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Clueso

Clueso & Band im Gloria, Köln

Spätestens, wirklich allerspätestens, nach dem 2005 von Fernsehkasper Stefan Raab ins Leben gerufenen Bundesvision Song Contest kennt ganz Deutschland den Thüringer Künstler Clueso alias Thomas Hübner, welcher im vergangenen Februar mit "Keinen Zentimeter" bereits zum zweiten Mal sein Bundesland Thüringen vertrat – und äußerst knapp an der Siegerschale vorbei griff, die am Ende des Tages mit nur einem Punkt Vorsprung Richtung Brandenburg und somit an Subway To Sally wanderte. Gewonnen hat Clueso an diesem Abend dennoch etwas: Nämlich eine Vielzahl neuer Freunde.

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Auf dieser Begebenheit gründete sich demzufolge auch meine nicht unberechtigte These: Nämlich, dass plötzlich nicht nur eingefleischte Fans, sondern mehr oder minder jedermann ein Stück von Cluesos Show-Kuchen abhaben wollte, denn seine Fähigkeiten auf der Bühne hatte der Thüringer Jung auf Herrn Raabs Einladung zweimalig eindrucksvoll unter Beweis gestellt. So begab es sich, dass Cluesos Konzert im Kölner Gloria-Theater sage und schreibe zweieinhalb Monate vor Termin bis auf den letzten Quadratmeter restlos ausverkauft war, was viele glücklose Fans traurig stimmte.

Erfreulicherweise durfte ich mich zu dem Kreise jener Auserwählten zählen, die am ersten Maifeiertag auf der Suche nach dem Gloria durch das Kölner Friesenviertel irrten - welches ich auch etwa gegen zwanzig Uhr in einer von Seitengassen umgebenen Seitengasse erblicken sollte. Für meine Verhältnisse und gemessen an den Erfahrungen, die ich mit dem Kölner Nah-, sowie Straßenverkehr gemacht habe, verlief meine Anreise erstaunlich reibungslos. Frohen Mutes und bester Laune nahm ich den kürzesten Weg ins Foyer, zu meinem Vorteil konnte ich auf diese Weise der endlos langen Menschenschlange auf der Straße entgehen.

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Im Foyer erwartete mich auch prompt ein umfangreiches Sammelsurium an Merchandise-Artikeln der Marke Clueso. Von den Tischen lachten T-Shirts, Poster, Schlüsselbänder, Buttons, Beutel und Flyer: Sie lachten mich an und wenn jemand so bezaubert lächelt wie sie es taten, dann werde ich schwach. Eingedeckt mit diesem und jenem begab ich mich einige Minuten später in den eigentlichen Theatersaal, der in stimmungsvollem Rot gehalten war und dem eine gewisse Eleganz nicht abgesprochen werden konnte. Unmittelbar vor der Bühne hatte sich bereits eine Menschentraube gebildet. Als ich mich kurzerhand dazu entschloss, mich ihr zunächst subtil von der rechten Seite aus anzuschließen, kam mir seitens eines jener besagten eingefleischten Clueso-Anhängern zu Ohren, dass die Tickets zur heutigen Show – welche für so manchen offenbar den Schlüssel zum Glück und zur sowohl auditiven, als auch visuellen Offenbarung darstellten – bei einem wohlbekannten Internetmarktplatz zum dreifachen Betrag des ursprünglich angesetzten Ticketpreises gehandelt wurden: Zwei Karten wechselten somit für 120€ ihren Besitzer und machten auf diese Weise mit einem Schlag mindestens drei Personen ganz schön glücklich.

Mit etwa zehnminütiger Verzögerung waren es Cluesos Bandmitglieder, die mit Betreten der Bühne der Diskussion um eine mögliche Vorband ein Ende setzten. Es sollte unverzüglich losgehen – was mir persönlich durchaus entgegen kam, da ich mir aufgrund dessen gute Chancen ausrechnete, in meinem angedachten Zeitplan zu bleiben und den im Vorfeld ins Auge gefassten Zug heimwärts noch erwischen zu können.

Nachdem jeder der Jungs von erwartungsvollem Applaus begleitet seinen angestammten Platz ein- und sein Instrument in die Hand genommen hatte, trat unter begeistertem Jubel letztendlich auch Clueso vor das wartende Publikum und setzte sich umgehend auf den Barhocker, der mitten auf der Bühne auf ihn wartete: Mit einem mir unbekannten Song eröffnete Clueso seine Show und mit dem ersten Ton kam die Stimmung. Der zweite Titel hingegen kam mir nicht nur bekannt vor; es war eine seiner Hymnen und sollte textlich für den weiteren Verlauf des Abends verantwortlich zeichnen: "Es geht mir gut, wenn mich gute Musik geflasht hat. Auch wenn Regen draußen plätschert, weiß ich: Gleich geht's mir besser." Und gute Musik, das war es, worauf sich das Publikum freuen durfte. Daher konnte sich Clueso seine folgende Aufforderung, bloß nicht wegzulaufen, sparen: "Bleib hier" ist seiner Heimatstadt Erfurt gewidmet, welcher er mit dem Lied eine Liebeserklärung macht. Ganz anders der dritte Song seiner Setlist, "Uh Girl", in dessen Verlauf er einem Mädel den Laufpass gibt, bei dem "die Chemie nicht stimmt". Die anwesenden weiblichen Gäste tanzten zum Song, wobei fraglich ist, ob die Stimmung nicht urplötzlich umgeschlagen wäre, wären sie Grund und Anlass für die Nummer gewesen. Festzuhalten ist aber, dass sicherlich viele es gern drauf angelegt hätten und immer noch würden: Schon im Vorfeld hörte ich die Frauen vom Thüringer schwärmen und ich konnte durchaus verstehen wieso.

Mit "Mitnehmen" und "Augen Zu" folgten daraufhin die ersten Songs des noch nicht erschienenen vierten Studio-Albums "So Sehr Dabei", die von den Fans mit reichlich Wohlwollen angenommen wurden. Für mich zu einem eher unerwarteten Zeitpunkt setzte bereits nun – und somit recht früh am Abend – die Melodie des BuViSoCo-Hits "Keinen Zentimeter" ein, welche alle Anwesenden in ihrer Absicht einte, Clueso nicht auch nur ein Wort des Songs alleine singen lassen zu müssen. An diesem Abend hatte Clueso in dem Kölner Publikum seinen Chor gefunden, der ihm stimmlich hingebungsvoll zur Seite stand und einzig bei den ihnen noch unbekannten Songs des neuen Albums gezwungenermaßen verstummte. Ab und zu drehte Clueso, der sich auf der Bühne so selbstverständlich bewegte wie es andere nicht einmal alleine in den eigenen vier Wänden tun, das Mikro in die Menge, denn bei alten Bekannten wie "Vergessen Ist So Leicht" saß sie textlich bombenfest im Sattel.

Einen unbestrittenen Höhepunkt der Show stellte Cluesos lässige Performance vom mindestens ebenso lässigen "Out Of Space" dar, das die Menschen träumen, gedanklich abdriften und abschalten ließ: Sie bewegten sich, tanzten durch den Raum – sofern die Gegebenheiten des knallvollen Hauses dieses zuließen –, mit geschlossenen Augen, die Arme in der Luft. Und die Zeilen "Ich bin weit weg, out of space" wurden zum Programm.

Clueso, der sich während der gesamten Show fortwährend bedankte und dem Publikum versicherte, dass es für ihn ein wunderbarer Abend sei, holte seine Fans jedoch schnell wieder ins Hier und Jetzt zurück, denn die Sonne schien an diesem Abend nicht nur überm Kölner Gloria und klang nicht nur in jedem seiner Songs: Einen von ihnen hatte er sogar in exakt diesem Sinne benannt. "Wir Woll'n Sommer", ein weiterer Track vom neuen Album, endete in einem kollektiven Stoßgebet gen Himmel bzw. Saaldecke – auf dass Petrus in diesem Moment gelauscht haben möge. Zwar ohne Max Herre, dafür mit konstant bleibender Leidenschaft, gab Clueso im Anschluss "Da Wohnt So'n Typ" zum Besten, ehe er mit seinem unter Fans legendären "Pizzaschalten" zu begeistern und animieren wusste: Spätestens jetzt wurde auch dem letzten Sommermuffel warm ums Herz, denn vorne auf der Bühne stand ein junger Mann mit enorm großer Bewegungs- und Spielfreude, und dessen Spaß an der Sache sich wie Fieber unwillkürlich auch auf die Fans übertrug. Erneut tanzend lauschten sie einem ganz und gar entspannten Clueso und dessen Frage "Und wieso und wieso und wieso,

fühl' ich mich trotzdem so gut?" und stimmten im Verbund gemeinschaftlich mit ein. Clueso wusste das zu würdigen: "Danke, das ist der Hammer. Was soll ich noch sagen außer 'Danke'? Da fällt mir nichts mehr ein.".

Es folgte der Song, der Namensgeber spielte für das anstehende Werk "So Sehr Dabei": Und alles andere, als zu sagen, dass er die Menschen begeistert, bewegt und berührt zurückließ, wäre schlichtweg unwahr. Allein dieser Song, aus dem sowohl Melancholie, als auch Herzblut spricht, kann als triftiger Grund gesehen werden, Ende Mai in den Plattenladen seines Vertrauens zu stürmen und zu hoffen, dass das Ding noch nicht vergriffen ist. Auf "Dort, Wo Du Wohnst" folgte "Chicago"; jenes Lied, das Clueso 2006 diverse Türen und Tore geöffnet haben dürfte: Über die Macht der Träume singend, ließ Clueso auch seine Fans träumen, die – erneut – ein stimmlicher Rückhalt waren und ihn nicht zweifeln ließen, dass er bei ihnen mit diesem Song ins Schwarze getroffen hatte.

Das Kölner Publikum dankte es ihm auf seine ganz eigene Weise: In Form einer Huldigung mit "Seven Nation Army"-Melodie; einer Manier, die man sonst eher aus Fußball-Fanblöcken im Stadion kennen dürfte, als dass man sie in einem Theatersaal erwarten würde. Mit "Geisterstadt" und "So Sein Wie Du" trug Clueso erneut Unbekanntes an die Fans heran, die ihn und seine Songs weiterhin feierten, als gäbe es möglicherweise kein Morgen mehr. Im Kontrast dazu spielte er "Stumme Königin", einen alten Feature-Track aus dem Jahre 2002, den sicherlich viele der Anwesenden an diesem Abend erst kennenlernten. Mit ihm schloss er sein Set. Er zeigte sich erkenntlich, indem er sich ausgiebig bedankte und unter beiderseitigem Applaus verließen Clueso und seine Mannen die Bühne.

Jedoch nicht für lange, denn noch ehe sie komplett hinter dem Vorhang verschwunden waren, ertönten die "Zugabe"-Sprechgesänge, denen dann auch zügig nachgegeben wurde. Und gleichzeitig auch einem großen Wunsch sicherlich aller Anwesenden, denn Clueso eröffnete den nun folgenden Zugabereigen mit "Fanpost", einer Collabo mit Tim Neuhaus vom 2004er Album "Gute Musik" – und jeder, wirklich jeder (vermutlich auch das Thekenpersonal), sang mit.

Wenn Clueso dachte, dass sich seine Fans nach dieser Darbietung mit nur einem Zugabe-Song abspeisen lassen würden, sollte sich sehr bald herausstellen, dass er schief gewickelt war. Seine Band und er wurden in Null Komma Nichts zum wiederholten Male auf die Bühne geklatscht und geschrien – und The White Stripes taten erneut ihr Übriges.

Nach "Jede Stadt", einem weiteren neuen Song, sowie "Mein Bestes" fuhr der Mann aus Thüringen zu später Stunde noch einmal schwere Atmosphäre-Geschütze auf: Während des "Text und Ton"-Klassikers "Sonne Geht Auf" priesen ihn seine Fans und er sie: Der ganze Saal tat es Clueso gleich, als dieser während des Refrains seinen rechten Arm immer wieder auf- und niedersinken ließ – und als Clueso anschließend abtrat, hätte er auch hier bereits ahnen müssen, dass die Leute nicht satt zu kriegen waren.

Als er zur nunmehr dritten Zugabe ansetzte, gönnte er seinen Bandkollegen Ruhe und schickte sie in den hoch verdienten Feierabend, indem er sie diesmal hinten ließ. Mit Akustikgitarre und dem bekannten Barhocker bewaffnet, kehrte er zum endgültig letzten Mal an diesem Abend auf die Bühne zurück. Bei einem Blick auf die Uhr wurde mir nun klar, dass ich meinen letzten Zug verpassen würde, sollte ich nicht augenblicklich an dieser Stelle abbrechen und gehen. Das allerdings kam überhaupt nicht infrage – was mich im Folgenden zu nächtlicher Stunde, bedingt durch zeitintensive Aufenthalte in Düsseldorf und Essen, zu mehr als sechs Stunden Heimweg zwingen sollte. Doch jede einzelne Minute, die es an den diversen Bahnhöfen, die ich in dieser Nacht noch bereisen sollte, abzusitzen galt, war es wert gewesen. Denn zum Schluss ließ der für den Abend dankbare Clueso mit "Ab Und Zu" eine Ruhe einkehren, die er seinen Fans wie eine angenehm warme Decke am späten Abend um die Schultern legte, und während er so auf seinem Hocker saß und sang "Ab und zu fehlen selbst mir die Worte", begann er plötzlich charmant zu kichern und sagte "Und jetzt weiß ich wirklich nicht mehr, was ich nun noch sagen soll."

Nach einer Spielzeit von mehr als zwei Stunden (ohne Support-Act wohlgemerkt!) lässt sich eines sicherlich zweifellos feststellen: Aus Cluesos Mund singt die Sonne, in seinen Bewegungen stecken Gefühl und Groove von Kopf bis Fuß, die Songs klingen nach Sommer, Strand und Erdbeereis. Und so langsam weiß auch ich nicht mehr, was es zu diesem Entertainer und seiner tollen Show noch zu sagen gäbe.

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Setlist

? / Gute Musik / Bleib Hier / Uh Girl / Mitnehmen / Augen Zu / ? / Keinen Zentimeter / Vergessen Ist So Leicht / Out Of Space / Wir Wollen Sommer / ? / Da Wohnt So'n Typ / Pizzaschachteln / So Sehr Dabei / Dort, Wo Du Wohnst / Chicago / Geisterstadt / So Sein Wie Du / Stumme Königin

1. Zugabe: Fanpost

2. Zugabe: Jede Stadt / Mein Bestes / Die Sonne Geht Auf

3. Zugabe: Ab Und Zu

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Aljana Pellny - myFanbase
07.05.2008

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