre zuviel Frauenpower in dieser Kategorie, denn ebenso wunderbar ist das Artwork vom aktuellen The Gaslight Anthem-Album "American Slang", das wie ein Mosaik aus klassischen Tourimpressionen wirkt, aber auch einen Touch von U2s "Achtung Baby" nicht verleugnen kann. Dabei machen erst einfache Ideen, wie der weiße Rand und der auf das Bild aufgesetzt wirkende Albumtitel das Artwork absolut sehenswert. Sieht aus wie eine New Yorker Postkarte, die niemand seinen Eltern schicken würde.


Micha S. meint:

Foto: Copyright: Polydor
© Polydor

#1 Scissor Sisters - Night Work
Die Scissor Sisters erhalten den ersten Preis nicht, weil das Foto wunderbar passend die Anzüglichkeiten des Albums widerspiegelt. Auch nicht, weil sie damit einen tollen Fotografen würdigen. Oder einen an Aids verstorbenen Fotografen. Oder das Model, einen Balletttänzer. Oder einen an Aids verstorbenen Balletttänzer. Oder alles zusammen. Nein, das Cover ist schlicht und einfach deswegen das beste, weil es einen wunderschönen Hintern zeigt und (sicher nicht nur) mir damit viel Freude macht.

#2 Fair - Disappearing World
Nachdem das Artwork ihres Erstlings für den Grammy Award nominiert wurde, kommen die Alternativrocker nun mit einem Coverbild, das sofort Aufmerksamkeit erregt. Wegen des weißen Mittelpunkts. Weil es lustig aussieht. Weil man diese Situation als Kind zu oft selbst erlebt hat und den Kopf einfach nicht durch das Kopfloch bekam. Weil man die Situation selbst als Erwachsener noch erlebt, es aber keinem erzählt. Weil der Albumtitel so herrlich ironisch zu jener Szene passt. Oder vielleicht auch, weil man auf das Sofa steht. Warum auch immer, ich nominiere es hiermit.

#3 NewWorldSon - NewWorldSon
Ein Booklet mit Fotos, die nur 50 Meter von meiner Wohnung entfernt gemacht wurden, muss hier einfach gewürdigt werden. Und, klar, der Blick aus Deutz auf Rhein, Dom, Groß St. Martin und Hohenzollernbrücke ist natürlich immer wieder unbezahlbar. Dass die Combo dann auch noch (vor allem live) gut hörbaren (und tanzbaren) Soul, Funk und Reggae macht, macht mich da irgendwie stolz.


Maria Gruber meint:

#1 Weezer - Hurley
Wie genial ist es bitte, Hurley aus "Lost" als Coverbild zu nehmen und nach ihm auch noch das gesamte Album zu benennen? Platz 1 für die Jungs von Weezer. Und ja, Geständnis: Ich bin riesiger "Lost"-Fan.

Foto: Copyright: Cooperative Music
© Cooperative Music

#2 My Heart Belongs to Cecilia Winter - Our Love Will Cut Everything Through
Eigentlich ist es ja nur ein Mann, der in einem eigenartigen Wollkostüm auf einer Blumenwiese sitzt. Aber irgendwie ist die gesamte Komposition dieses Artworks schlichtweg faszinierend und genauso kreativ wie der Bandname und der Albumtitel selbst.

#3 Two Door Cinema Club - Tourist History
Über die Anzahl und Bandbreite von Tieren, die Albumcover zieren, könnte man mittlerweile schon eine ganze Doktorarbeit schreiben. Two Door Cinema Club haben einfach mal ihre hübsche Hauskatze abfotografiert und so geschickt den Schriftzug drübergelegt, dass das Artwork richtig fesch aussieht.


Ameli H. meint:

Foto: Copyright: Mute Records
© Mute Records

#1 Yann Tiersen - Dust Lane
Mir gefällt die Komposition und der Farbverlauf in diesem Cover sehr gut. Es ist sehr einfach gehalten und trotzdem ausdrucksstark. Zudem ist dieses "Vintage"-Feeling ein echtes Plus.

#2 Cherry Ghost - Beneath This Burning Shoreline
Wieder ein Foto, diesmal eine Unterwasser-aufnahme. Die erzeugte Stimmung passt wunderbar zum Album.

#3 Gorillaz - Plastic Beach
DAS Artwork passt bei diesem Album perfekt zum Inhalt. Abgebildet ist die fremde Welt, in der wir uns musikalisch auch bewegen.


Aljana Pellny meint:

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#1 Maximilian Hecker - I Am Nothing but Emotion, No Human Being, No Son, Never Again Son
Ein trauriger Mann mit Bart. Schon ist mein Interesse geweckt und es gilt: je verwegener, desto erlegener. Ich vermag nicht zu sagen, ob die Hoffnung nun mühsam zurückerlangt oder gar endgültig geschwunden ist, aber ich vermag zu sagen, dass dieses Cover mich berührte. "Nothing but emotion" eben: quasi der vierzehnte Song, nur unvertont.

#2 Leif Vollebekk - Inland
Ein auf mehreren Ebenen Distanz zum Hörer schaffendes Cover, die durch die Songs auf dem Album aber wieder aufgehoben wird. Der Zaun erschwert das Durchdringen zu Herrn Vollebekk, selbst dessen Schatten scheint sich abzuwenden. Über den Zaun klettern lohnt sich.

#3 Robert Francis - Before Nightfall
Man möchte nicht zwingend daneben liegen, aber der Anblick beeindruckt durchaus. Die Hände gefaltet, die Augen geschlossen, halbnackt - ganz schön intim, wie sich Herr Francis auf dem Debütcover präsentiert. Die etwas abgewrackte Note gefällt.


Hässlichstes Artwork

Foto: Copyright: Souterrain Transmissions
© Souterrain Transmissions

The Pipettes – Earth vs. The Pipettes
Das Cover ist so trashig, dass es fast schon wieder witzig ist. Die Musik dahinter kann bei so einem Anblick aber auf keinen Fall mehr ernst genommen werden. | Stephanie Stummer

CocoRosie - Grey Oceans
Oh. Mein. Gott. Was ist DAS denn bitte? Zwei hübsche Frauen völlig entstellt durch kuriose Gesichtshaarteile und blaue, fusselnde Putztücher auf dem Kopf, dazu noch dieser schreckliche Font und fertig ist das mit Abstand abscheulichste Album-Cover des Jahres. | Paulina Banaszek

Yeasayer - Odd Blood
Welche bewusstseinsverändernden Substanzen waren wohl beim Ausbrüten dieses Artwork-Albtraums im Spiel? Da wollte bestimmt jemand die Hörerschaft ihres Augenlichts berauben, nur um in weiterer Folge ihren Hörsinn zu schärfen. Anders lässt sich das grässliche Design dieses Digipacks nicht erklären. | Willi S.

CocoRosie - Grey Oceans
Ein furchtbares Motiv. Eine furchtbare Schriftart. Ein furchtbares Styling. Wurde hier versucht das hässlichste Artwork aller Zeiten zu generieren? Oder ist das Kunst? | Christian Finck

Foto: Copyright: Polydor
© Polydor

Take That - Progress
Was soll das? Es ist einfach falsch. Ein Fehler. Mehr als das. Fatal. Ein Skandal. Böse und gemein. Eine Beleidigung. Wer kam denn auf den Mist? Warum um alles in der Welt sollten Howard und Jason eine Weiterentwicklung von Robbie sein?!? | Micha S.

Nouvelle Vague - Couleurs Sur Paris
Zwei Stöckelschuhe in Pseudo-Röntgenaufnahme. Kapiert keiner. Und gefallen tut's auch keinem. | Maria Gruber

M.I.A. - // / Y /
Der Albumtitel ist schon ungewöhnlich, da musste anscheinend noch ein unkonventionelles Cover her. Aber das ging ehrlich gesagt ziemlich daneben. Das Gesicht halb verdeckt von Youtube-Zeitanzeigen, darunter der Name in merkwürdigen Blöcken. Wirklich! Da hätte es Schöneres gegeben. | Ameli H.

Twin Shadow - Forget
Hässlich. Nur hässlich und sonst nichts. | Aljana Pellny

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