Bewertung

Review: #5.13 Echos der Vergangenheit

Nach den turbulenten Ereignissen rund um die geplatzte Hochzeit, Jamies Entführung und Dans Wiederauftauchen gibt es erstmal einen Zeitsprung von vier Wochen und viel Gesprächsbedarf. Während Haley und Nathan mit einer Paartherapie versuchen, an ihr früheres Glück anzuknüpfen, muss Brooke einen guten Eindruck beim Jugendamt machen und Dan findet in seinem Bewährungshelfer einen Zuhörer. Andy rät Lucas, wie er mit Lindsey umgehen soll, und Max hilft Peyton, ihren Weg zu finden.

I just wanna go back, you know? I wanna go back to a month ago when we were happy and life had meaning and purpose and direction.

Lucas hat sich also nach der gescheiterten Hochzeit komplett zurück gezogen und die vergangenen vier Wochen mit Karen, Andy und Lily verbracht - einerseits natürlich verständlich, weil es bestimmt nicht leicht zu verkraften ist, vor dem Altar stehen gelassen zu werden, andererseits auch wieder typisch Lucas, der ewig grübelt, bevor er handelt, und selbst dazu bringt ihn ja eigentlich erst Andy. Dass ausgerechnet er Lucas' Gesprächspartner ist, hat mir wirklich gut gefallen (auch wenn ich natürlich liebend gern auch Moira Kelly noch mal gesehen hätte), da er selbst in der gleichen Situation wie Lindsey war und Lucas sehr gut vermitteln kann, was wohl in ihr vorgeht. Dabei spielt er den Advocatus Diaboli, der Lucas' Gefühle für Lindsey immer hinterfragt und damit auch ein bisschen die Rolle des Zuschauers einnimmt, gleichzeitig ermutigt er ihn aber auch, um Lindsey zu kämpfen, wenn sie wirklich das ist, was er will.

Dass Lucas sich tatsächlich so sicher mit seiner Wahl ist, hat mich schon etwas überrascht. Er war zwar derjenige, der vor dem Altar "I do" gesagt hat, doch die ganzen Folgen davor, besonders #5.05 I Forgot To Remember To Forget, haben gezeigt, dass seine Gefühle für Peyton noch immer da sind. Im Prinzip wäre Lindseys Flucht vom Altar die Gelegenheit für ihn gewesen, sich einzugestehen, dass er Peyton noch liebt, doch die Tatsache, dass er das überhaupt nicht tut, und seine Rede an Lindsey am Ende der Folge machen doch den Anschein, als hätte er mit Peyton tatsächlich abgeschlossen. Andererseits streitet er etwas zu vehement ab, dass "The Comet" von ihm und Peyton handelt – wenn Haley das beim ersten Lesen des Romans bemerkt, kann es so falsch schließlich nicht sein!

Wie es um Lucas’ Gefühlswelt tatsächlich bestellt ist, bleibt also auch nach dieser Folge unsicher. Klar ist dagegen, dass er sich definitiv darauf konzentriert, Lindsey zurück zu gewinnen, und dank der Arbeit an seinem Roman werden die beiden vermutlich auch viel Zeit miteinander verbringen. Sehr schön war in diesem Zusammenhang natürlich auch der Satz, den er sich von Lindsey geklaut hat: "We’re talking late hours, long nights, heated arguments. It’ll probably feel like we’re married", allerdings mit einem leicht bitteren Beigeschmack angesichts der Tatsache, dass es sich nicht nur so anfühlen sollte, sondern sie tatsächlich verheiratet sein sollten.

I want to believe in it all again, music and art, fate and love.

Ebenso wie Lucas leidet auch Peyton wegen der geplatzten Hochzeit, schließlich musste sie mit ansehen, wie der Mann, den sie liebt, einer anderen Frau das Ja-Wort gibt. Trotzdem erfahren wir in dieser Folge nicht sehr viel Neues von Peyton, denn so wie sie sich nach der Hochzeit fühlt, geht es ihr eigentlich schon seit ihrer Rückkehr nach Tree Hill. Bei ihr geht es in dieser Folge weniger darum, das Vergangene aufzuarbeiten, sondern nach einer langen Zeit des unschlüssigen und vergeblichen Hoffens einen neuen Weg für sich zu finden. In diesem Zusammenhang kommt es nach #4.10 Nachricht von Keith zu einem Wiedersehen mit Mark Schwahn in seiner eigenen Serie, der als (nun ehemaliger) Plattenladenbesitzer Max Peyton wieder einmal hilft, ihr Leben nicht nur negativ zu sehen. Er macht ihr klar, dass ihre Zeit in Tree Hill alles andere als komplett verschwendet war: sie hat zwar Lucas nicht zurück gewonnen, aber dafür ein Plattenlabel eröffnet, dessen erste Künstlerin gleich den großen Durchbruch geschafft hat und deren Leben sie damit verändert und bereichert hat.

Außerdem kommt es durch den Rat von Max zu einer der schönsten Szenen der Folge: Peyton, die Musik hörend Auto fährt und scheinbar endlich wieder Freude am Leben findet, perfekt untermalt mit "Home" von den Foo Fighters (übrigens von deren Album "Echoes, Silence, Patience and Grace"). So sehr mich auch Hilarie Burtons verzweifelte Intensität in der ersten Hälfte dieser Staffel beeindruckt hat, so schön war es doch auch, ausnahmsweise mal keine leidende Peyton zu sehen. Sie scheint wirklich zu versuchen, mit Lucas abzuschließen, trotz der letzten, wehmütigen Erinnerung an ihre erste Begegnung auf der Straße, und mit ihrem aufblühenden Label hat sie nun (ähnlich wie vor einigen Jahren Brooke) zumindest eine Aufgabe, in die sie sich stürzen kann und die sie von Lucas ablenkt.

I could help them find what makes them special. And if you can’t see that, then you’re wrong!

Brooke dagegen ist ihre Arbeit nicht mehr genug und sie setzt sich sofort daran, ihren Traum von einem Kind und einer Familie, mit dem sie Peyton nach der Hochzeit überrascht hat, durch eine Adoption zu verwirklichen. Das Gespräch zwischen ihr und der Beamtin vom Jugendamt ist das einzige dieser Folge ohne Happy End und das ist von Anfang an abzusehen. Brookes etwas zu bemühtem integren Auftreten steht die extrem distanzierte Beamtin gegenüber, die ständig auf den wunden Punkten in Brookes Leben und ihrer Vergangenheit herumreitet und jedes Hervorbrechen der echten Brooke mit eisigen Blicken kommentiert.

Deshalb ist es wirklich erstaunlich, wie sehr sich Brooke dieser Frau in dem Gespräch doch öffnet, um sie von ihren ehrlichen Absichten zu überzeugen, und es ist nur zu verständlich, dass auch ihr Ton mit der Zeit merklich unfreundlicher wird, je weniger Zustimmung und Ermutigung sie von der Beamtin bekommt. Umso überraschender war es für mich, dass ausgerechnet Brookes wütend-enttäuschter Ausbruch am Ende des Gesprächs die Beamtin zu erreichen scheint, obwohl sie darin kein Argument bringt, dass sie nicht schon zuvor erwähnt hat.

Victoria hat es (vermutlich) nicht nur geschafft, Brookes Chancen auf ein Kind zunichte zu machen, sondern sie hat ihre Tochter auch in dieser Folge wieder zur Einzelkämpferin gemacht, die nicht wie alle anderen Figuren von ihrem Gesprächspartner unterstützt wird, sondern viel eher eine Gesprächsgegnerin hat. Umso schöner ist es, dass diese leicht bittere, weil verzweifelte Haltung, die Brooke verständlicherweise während des Gesprächs bekommt, durch die Begegnung und das Herumtoben mit Jamie wieder gebrochen wird und einen wirklich hoffen lässt, dass die Beamtin sich vielleicht doch noch anders entscheidet.

How would you like to make three grand for a little small talk?

Auch wenn Dans Gespräch mit seinem Bewährungshelfer im Gegensatz zu den andern sehr kurz ist, finde ich es doch erwähnenswert, weil Dan darin für mich glaubwürdig klar macht, dass er sich geändert hat und ohne Hintergedanken einen Zugang zu seinen Söhnen und vor allem seinem Enkel finden möchte. Gegenüber dem Beamten hat er keinen Grund, seine bisher üblichen Intrigen zu fahren, da er dem Bewährungshelfer, wie dieser sehr deutlich macht, völlig egal ist. Auch im Gespräch mit Jamie zeigt er sich von der Seite, die über die Jahre zwar immer wieder gerade so lange aufblitzte, dass man wieder ein bisschen Mitleid mit Dan empfinden konnte, die aber meistens ebenso schnell wieder verschwand – was (zumindest bis jetzt) nicht der Fall ist. Sicher kann man sich bei Dan Scott natürlich nie sein, aber ich bin diesmal wirklich geneigt, ihm eine Änderung abzunehmen.

Not sleeping in this bed might not be so bad if you want to try it with me.

Was diese Folge außergewöhnlich macht und ihr die nötige Wärme verleiht angesichts der doch recht verloren wirkenden anderen drei Hauptfiguren, ist die Storyline um Nathan und Haley, die endlich wieder zueinander finden. Schon die Paartherapie war einfach nur genial, nicht nur wegen der Inszenierung, wie Nathan und Haley sich im Laufe der Sitzung auch körperlich annähern, sondern vor allem inhaltlich. Soviel wie in dieser Folge haben wir vermutlich seit #3.13 Abschied nicht mehr von Nathans Innenleben erfahren: dass er nachts an der Schule vorbeigeht und seinen Basketball-Zeiten nachhängt, wie sehr es ihn schmerzt, Haleys Anerkennung und Liebe nicht mehr wert zu sein und natürlich das Liebesgeständnis, das jede Frau zum Schmelzen bringen würde:

Nathan: When I left the hospital, I went to see Haley, because I needed to know if she could forgive me. I wanted to see if I still had a chance to be great in her eyes. And when she did, when she forgave me, that was the moment that everything changed for me. That was the moment I fell in love with her, this girl who could see past all the mistakes I’ve made.

Zum großartigen Gelingen dieser Storyline trägt natürlich auch die sympathische Therapeutin bei, die genau das anspricht, was man sich als Zuschauer schon gedacht hat: wieso versucht Nathan es nicht noch mal mit Basketball? Wieso singt Haley nicht mehr? Wieso benehmen sich die zwei nicht einfach ihrem Alter entsprechend? Ihre Argumente dafür sind selbstverständlich nachvollziehbar, aber eben auch der Grund dafür, wieso sie sich in ihrer Ehe nicht mehr so wohl fühlen wie am Anfang, weshalb die Ratschläge der Therapeutin wirklich toll sind, allen voran natürlich: "Why not swim naked in the pool? You could try it together, it might be fun!"

Trotz aller Probleme wurde während der Therapie ein ums andere Mal wieder klar, wie tief die Liebe der beiden füreinander ist. Umso schöner war dann nach der Sitzung Nathans nachträgliche Erklärung, was er an Haley liebt, ihre Versöhnung und das unglaublich liebe- wie hoffnungsvolle Schlussbild der beiden, wie sie gemeinsam wieder ihren Leidenschaften nachgehen, Haley am Klavier und Nathan mit dem Basketball.

Fazit

Eine sehr leise, poetische Folge, die nur auf die Charaktere setzt, tiefe Einblicke in das Innenleben der Figuren gewährt und auf ganzer Linie gewinnt! Obwohl nichts Dramatisches passiert, ist sie durch die intimen Gesprächsszenen unglaublich intensiv und schafft es darüber hinaus, die einzelnen Handlungsstränge nur durch gleiche oder ähnliche Sätze in den Gesprächen zu verknüpfen. So wirken die Figuren trotz der getrennten Gespräche vereint, was letztendlich auch durch das gemeinsame Voice Over perfekt abgerundet wird.

Lena Stadelmann - myFanbase

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