Das Konzertjahr 2009

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Denkwürdigster Konzertmoment

Stephanie Stummer meint:

  • #1 Portugal. The Man Nr. 1 (Poolbar, Feldkirch, 18.8.)
    Nachdem "New Orleans" komplett in Stücke "zerjammt" wurde, erhebt sich nach einem einzigen Sprung von Ryan Neighbors zu den Bongos ein übermächtiges "Bellies Are Full" aus den Trümmern – ein wahrlich erhabener Moment!
  • #2 Portugal. The Man Nr. 2 (Rockhouse, Salzburg, 18.11.)
    Aus der Lethargie erwacht: Portugal. The Man covern im glitzernden Discolicht David Bowie und MGMT – schräg!
  • #3 Mogwai (Linzfest, Linz, 30.5.)
    Die Momente unmittelbar vor dem Anfang eines Konzertes sind immer etwas Gänsehaut-Verdächtiges – in diesem Fall mit "Yes! I Am A Long Way From Home" und den Schotten, wie sie von Nebelschwaden umgeben die Bühne betreten, beinahe mystisch.


Paulina Banaszek meint:

Foto: Copyright: myFanbase/Paulina Banaszek
© myFanbase/Paulina Banaszek

  • #1 Patrick Watson (Métropolis, Montréal, 16.12.)
    Wären die äußeren Umstände dieses Gigs nicht so bescheiden gewesen, hätte sich dieses kanadische Genie vermutlich locker Platz 1 in der Kategorie "Bestes Konzert" gesichert. Denn eine derart originelle, schlicht atemberaubende Licht- und Bühnenshow sowie Experimentier- und Improvisationsfreude auf der Bühne erlebt man wahrlich nicht alle Tage. Der denkwürdigste Moment des Abends fand jedoch streng genommen abseits der Bühne statt. Denn für die Zugabe zog es den Mann mit den güldenen Stimmbändern in leicht alienartigem Megaphon-Kostüm mitten ins Publikum, wo er für die 4000 entzückten Ohren im Saal noch zwei Songs gänzlich ohne Verstärker zum Besten gab. Und ich dachte, an seine traumhafte Blogothèque-Session kommt nichts mehr ran…
  • #2 Amanda Palmer & The Danger Ensemble (Gaswerk, Winterthur, 8.2.)
    Schon die leicht überladene Studio-Version von "Have to Drive" gehört trotz allem Pathos zu den ergreifendsten Songs, die Amanda Palmer je geschrieben hat. Wenn sie den Song aber erst auf der Bühne performt (ohne ein halbes Orchester) und eine Art konzertbegleitende Theatertruppe das Publikum noch dazu mitten ins emotionale Geschehen hineinzieht, laufen einem nicht nur wohlige Schauer über den Rücken, sondern auch schnell schon mal Tränen der Rührung über die Wangen.
  • #3 Sufjan Stevens (Cabaret Juste Pour Rire, Montréal, 2.10.)
    Wenn nach einem Konzert das Licht angeht und wieder Musik eingespielt wird, ist das normalerweise ein Zeichen dafür, nach Hause zu gehen. Doch nicht so bei den Frankokanadiern. Denn die johlen und jubeln und klatschen und stampfen offenbar noch gut und gerne 15 Minuten, um ihren Helden des Abends nochmal für eine zweite Zugabe auf die Bühne zu locken. Als der gute Sufjan sich schließlich tatsächlich erbarmte, muss bei derart gellenden Freudenschreien definitiv das ein oder andere Trommelfell geplatzt sein. Sowas hat man echt noch nicht erlebt...


Willi S. meint:

  • #1 John Vanderslice (Szene, Wien, 14.10.)
    Als John Vanderslice sich nach einem ohnehin schon denkwürdigen Konzert kurzerhand dazu entschließt, die Zugabe von der Bühne ins Publikum zu verlegen, hat sich sein Ruf als "nettester Mensch im Musikgeschäft" endgültig bestätigt. Inmitten von ihn umkreisenden Fans spielte er drei Akustikstücke und sorgte damit für eine Atmosphäre, wie man sie sonst nur von so manch einer Blogothèque-Session kennt.
  • #2 Lapin Machin (Porgy & Bess, Wien, 19.11.)
    Die aus Paris stammende Truppe "Lapin Machin" schaffte es, die Herzen der Besucher des diesjährigen Blue Bird Festivals im Sturm zu erobern. Ausschlaggebend war dafür in erster Linie die schlichtweg umwerfende Darbietung der beiden Songs "Robot" und "Forest". So viel Energie und rohes Talent auf einmal bekommt man leider viel zu selten zu sehen.
  • #3 Sophia (mit Ensemble) (WUK, Wien, 29.9.)
    Das letzte Stück auf der Setlist von Sophia raubte dem Konzertpublikum in Wien ausnahmslos den Atem. Mit dem genial arrangierten "The River Song" haben sich Robin Proper-Sheppard und sein Ensemble selbst übertroffen und sich tief ins Gedächtnis aller Anwesenden eingebrannt.


Christian Finck meint:

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  • #1 U2 & Jay-Z (Brandenburger Tor, Berlin, 5.11.)
    U2 spielen anlässlich des Mauerfalljubiläums und der MTV EMAs ein kurzes Konzert vor dem Brandenburger Tor. Bei der Polithymne "Sunday Bloody Sunday" bekommt Bono Unterstützung von Rapper Jay-Z. Das Ergebnis ist eine packende Version des vielleicht besten Songs der Band, den man so nie wieder hören wird.
  • #2 U2 (Olympiastadion, Berlin, 18.7.)
    90.000 Leute singen "I Still Haven't Found What I'm Looking For" während nacheinander Bonos Gesang, The Edges Gitarre, Claytons Bass und Mullens Drums anhalten. Mehr Gänsehaut geht nicht, ein magischer Moment.
  • #3 Fleetwood Mac (O2 World, Berlin, 19.10.)
    Die vom Leben gezeichnete, aber immer noch hübsche Stevie Nicks, singt ihre traumhafte Ballade "Landslide" ergreifend und hinreißend zu gleich. Das geht unter die Haut!


Aljana Pellny meint:

  • #1 Dan Mangan (Spatz & Wal, Unna, 5.12.)
    Das Set war gespielt, Dan hatte zwei Schritte hinüber zur Theke getan, um einen Schluck Bier zu nehmen. Die gefühlt bierdeckelkleine Kneipe tobte, wie es sich in ihr eben so toben lässt, wenn niemand die andächtige Ruhe stören will, die immer dann einsetzt, wenn man nicht wahrhaben will, dass ein schönes Konzert sein Ende fand. In der Zugabe performte Dan "Robots". Plötzlich stieg er nach der Hälfte des Songs singend, spielend auf einen Stuhl und vom Stuhl auf den Tisch – mit der Mission, jedem einzelnen von uns den Stock aus dem Allerwertesten zu ziehen. Wir Deutschen legen allerdings anscheinend einen gewissen Wert auf unseren Ruf, unterkühlt und unlocker zu sein. Aber Dan gab nicht auf. Und so stand er da mit dem Fuß wippend auf jenem Tisch – an dem übrigens Leute saßen – und als sich irgendwann auch der Letzte im Raum ermutigt fühlte, den Refrain trotz allem noch recht verschämt in sich hineinzumurmeln, schloss der gute Dan seine Augen, ein Lächeln legte sich auf seine Lippen und alle wussten, dieser Moment war ein ganz besonderer.
  • #2 William Fitzsimmons (Jugendkirche effata, Münster, 3.12.)
    Es war das allerletzte Stück an diesem Abend. Von Liebe und Herzschmerz Gebeutelte waren voll auf ihre Kosten gekommen. Jeder, der William Fitzsimmons bis zu diesem Tage noch nicht liebte, tat es spätestens jetzt. Und weil William Fitzsimmons sein Innerstes nach außen kehrt, scheut er auch die Nähe nicht: für "Find My Way Home" zog er mitsamt seiner Band und Gitarre in den Gang und blieb auf mittlerer Höhe einfach stehen. Schnell hatte sich eine Traube um ihn gebildet. Aus der letzten Reihe konnten wir ihn nicht mehr sehen. In der gesamten Kirche war es mucksmäuschenstill. Niemand wagte es, sich zu rühren, ich sah Leute weinen. Nur Williams herzzerreißende Stimme erfüllte den Raum und mit ihm zahllose Herzen.
  • #3 William Fitzsimmons (Jugendkirche effata, Münster, 3.12.)
    William, ach, William - du weißt, was ich will. Er covert ganz gern und was er covert, dem gebührt in aller Regel diese Hommage ohne Frage auch. Mein - gerade in seiner Version - heiß geliebtes "King Of Wishful Thinking" hat er mir nicht gegönnt. Aber dafür hat er mir emotionale Höhenflüge beschert mit "Heartless", im Original von The Fray und noch gar nicht alt. Eine fallen gelassene Stecknadel hätte nicht weniger stören können als eine Kettensäge: Herr Fitzsimmons in all seiner tiefen Traurigkeit: Fragilität in seiner reinsten Form. Still war die Nacht; eine heilige.


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