9-1-1: Lone Star - Review Staffel 1

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Im Seriengeschäft ist es nicht unüblich, dass von einer Serie ausgehend ganze Universen entstehen. Das hat OneChicago mit "Chicago Fire" und Co, das hat das Arrowverse mit allen Superhelden oder auch "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" mit "Seattle Firefighters - Die jungen Helden" vorgemacht. Die einzelnen Serien unterscheiden sich aber thematisch oft sehr deutlich voneinander, sei es von dem Berufsfeld, sei es von der atmosphärischen Ausrichtung oder sei es von den inhaltlichen Schwerpunkten her. Bei "9-1-1 Notruf L.A." und seinem Spin-Off "9-1-1: Lone Star" war aber schnell klar, dass es vom Prinzip her dieselben Serien sind, nur dass die eine in L.A. und die andere in Austin, Texas spielt. Hat der Serienneuling mit seiner ersten Staffel dennoch eine Daseinsberechtigung?

Von den Berufsgruppen her wird hüben wie drüben dasselbe präsentiert: wir haben es mit Feuerwehrleuten, Rettungskräften und Polizisten zu tun. Vom Zusammenhalt und der charakterlichen Zusammenstellung her sind die Parallelen ebenfalls extrem. Es gibt die Spaßvögel, es gibt die mit den tragischen Geschichten, es gibt die Knallharten, aber wenn es darauf ankommt, halten sie alle zusammen. Schaut man aber genauer hin, so sind doch unterschiedliche Nuancen festzustellen.

Während wir in der Mutterserie in eine bestehende Gemeinschaft hineingeworfen wurden, in der nur Buck (Oliver Stark) neu war, hat es "9-1-1: Lone Star" sehr geschickt angestellt, indem die Feuerwache in Austin vom Grunde neu aufgebaut werden muss. Judd Ryder (Jim Parrack) und seine ehemaligen Kameraden sind Teil eines schlimmen Einsatzes gewesen, der allen außer ihm selbst das Leben gekostet hat. Der New Yorker Feuerwehrmann Owen Strand (Rob Lowe) nimmt die Herausforderung an, im Süden der USA ein neues Team aufzubauen, nachdem sein Sohn TK (Ronen Rubinstein) eine Überdosis hatte und er ihn aus seinem gewohnten Umfeld reißen will, um ihm einen Neustart zu ermöglichen. Somit finden alle Figuren neu zusammen und man ist von Anfang an Teil davon, wie hier verschiedene Beziehungen entstehen. Das ist definitiv ein großer Vorteil, da so die Verbindung zum Cast schneller gelingt. Zudem ist es auffällig, dass hier noch einmal mehr auf Diversität gesetzt worden ist. Neben den homosexuellen TK und Polizist Carlos Reyes (Rafael Silva), haben wir mit Marjan Marwani (Natacha Karam) eine Muslima und mit Paul Strickland (Brian Michael Smith) einen Transgender, was viele Geschichten ermöglicht, die andere Serien dieser Machart nicht aufweisen können.

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Ein weiterer Pluspunkt ist, dass die Art und Weise vom ländlichen Austin in jeder Pore zu spüren ist. Während "9-1-1" mondän, hip und mit spektakulären Einsätzen aufwartet, die nur so in L.A. möglich sind, kommt "9-1-1: Lone Star" bodenständiger, familiärer und verrückter daher. Die Fälle sind oft perfekt auf die Gegebenheiten zugeschnitten, sei es mit Unfällen mit Landschaftsgeräten, sei es mit Tieren von den Bauernhöfen oder mit anderen Begebenheiten der hiesigen Landschaft. Auch der ganze Menschenschlag ist hierauf ausgerichtet und man kann ihn durch Owen und TK, die totale Stadtmenschen sind, ergründen. Bei den Einsätzen darf aber natürlich auch die typische Absurdität nicht fehlen, für die Serien von Ryan Murphy von Natur aus stehen. In Erinnerung bleibt hier vor allem, wie ein Feuer in einem Stall dafür sorgt, dass Kanister mit Samen der Zuchttiere durch die Gegend sausen.

Neben diesen absurden, lustigen Momenten ist "9-1-1: Lone Star" aber in erster Linie eine Dramaserie und diesem Genre wird man ebenfalls eindrucksvoll gerecht. Das liegt natürlich in erster Linie am Cast. Mit Lowe hat man wirklich ein Aushängeschild gefunden, das so eine Serie problemlos alleine tragen könnte. Bei ihm gefällt es mir auch sehr gut, dass seine eitle Persönlichkeit auch auf seine Figur Owen übertragen wird und damit wird oft genug gespielt wird. Über sich selbst lachen zu können, ist eben auch eine Kunst. Durch die Krebserkrankung hat man hier aber einen Ausgleich, der viel schauspielerisch verlangt und das kann Lowe sehr gut darstellen. Das zweite Aushängeschild ist natürlich Filmschauspielerin Liv Tyler als Rettungssanitäterin Michelle Blake. Durch ihre Rolle der Arwen in Herr der Ringe hat sie natürlich Kultstatus, aber ehrlich gesagt habe ich sie abseits dieser Trilogie nie wirklich auf den Bildschirmen gesehen, weswegen ich doch überrascht war, wie sehr sie Arwen tatsächlich war, denn dieses elfenhafte, bedächtige und fast schon einschläfernde verkörpert sie auch hier. Gerade in den ersten Episoden habe ich ihre Darstellung als leiernd und monoton empfunden. Entweder ich habe mich irgendwann daran gewöhnt, oder aber sie hat es auf lange Sicht geschafft, doch noch ein eigenes Schauspiel hierfür zu finden, was dann deutlich besser ankommt.

Beim restlichen Cast wird es nun etwas schwieriger, hier ist zwar sehr gut gecastet worden, aber Staffel 1 lässt für meinen Geschmack noch zu wenig Raum für diese Figuren. Der Fokus der Handlung liegt schon eindeutig bei Owen und Michelle. TK hat durch seine Vater-Sohn-Beziehung zu Owen natürlich noch einen großen Anteil, aber erst zum Staffelende hin bekommt er eine wirklich schöne eigenständige Handlung, die ihn zum Fanliebling machen dürfte. Auch Judd bekommt gelegentlich mehr Raum, zumal mit Grace (Sierra McClain) auch seine Ehefrau zum Hauptcast gehört. Die Operatorin in der Notrufzentrale ist aber ein gutes Beispiel dafür, was noch besser werden muss. Privat ist sie oft genug mit Judd zu sehen und auch ihre Beziehung wird ergründet, aber abseits davon ist sie völlig isoliert. Sie darf sich in ihrem Beruf immer mal wieder auszeichnen, aber das sorgt nicht dafür, dass sie mit den anderen zusammenarbeiten darf. Das bekommt "9-1-1" mit Maddie (Jennifer Love Hewitt) und zuvor Abby (Connie Britton) deutlich besser hin. Auch die anderen Figuren müssen in Staffel 2 die Geschichten bekommen, die sie verdienen. Denn das, was aufgeblitzt ist, verspricht viel.

Dramaturgisch ist man vorne dabei. Natürlich in erster Linie durch die angesprochene Krebserkrankung Owens, aber auch durch Michelles verzweifelte Suche nach ihrer Schwester. Auch in den Einsätzen kann ganz oft eine ganz besondere Stimmung erzeugt werden, die gnadenlos mitreißt. All das wird unterlegt durch eine hervorragende Songauswahl, die ein wenig manipulativ die Emotionen unterstützt, die nötig sind. Aber das ist in Ordnung, denn das Zusammenspiel aus Schauspiel, Handlung und Musik stimmt hier einfach. Das sind auch genau die Zutaten, die "9-1-1" so besonders machen, aber dennoch dürfte ich dargelegt haben, warum sich "9-1-1: Lone Star" definitiv als eigenständige Serie behaupten kann.

Fazit

"9-1-1: Lone Star" ist von den Grundzutaten her kaum von seiner Mutterserie
"9-1-1" zu unterscheiden. Aber was dort hervorragend funktioniert, warum sollte man es nicht auch hier anwenden? Wenn man dann aber auf die Details blickt, sind Unterschiede festzustellen, bei den Charakteren und bei der Atmosphäre. Das Wichtigste ist aber, dass qualitativ das Gleiche aufgeboten wird und da dem so ist, darf Staffel 2 gerne kommen.

Lena Donth - myFanbase

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